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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Gulp-a-pill hat Recht. Keine Anzeichen für einen Kampf. Und der abgetrennte Daumen – na ja, das war wohl schlechterdings eine bizarre Wahnvorstellung. Vermutlich hat es in ihrem wirren Kopf irgendeinen Sinn ergeben, sich in den letzten Augenblicken ihres Lebens den eigenen Daumen abzuschneiden. Wir wissen letztlich nicht, wie diese Logik aussah, und wir werden es nie erfahren.«
    Francis schluckte schwer und fragte: »Hast du dir diesen Daumen wirklich genau angesehen, Peter?«
    Fireman schüttelte den Kopf. »Ich mochte Cleo«, sagte er. »Sie war eine Persönlichkeit. Sie hatte Charakter. Sie war kein unbeschriebenes Blatt wie so viele hier. Ich wünschte, ich hätte mich nur eine Sekunde lang in Cleo hineinversetzen können, um zu sehen, wie für sie alles zusammenpasste. Es muss irgendeine einzigartige, verdrehte Cleo-Logik gegeben haben. Etwas, das mit Shakespeare und Ägypten und alldem zu tun hatte. Sie war ihr eigenes Theater, oder? Gehörte wahrscheinlich irgendwo auf die Bühne. Oder hat eben ihre ganze Umgebung in eine Bühne verwandelt. Vielleicht wäre das das beste Epitaph für sie.«
    Francis sah, dass in Peter ein gewaltiger Sturm heraufzog und dass die Gedanken wie ein aufgewühltes Meer in seinem Kopf tosten. Von Peter, dem Brandstiftungsermittler, keine Spur, wie Francis unwillkürlich denken musste. Francis stellte fast im Flüsterton weiter Fragen. »Sie war nicht der Typ, der Selbstmord begeht, schon gar nicht jemand, der sich zuerst verstümmelt.«
    »Das stimmt allerdings«, erwiderte Peter mit einem tiefen Seufzer. »Aber wahrscheinlich ist niemand der Typ, der sich umbringt, bis er es tut, und dann nickt auf einmal jeder und sagt: ›Ja, natürlich …‹, weil es so verdammt offensichtlich ist.«
    Er schüttelte den Kopf. »C-Bird«, sagte er, »ich muss hier raus.« Er holte wieder tief Luft und korrigierte seine Bemerkung: »
Wir
müssen hier raus.«
    Dabei sah Peter auf und entdeckte etwas in Francis’ Gesicht, das ihn innehalten ließ, so dass er für eine ganze Weile nur in das Gesicht des jüngeren Mannes sah. Nach langem Schweigen sagte er: »Was ist?«
    »Er war da«, flüsterte Francis.
    Peter runzelte die Stirn und beugte sich vor. »Wer?«
    »Der Engel.«
    Peter schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht …«
    Francis flüsterte. »Doch.Vorgestern Nacht stand er an meinem Bett und hat mir gesagt, wie leicht es für ihn wäre, mich zu töten, und diese Nacht war er bei Cleo. Er ist überall, nur dass wir ihn nicht sehen können. Er steckt hinter allem, was hier im Amherst passiert ist, und er wird hinter allem stecken, was als Nächstes passiert. Hat Cleo sich umgebracht? Sicher. Wenigstens nehme ich es an. Aber wer hat ihr dafür die richtigen Türen aufgeschlossen?«
    »Die Türen aufgeschlossen …«
    »Jemand hat die Tür zum Frauenschlafsaal geöffnet. Jemand hat dafür gesorgt, das die Tür zum Treppenhaus nicht abgeschlossen war. Und jemand hat ihr dabei geholfen, unbemerkt an der Pflegestation vorbeizukommen …«
    »Also«, sagte Peter, »das ist ein gutes Argument. Mehrere gute Argumente, genau genommen …«
    Er schien sich die Sache durch den Kopf gehen zu lassen, dann sagte er: »Du hast Recht, C-Bird, mit einer Sache jedenfalls. Jemand hat ihr die Türen aufgemacht. Aber wie kannst du dir so sicher sein, dass es der Engel war?«
    »Ich sehe es«, antwortete Francis ruhig.
    Peter wirkte eigentlich ein wenig perplex und alles andere als überzeugt.
    »Okay«, sagte er. »Was siehst du?«
    »Wie es passiert ist. Mehr oder weniger.«
    »Sprich weiter, C-Bird«, sagte Peter und senkte dabei die Stimme ein wenig.
    »Das Laken. Ich meine dasjenige, das sie zu einer Schlinge gedreht hat …«
    »Ja?«
    »Cleos Bett war gemacht, die Laken waren noch drauf.«
    Peter sagte nichts.
    »Der Daumen …«
    Fireman nickte ermunternd.
    »Der Daumen ist nicht einfach runtergefallen. Er hat ein Stück weiter weg gelegen, wo ihn jemand hingetan haben muss. Und falls Cleo ihn sich selber abgeschnitten hätte, na ja, dann hätten wir dort an Ort und Stelle etwas finden müssen – eine Schere oder ein Messer oder so. Haben wir aber nicht. Oder aber eine Blutspur, die bis ins Treppenhaus führte. Aber die gab es auch nicht. Nur diese eine Lache unter ihrer Leiche.«
    Francis holte noch einmal tief Luft und flüsterte dann wieder: »Ich sehe es vor mir.«
    Peter war ein wenig überrascht, und er wollte gerade eine Frage stellen, als Little Black zu ihrem Tisch herüberkam. Er wies mit

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