Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Antikriegs-Maschine

Die Antikriegs-Maschine

Titel: Die Antikriegs-Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bob Shaw
Vom Netzwerk:
den Raum und schloß die Tür hinter sich ab.
    Auf der Fahrt nach Crymchurch ärgerte er mehrmals andere Fahrer, indem er ohne erkennbaren Grund langsamer fuhr, aber er brachte es jetzt nicht mehr über sich, etwas hastig zu tun. Er wollte sich im wahrsten Sinne des Wortes treiben lassen, in den warmen Fluten des Lebens untertauchen, die er in letzter Zeit so mühsam gemieden hatte. Er wollte sich wieder durchschnittlich, gewöhnlich fühlen und hatte den Eindruck, einen Wendepunkt in seinem Leben erreicht zu haben. Massive Eisentore schienen krachend zuzufallen und Wege in ungewisse Fernen abzuriegeln.
    Hutchman war enttäuscht, als er einen fremden Wagen in der Einfahrt parken sah. Das zweisitzige Coupe war pflaumenfarben oder braun – das war im schwachen Lichtschein aus dem Haus nicht klar zu erkennen –, und Hutchman fiel auf, daß der Besitzer den Wagen rückwärts eingeparkt hatte, als wolle er sofort wieder wegfahren können. Falls ein Fremder im Haus war, konnte er Vicky nicht alles erzählen, was er auf dem Herzen hatte. Hutchman runzelte die Stirn, als er merkte, daß er die Haustür nicht mit seinem Schlüssel aufschließen konnte. Innen steckte ein anderer Schlüssel.
    Hutchman trat von der Haustür zurück, betrachtete die Front des Gebäudes und stellte fest, daß der einzige Lichtschein aus Davids Zimmer kam. Ein Besucher im Haus, ohne daß Licht brannte? Der entsetzliche Verdacht, der in Hutchman aufstieg, brachte ihn dazu, zum Nebeneingang zu schleichen und zu versuchen, die zweite Tür aufzuschließen. Aber sie war von innen verriegelt. Er rannte zur Haustür zurück. Jetzt brannte im Wohnzimmer Licht. Hutchman trommelte mit beiden Fäusten gegen die Tür, bis aufgeschlossen wurde. Vicky stand in einem Kimono aus blauer Seide auf der Schwelle.
    »Was soll das, Lucas?« fragte sie eisig. »David schläft.«
    »Warum waren die Lichter aus und die Türen abgesperrt?«
    »Wer sagt, daß die Lichter aus waren?« Vicky blieb in der Haustür stehen, als wolle sie ihm den Zutritt verwehren. »Und warum kommst du so früh nach Hause?«
    Hutchman schob seine Frau beiseite, ohne auf ihren Protest zu achten, und stieß die Wohnzimmertür auf. Ein braungebrannter, schwarzhaariger Mann von etwa vierzig Jahren, den Hutchman vage als Besitzer einer hiesigen Tankstelle erkannte, stand in der Mitte des Raums. Er zog seine Hose über einen schwarzen Satinslip hoch, und sein entsetztes Gesicht über den muskulösen Gewichtheberschultern erinnerte Hutchman selbst in diesem Augenblick an Lee Harvy Oswalds Gesicht in der Sekunde, nachdem ihn Rubys Kugel getroffen hatte.
    »He, du da!« knurrte Hutchman, dessen Verstand erstaunlicherweise noch immer mit eiskalter Präzision funktionierte. »Zieh dich an und verschwinde!« Er beobachtete, wie der andere sein Hemd anzog, und stellte fest, daß er selbst dabei noch posierte.
    »Lucas!« sagte Vicky empört. »Wie kannst du es wagen, mich zu bespitzeln und dann meinen Gast so zu behandeln!«
    »Dein Gast hat nichts dagegen. Stimmt’s, Gast?«
    Der muskulöse Mann schlüpfte in seine Schuhe und griff wortlos nach seiner Jacke, die über einem Stuhl hing.
    »Das hier ist mein Haus, Forest«, erklärte ihm Vicky, »und du brauchst nicht zu gehen. Ich bitte dich sogar darum, nicht zu gehen.«
    »Nun…« Forest sah zu Hutchman hinüber. Seine Verwirrung machte allmählich zunehmender Aggressivität Platz. Er ließ seine Schultermuskeln spielen.
    »Ach, du lieber Gott«, sagte Hutchman scheinbar resigniert. Er trat in die Diele hinaus, wo eine Machete an zwei Wandhaken hing, und kam mit dem langen Buschmesser zurück. »Hör zu, Forest. Ich nehme dir nicht übel, was vorher hier passiert ist – du bist nur zufällig vorbeigekommen, als der Spielautomat den Hauptgewinn ausgespuckt hat –, aber jetzt störst du mein Privatleben, und wenn du nicht verschwindest, bringe ich dich um!«
    »Glaub ihm das ja nicht!« Vicky trat näher an Forest heran.
    Hutchman sah sich um, griff nach einem Hepplewhite-Stuhl, den Vicky letztes Jahr zu Weihnachten von ihrem Vater geschenkt bekommen hatte, und spaltete die schildförmige Rückenlehne mit einem einzigen Schlag seiner Machete. Vicky stieß einen leisen Schrei aus, aber dieser Vandalismus schien Forest überzeugt zu haben, denn er ging entschlossen in Richtung Haustür. Sie folgte ihm einige Schritte weit und schien dann plötzlich alles Interesse an ihm zu verlieren.
    »Das mit dem Stuhl war keine gute Idee«, stellte sie nüchtern fest.

Weitere Kostenlose Bücher