Die Antikriegs-Maschine
hingen in einem Wandschrank. Er zog sich rasch an und stellte fest, daß der Tascheninhalt vollständig war. Zufällig hatte er noch den Rest des Geldes, das Vicky ihm mitgegeben hatte, in der Hosentasche. Dort fand er auch ein Federmesser mit winziger Klinge, das jedoch als Waffe wertlos war. Hutchman sah sich hilflos um, ging schließlich zur Tür und bearbeitete sie mit den Füßen. Schon wenige Minuten später wurde die Tür aufgeschlossen, und er sah sich dem jungen Constable und einem hageren Sergeanten gegenüber.
»Was soll das?« fragte der Sergeant unwillig. »Warum treten Sie gegen die Tür?«
»Ich will hier raus.« Hutchman versuchte, den anderen zur Seite zu schieben. »Sie haben kein Recht, mich einzusperren.«
Der Sergeant stieß ihn zurück. »Sie bleiben hier, bis der Inspektor Sie entläßt. Und wenn Sie weiter Krach machen, schließe ich Ihnen die Hand- und Fußgelenke zusammen. Kapiert?«
Hutchman nickte eingeschüchtert, wandte sich ab und stürzte dann plötzlich in den Korridor hinaus. Aber dort lief er geradewegs einem Polizeibeamten in die Arme. Der hünenhafte Uniformierte hielt ihn mühelos auf und schob ihn vor sich her in den Raum zurück.
»Das war dumm von Ihnen«, stellte der Sergeant fest. »Jetzt haben Sie auch noch einen Polizeibeamten tätlich angegriffen. Wenn ich wollte, könnte ich Sie in eine Zelle stecken – benehmen Sie sich also anständig.«
Er knallte die Tür zu. Hutchman ging zitternd zwischen Bett und Tür auf und ab; er versuchte zu begreifen, daß er tatsächlich ein Gefangener war und daß die Mauern nicht durch einen Blitzstrahl gespalten werden würden – auch wenn seine Sache noch so gerecht war. Das ist doch verrückt, dachte er deprimiert. Ich kann Neutronen tanzen lassen – kann ich dann nicht auch ein paar ländliche Polizeibeamte überlisten? Er setzte sich auf den einzigen Stuhl und bemühte sich ganz bewußt, durch bloße Überlegung einen Weg in die Freiheit zu finden. Wenig später stand er auf, trat ans Bett und zog das Bettlaken ab, unter dem eine dicke Schaumstoffmatratze zum Vorschein kam.
Hutchman starrte die Matratze an. Dann klappte er sein winziges Taschenmesser auf und begann das weiche Material zu zerschneiden. Die äußere Schicht war schwer zu durchtrennen, aber das weiche Innere bot keine Schwierigkeiten mehr. Eine Viertelstunde später hatte er ein einsachtzig langes, sargförmiges Stück aus der Matratzenmitte herausgeschnitten. Er rollte den Streifen zusammen, stopfte ihn in den Nachttisch und drückte die Tür mühsam zu. Danach streckte er sich auf dem Bett aus, wo er die Sprungfedereinlage jetzt unmittelbar unter sich hatte. Sein Gewicht drückte die Federn etwas zusammen, aber die Schaumstoffmatratze blieb etwa in ursprünglicher Höhe – zwei, drei Zentimeter über seinem Gesicht.
Hutchman war mit diesem Ergebnis sehr zufrieden. Er setzte sich auf und zog die Bettwäsche wieder zu sich heran. Es war nicht einfach, Laken, Kissen und Decke von unten her so zu arrangieren, daß der Eindruck normaler Unordnung entstand, und er war in Schweiß gebadet, als er endlich damit fertig war.
Er lag völlig still und merkte plötzlich, daß er noch immer unausgeschlafen war…
Hutchman hatte unfreiwillig gedöst und wachte auf, als die Tür geöffnet wurde. Er hielt den Atem an, damit sich das Laken über seinem Gesicht nicht bewegte. Eine Männerstimme fluchte aufgebracht. Schritte näherten sich dem Bett, dem WC hinter dem Wandschirm, dem Schrank und wieder dem Bett. Der Mann grunzte Hutchman fast ins Ohr, als er in die Knie ging, um unters Bett zu sehen. Hutchman erstarrte, weil er fürchtete, die niedergedrückte Federeinlage würde ihn verraten, aber der Mann verließ den Raum.
»Sergeant«, rief er im Korridor, »er ist weg!«
Die Tür schien offengeblieben zu sein, aber Hutchman widerstand der Versuchung, sofort die Flucht zu wagen. Daß das richtig gewesen war, zeigte sich eine halbe Minute später, als mehrere Männer hereinstürmten, den Raum durchsuchten und wieder hinausstürzten. Hutchman hörte, daß die Tür auch diesmal nicht geschlossen wurde. Sein Plan hatte bisher hundertprozentig geklappt, aber jetzt war ein Stadium erreicht, in dem sorgfältige Überlegung angebracht war. Würde die Polizei annehmen, er sei aus dem Gebäude entkommen? Oder würde das Gebäude durchsucht werden? Im zweiten Fall war es besser, noch eine Weile im Versteck zu bleiben – aber auch das konnte gefährlich werden, wenn jemand auf die
Weitere Kostenlose Bücher