Die Anstalt
limonengrünen OP -Hose herauslugten. Die Ärmel des Sweatshirts waren direkt unter der Schulter abgeschnitten. Er war wesentlich älter als Francis und trug das strähnige, graumelierte Haar in einem verfilzten Busch, der ihm bis zu den Schultern fiel. Plötzlich weiteten sich seine Augen wie in einer Mischung aus Angst und Wut. Jetzt hob der Mann eine aschgraue Hand und zeigte mit dem Finger auf Francis.
»Aufhören!«, brüllte er. »Sofort aufhören!«
Francis zuckte ein wenig zurück. »Womit aufhören?«
»Hör einfach auf! Ich seh’s doch! Du kannst mich nicht für dumm verkaufen! Ich hab’s in dem Moment gewusst, als du reingekommen bist! Hör auf damit!«
»Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich mache«, antwortete Francis unterwürfig.
Inzwischen fuchtelte der Lange mit beiden Armen in der Luft herum, als müsse er Spinnweben aus dem Weg räumen. Mit jedem Schritt, den er näher kam, wurde seine Stimme lauter. »Aufhören! Aufhören! Ich durchschaue dich! Ich lass das nicht mit mir machen!«
Francis sah sich nach einem Versteck oder Fluchtweg um, doch er saß zwischen dem auf ihn zu wankenden Mann und der Rückwand des Schlafsaals in der Falle. Die wenigen anderen Männer im Raum schliefen entweder noch oder kümmerten sich nicht um das, was passierte.
Mit jedem Schritt schien der Mann an schierer Körpergröße zu wachsen und wütender zu werden. »Ich merk das! Ich hab’s sofort gemerkt! In dem Moment, als du reingekommen bist! Hör sofort auf damit!«
Francis war vor Verwirrung wie erstarrt. In seinem Innern schrien seine Stimmen in einem Wortschwall widersprüchlicher Ratschläge:
Lauf! Lauf! Der will uns was antun! Du musst dich verstecken!
Sein Kopf fuhr herum, und er überlegte verzweifelt, wie er dem Angriff des Mannes entgehen konnte. Er versuchte, seine Muskeln in den Griff zu bekommen und vom Bett aufzustehen, doch stattdessen sackte er immer mehr in sich zusammen.
»Wenn du nicht aufhörst, muss ich nachhelfen!«, brüllte der Mann. Er ging offenbar in Angriffsstellung.
Francis hob die Arme, um die Attacke abzuwehren.
Der Lange gurgelte irgendeinen Schlachtruf, während er seine eingesunkene Brust aufblähte und mit den Armen über dem Kopf herumwedelte. Er schien sich gerade mit einem Sprung auf Francis stürzen zu wollen, als eine andere Stimme scharf durch den Raum drang.
»Lanky! Jetzt hör aber auf!«
Der Lange zögerte und drehte sich zu der Stimme um.
»Hör sofort damit auf!«
Francis kauerte sich immer noch an die Wand hinter sich, und er konnte nicht sehen, wer geredet hatte, bis der Lange sich umwandte.
»Was soll das?«
»Aber er ist es«, sagte der Mann zu demjenigen, der in den Schlafsaal gekommen war. In dem Moment schien er geschrumpft zu sein.
»Nein, ist er nicht!«, kam die Antwort.
Und dann sah Francis, dass der Mann, der rasch auf sie zukam, derselbe war, dem er in den ersten Minuten in der Klinik begegnet war.
»Lass ihn in Ruhe!«
»Aber er ist es doch! Ich hab’s sofort gewusst, als ich ihn sah!«
»Das hast du zu mir auch gesagt, als ich mich zum ersten Mal hab blicken lassen. Das sagst du zu jedem Neuen, der in die Klinik kommt.«
Das verunsicherte den Langen.
»Wirklich?«, fragte er.
»Ja.«
»Ich glaub trotzdem, dass er es ist«, sagte der Lange, doch seltsamerweise war der Zorn in seiner Stimme verpufft und Fragen beziehungsweise Zweifeln gewichen. »Ich bin mir ziemlich sicher«, fügte er hinzu. »Er könnte es auf jeden Fall sein, so viel steht mal fest.« Trotz der vollmundigen Behauptung war sein Ton höchst unsicher.
»Aber wieso?«, fragte der Mann. »Wieso bist du dir so sicher?«
»Es war nur, als er reinkam, da war es so offensichtlich, ich hab ihn beobachtet, und dann …« Der Lange brach mitten im Satz ab. »Vielleicht liege ich ja falsch.«
»Ich glaube, du liegst wirklich falsch.«
»Meinst du wirklich?«
»Ja.«
Der andere kam näher. Er grinste und ging an dem Langen vorbei.
»Na, C-Bird, offenbar hast du dich schon eingelebt.«
Francis nickte.
Der Mann wandte sich an den Langen. »Lanky, das ist C-Bird. Hab ihn vor ein paar Tagen im Verwaltungsgebäude getroffen. Wenn er derjenige ist, für den du ihn hältst, dann bin ich es auch, wie du neulich dachtest, als du mich das erste Mal zu Gesicht bekommen hast. Kannst dich drauf verlassen.«
»Wie kannst du dir da so sicher sein?«, wollte der Lange wissen.
»Na ja, ich hab ihn reinkommen sehen, und ich hab einen Blick auf sein Krankenblatt geworfen, und so
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