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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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durch die Tür gekommen ist, oder ist sie von irgendwo oben heruntergefallen?«, fragte er gedehnt und zeigte dabei zuerst auf den Eingang und dann zur Decke.
    Lanky schüttelte den Kopf. »Nein, sie war einfach da, ganz plötzlich, direkt an meinem Bett. Sie schien irgendwie in Licht getaucht, wie direkt vom Himmel. Aber ich konnte ihr Gesicht nicht recht sehen. Fast, als wäre es vermummt. Es muss ein Engel gewesen sein«, sagte er. »C-Bird, denk doch mal. Ein Engel, hier drinnen. Hier in diesem Raum. In unserer Klinik. Der uns beschützt und hilft.«
    Francis sagte nichts, doch Peter the Fireman nickte, während er selbst den Kopf ein wenig senkte. Er hob die Finger an die Nase und schnüffelte heftig. Er schien von dem, was er roch, erschrocken und sog heftig den Atem ein. Einen Moment lang hielt Fireman inne und sah sich im Zimmer um. Dann sprach er leise und unmissverständlich mit aller Autorität, wie ein Kommandeur gegenüber seinen Soldaten kurz vor den feindlichen Linien, wo die Gefahr in jedem Schatten lauert.
    »Lanky, geh in dein Bett zurück und warte, bis C-Bird und ich zurückkommen. Sprich mit niemandem. Absolutes Schweigen, verstanden?«
    Lanky wollte etwas sagen, überlegte es sich aber. »Okay«, sagte er langsam. »Aber wir sind in Sicherheit. Alle in Sicherheit. Meinst du nicht, die anderen wollen das wissen?«
    »Lass uns erst jeden Zweifel ausräumen, bevor wir ihnen Hoffnung machen«, sagte Peter nur. Das leuchtete offenbar ein, denn Lanky nickte erneut. Er stand auf und tastete sich zu seinem Bett zurück. Dort angekommen, drehte er sich noch einmal um und hielt seinen Zeigefinger an die Lippen, das universale Zeichen für Schweigen. Peter schien über ihn zu lächeln, dann flüsterte er: »C-Bird, komm mit, sofort. Und verhalte dich ruhig!« Jedes seiner Worte zeugte von einer unbestimmten Anspannung, die Francis nicht ganz ergründen konnte.
    Ohne sich noch einmal umzusehen, machte sich Peter the Fireman daran, sich behutsam zwischen den Betten der schlafenden Männer hindurchzumanövrieren. Er schlich an der Toilette vorbei, wo ein bisschen kaltes Licht unter der Schwelle hervorschimmerte, und steuerte auf die einzige Tür des Raumes zu. Ein paar der Schlafenden bewegten sich, einer erhob sich halb, als sie an ihm vorüberkamen, doch Peter sagte nur: »Psst!«, und sie arbeiteten sich weiter voran, während der Mann sich mit einem leisen Stöhnen von einer Seite auf die andere warf, bis er wieder schlief.
    Als er die Tür erreichte, sah er zurück und merkte, dass Lanky erneut mit verschränkten Beinen auf seinem Bett saß und winkte, bevor er sich schlafen legte.
    Als Peter the Fireman nach dem Türknauf griff, war Francis an seiner Seite. »Die ist abgeschlossen«, sagte Francis. »Sie schließen jede Nacht ab.«
    »Heute Nacht«, sagte Peter langsam, »ist sie nicht abgeschlossen.« Und dann griff er zum Beweis für die Behauptung nach dem Knauf und drehte ihn. Die Tür ging mit einem leisen schleifenden Geräusch auf. »Komm schon, C-Bird«, sagte er.
    Der Flur war für die Nacht abgedunkelt, so dass nur wenige schwache Lampen kleine schimmernde Lichtkegel auf den Boden warfen. Francis erschrak über die Stille. Gewöhnlich quollen die Flure des Amherst von Leuten über, die saßen, standen, liefen, rauchten, Selbstgespräche führten oder mit Leuten plauderten, die nirgends zu sehen waren, oder sogar auch mal miteinander. Die Flure waren wie die Lebensadern der Klinik, indem sie unablässig Blut und Energie in jedes lebenswichtige Organ transportierten. Noch nie hatte er sie leer gesehen. Das Gefühl, allein im Flur zu sein, war beunruhigend. Fireman schien das jedoch nicht anzufechten. Er starrte vor sich in die Mitte des Korridors, wo die Pflegestation von einer einzigen, verblassten Schreibtischlampe beleuchtet wurde – ein kleiner gelber Kreis. Von ihrer Warte aus schien die Station leer zu sein.
    Peter machte einen einzigen Schritt nach vorn und starrte zu Boden. Er fiel auf ein Knie und berührte vorsichtig einen dunklen Farbfleck, wie er es ganz ähnlich mit dem Rußfleck auf Lankys Gesicht getan hatte. Wieder hob er den Finger an die Nase. Dann zeigte er, ohne ein Wort zu sagen, mit dem Finger auf etwas. Francis war sich nicht ganz sicher, was genau er sehen sollte, doch er achtete auf alles, was Peter the Fireman tat. Zusammen schlichen sie weiter Richtung Pflegestation, hielten aber auf halbem Weg gegenüber einem der Abstellräume inne.
    Francis spähte durch das

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