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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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jemand so gerecht werden kann wie er. Und du hast die Moses-Brüder kennen gelernt, nur dass alle sie Big Black und Little Black nennen, was nun auch wieder recht passend scheint. Und Gulp-a-pill, was viel leichter auszusprechen und außerdem seinem Verständnis von Behandlung entschieden angemessener ist als sein richtiger Name. Und wem bist du noch über den Weg gelaufen?«
    »Den Schwestern hinter dem Gitter, Miss …«
    »Ach so, Miss Wrong und Miss Watchful?«
    »Wright und Winchell.«
    »Richtig. Und es gibt noch andere Schwestern, zum Beispiel Schwester Mitchell alias Schwester Bitch-All und Schwester Smith, alias Schwester Bones, weil sie ein bisschen wie unser Lanky da aussieht, und unsere Short Blond, ziemlich hübsch. Dann wäre da noch dieser Psychologe namens Evans – Mr. Evil –, den du noch früh genug kennen lernst, weil er nämlich mehr oder weniger dieses Haus leitet. Und Gulp-a-pills widerwärtige Sekretärin namens Miss Lewis, die jemand in Miss Luscious umbenannt hat, was sie offenbar hasst, ohne dass sie was dagegen tun kann, weil ihr der Name so auf den Leib geschnitten ist wie die engen Pullover, die sie gerne trägt. Die kann einem offenbar ganz schön auf den Zeiger gehen. Ist vielleicht alles ziemlich verwirrend im Moment, aber in ein paar Tagen kriegst du das schon auf die Reihe.«
    Francis sah sich hastig im Schlafsaal um und flüsterte: »Sind die Leute hier drinnen alle verrückt?«
    Fireman schüttelte den Kopf. »Es ist eine Anstalt für Geisteskranke, C-Bird, aber deshalb ist nicht gleich jeder plemplem. Ein paar sind einfach nur alt und senil und wirken ein wenig wunderlich. Ein paar sind zurückgeblieben, also ein bisschen begriffsstutzig, aber weshalb sie hier gelandet sind, ist mir schleierhaft. Ein paar Typen scheinen einfach nur depressiv zu sein. Andere hören Stimmen. Hörst du Stimmen, C-Bird?«
    Francis wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Tief in seinem Innern schien die Frage eine Diskussion losgetreten zu haben; er hörte, wie plötzlich ein Wortwechsel im Gange war wie elektrischer Strom zwischen zwei Polen.
    »Ich möchte lieber nicht darüber reden«, erwiderte Francis ausweichend.
    Fireman nickte. »Gibt Dinge, die man am besten für sich behält.«
    Er legte Francis einen Moment lang den Arm um die Schultern und manövrierte ihn zur Tür.
    »Komm mit«, sagte er. »Ich zeig dir unser so genanntes Zuhause.«
    »Hörst du Stimmen, Peter?«, fragte Francis.
    Fireman schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Wirklich nicht?«
    »Nein. Wär eigentlich ganz schön, wenn ich es täte«, antwortete er. Er lächelte, während er sprach, nur ein Anflug um die Mundwinkel und auf eine Weise, die Francis recht bald als typisch für ihn erkannte und die viel über ihn sagte, gehörte er doch offenbar zu der Sorte Mensch, die das Traurige wie das Komische in Dingen sehen konnten, die für andere einfach nur Momente waren.
    »Bist du verrückt?«, fragte Francis.
    Wieder lächelte Fireman, diesmal lachte er sogar ein wenig. »Bist du verrückt, C-Bird?«
    Francis holte tief Luft. »Kann sein«, sagte er. »Ich weiß es nicht.«
    Fireman schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, C-Bird. Schon, als ich dich das erste Mal sah, hab ich es nicht geglaubt. Jedenfalls nicht allzu verrückt. Vielleicht ein bisschen verrückt, aber was macht das schon?«
    Francis nickte. Das beruhigte ihn. »Aber was ist mit dir?«, hakte er nach.
    Fireman zögerte, bevor er antwortete.
    »Ich bin was viel Schlimmeres«, sagte er langsam. »Deshalb bin ich hier. Sie sollen rauskriegen, was mit mir nicht stimmt.«
    »Was kann denn schlimmer sein, als verrückt zu sein?«, wollte Francis wissen.
    Fireman hüstelte. »Na ja«, sagte er. »Kannst es ruhig erfahren. Würdest es sowieso früher oder später rauskriegen. Ich bringe Leute um.«
    Und mit diesen Worten führte er Francis in den Klinikflur hinaus.

4
    Und das war’s dann wohl.
    Big Black hatte mir geraten, keine Freundschaften zu schließen, vorsichtig zu sein, für mich zu bleiben und die Regeln zu beachten, und ich hab wirklich mein Bestes getan, alles zu befolgen, wozu er mir geraten hat, außer dieser ersten Mahnung. Und wenn ich jetzt zurückblicke, frage ich mich, ob er damit nicht auch Recht gehabt hatte. Doch Wahnsinn hat in Wahrheit auch mit den schlimmsten Formen von Einsamkeit zu tun, und ich war sowohl wahnsinnig als auch allein, und so kam mir, als Peter the Fireman mich beiseite nahm, seine Freundschaft auf dem allmählichen Abstieg in

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