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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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buchstäblich, wie sie dachte, dass alles zu einem unglücklichen Ende führte, egal, was sie unternahm. Es war der Blick von jemandem, der glaubt, dass die Sache einfach außer Reichweite ist.
    Francis drehte sich um und starrte ebenfalls auf Cleos Leiche. Ein letztes Mal ließ er den Blick über den Fundort schweifen, während das Sicherheitspersonal sich anschickte, Cleos Leiche herunterzuholen.
    Mord oder Selbstmord, dachte er. Für Lucy war das eine wahrscheinlich, für den Chefarzt das andere offensichtlich. Jeder von ihnen hatte sein eigenes Interesse an der einen oder der anderen Erklärung.
    Francis dagegen spürte tief in seinem Herzen eine leere Kälte, weil er etwas anderes sah.
    Mord oder Selbstmord?
, dachte er. Er trat vom Treppenhauseingang zurück und warf einen raschen Blick in den Schlafsaal der Frauen. Er wusste, dass sich Cleos Bett direkt hinter der Tür befand. Er stellte fest, dass beide Laken unversehrt waren und dass es kein Blut oder sonst irgendein Anzeichen für die Einwirkung eines Messers gab, falls angenommen wurde, dass sie sich hier den Daumen abgeschnitten hatte. Er hörte, wie die Echos in seinem Innern widersprüchliche Szenarien entwarfen, doch er schottete sich gegen sie alle ab, fast so, als könnte er über ihren Beschwerden den Deckel zumachen. »Mord oder Selbstmord? Wie wär’s mit beidem?«, flüsterte er leise, bevor er sich umdrehte und Peter folgte.

28
    C leos Leiche wurde vom Sicherheitsdienst aus dem Amherst-Gebäude gebracht, während Big Black und sein Bruder die verstörten Patienten zum Frühstück in den Speisesaal trieben. Das Letzte, was Francis von der einstigen Kaiserin von Ägypten sah, war ein unförmiger Körper in einem glänzenden schwarzen, gummierten Leichensack, der gerade durch den Haupteingang verschwand, als er angewiesen wurde, sich an der Theke in die Schlange einzureihen. Wenig später starrte Francis mit gemischten Gefühlen auf seinen Teller mit armem Ritter und klebrigem, geschmacklosem Sirup, während er sich darüber klar zu werden versuchte, was in den Stunden geschehen war, in denen die meisten von ihnen geschlafen hatten. Bald gesellte sich Peter zu ihm, der eine abgründig schlechte Laune verbreitete und anfing, sein Essen auf dem Teller hin und her zu schieben. Newsman schlenderte vorbei, schnappte einen einzigen Blick von Peter auf und wollte etwas sagen, doch Peter kam ihm zuvor: »Ich weiß, wie die heutige Schlagzeile lautet:
Patientin in Anstalt doch totzukriegen. Wen kümmert’s

    Newsman sah aus, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen, und eilte an einen leeren Tisch. Francis war davon überzeugt, dass Peter irrte, da es eine Reihe von Leuten gab, die Cleos Tod aufgewühlt hatte, und er blickte in die Runde, um Fireman darauf aufmerksam zu machen, stattdessen sah er aber als Erstes den bulligen Retardierten, der Mühe damit hatte, seinen armen Ritter in mundgerechte Happen zu schneiden. Als Nächstes wanderte sein Blick zu einem der anderen Tische hinüber, an dem drei Frauen saßen, denen ihr Essen so egal war wie ihr Gegenüber und die Selbstgespräche führten.
    Ein anderer retardierter Mann funkelte Francis an, als brächte ihn etwas an Francis’ Haltung in Rage, und so sah Francis weg und wandte sich wieder Peter zu.
    »Peter?«, fragte er langsam. »Was denkst du, wie Cleo gestorben ist?«
    Fireman schüttelte den Kopf. »Da ist so ziemlich alles schief gelaufen, was nur schief laufen konnte«, sagte er. »Sie hatte diese dunkle Seite in sich, weißt du, wo all die Dinge, die sich zusammenfügen sollen, um uns irgendwie bei Vernunft zu halten, bei ihr ständig Reibung erzeugten und am Ende einen Kurzschluss ausgelöst haben, und keiner hat es kommen sehen oder etwas dagegen unternommen. Und dann macht es puff, weg ist sie! Wie ein Zaubertrick auf der Bühne. Evans hätte etwas ahnen müssen. Vielleicht auch Big Black oder sein Bruder oder auch Schwester Wrong oder Schwester Riches oder sogar ich, jedenfalls hätte irgendjemand irgendetwas kommen sehen müssen. Genauso wie bei Lanky, bevor Short Blond ermordet wurde. Da hat sich alles Mögliche in seinem Kopf abgespielt. Da muss es gehämmert haben, und Bulldozer müssen riesige Erdmassen bewegt haben wie bei einer Baustelle am Highway, nur dass es niemand gemerkt hat. Und wenn man es dann endlich merkt, ist es zu spät.«
    »Du meinst, sie hat sich selbst das Leben genommen?«
    »Natürlich«, sagte Peter.
    »Aber Lucy hat doch gesagt …«
    »Lucy irrt.

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