Die Aquitaine-Verschwoerung
worauf er sich eingelassen hatte. Und da Gewalt nicht infrage kam , war ein Austausch möglich? Leifhelm gegen Converse. Ein General für einen Lieutenant.
Connal wagte nicht, sich näher mit dem Gedanken zu befassen. Dazu drängten sich zu viele negative Aspekte auf. Er musste seinem Instinkt folgen, weil ihm keine andere Wahl mehr geblieben war; jeder Weg, den er einschlug, führte entweder zu einer Mauer oder einer Kugel. Er stand auf und ging zu dem Tisch, auf dem das Telefon stand. Er griff nach dem Telefonbuch. Was er im Sinn hatte, war verrückt, aber darüber durfte er jetzt nicht nachdenken. Er fand den Namen. Fischbein, Ilse. Die uneheliche Tochter von Hermann Göring.
Die Verabredung wurde getroffen: einer der hinteren Tische im Kaiser-Café am Kaiserplatz, bestellt auf den Namen Parnell. Glücklicherweise hatte Fitzpatrick noch in Kalifornien daran gedacht, einen konservativ geschnittenen Anzug mitzunehmen. Er trug ihn jetzt als der amerikanische Anwalt Mr. Parnell, der flieÃend Deutsch sprach und von seiner Firma in Milwaukee, Wisconsin, ausgeschickt worden war, um Kontakt zu einer gewissen Ilse Fischbein in Bonn herzustellen. AuÃerdem hatte er sich noch im Schlosspark am Venusberg weg ein Einzelzimmer gemietet und Joels Aktenkoffer dort untergebracht. Dort war der Koffer einige Zeit in Sicherheit, und gleichzeitig konnte er für Converse eine Spur sein, falls alles schiefgehen sollte.
Connal kam zehn Minuten vor der verabredeten Zeit, nicht nur um sich seinen Tisch zu sichern, sondern auch um sich mit der Umgebung vertraut zu machen und sich zu überlegen, wie er vorgehen wollte. Er war das so gewohnt und pflegte auch Gerichtssäle immer vor der Verhandlung zu betreten, um sich Stühle und Tische anzusehen und sich mit den verschiedenen Blickwinkeln vertraut zu machen. All das half.
Er erkannte sie sofort, als sie kam und sich dem Oberkellner zu erkennen gab. Sie war hochgewachsen und füllig, ohne korpulent zu sein.
Sie trug ein hellgraues Sommerkostüm und hatte das Jackett über dem Busen zugeknöpft. Auch ihr Gesicht war voll, aber nicht weich. Die hohen Wangenknochen verliehen dem Gesicht einen strengen Charakter, den es sonst vielleicht nicht gehabt hätte; ihr Haar war dunkel mit ein paar grauen Strähnen und reichte bis zu den Schultern. Der Oberkellner führte sie an den Tisch. Fitzpatrick erhob sich.
» Guten Tag, Frau Fischbein«, sagte er und streckte ihr die Hand entgegen. » Bitte setzen Sie sich.«
» Sie können ruhig Englisch sprechen, Herr Parnell«, sagte die Frau, lieà seine Hand los und setzte sich, worauf der Oberkellner sich verbeugte und zurückzog. » Ich verdiene mir meinen Lebensunterhalt mit Ãbersetzungen.«
» Wie es Ihnen lieber ist«, sagte Connal.
» Ich glaube, so wie die Dinge liegen, würde ich Englisch vorziehen. Und jetzt sagen Sie mir, was ist das für eine unglaubliche Sache, die Sie da am Telefon erwähnten, Mr. Parnell?«
» Ganz einfach eine Erbschaft, Mrs. Fischbein«, erwiderte Fitzpatrick mit aufrichtigem Blick und ohne die Augen von ihr zu wenden. » Wenn sich ein paar technische Fragen klären lassen, und das wird bestimmt möglich sein, werden Sie als rechtmäÃige Empfängerin des Erbes eine beträchtliche Summe erhalten.«
» Von jemandem in Amerika, den ich nie gekannt habe?«
» Erhat Ihren Vater gekannt.«
» Ich nicht«, sagte Ilse Fischbein schnell, und ihre Augen huschten über die benachbarten Tische. » Wer ist dieser Mann?«
» Er hat während des Krieges dem Stab Ihres Vaters angehört«, antwortete Connal mit noch leiserer Stimme. » Mithilfe Ihres Vatersâ und gewisser Kontakte in Hollandâ war es ihm möglich, Deutschland vor den Nürnberger Prozessen mit ziemlich viel Geld zu verlassen. Er kam über London in die Vereinigten Staaten und gründete mit seinem Geld eine Firma im Mittleren Westen. Das Unternehmen war sehr erfolgreich. Kürzlich starb der Mann. Bei meiner Kanzlei, die ihn zu Lebzeiten juristisch vertrat, hatte er versiegelte Anweisungen hinterlassen.«
» Aber warum gerade ich?«
» Er wollte eine Schuld abtragen. Ohne den Einfluss und die Unterstützung Ihres Vaters wäre unser Klient wahrscheinlich für Jahre ins Gefängnis gekommen und dort verkümmert, statt so erfolgreich zu werden, wie ihm das in Amerika möglich war. Dort war er für
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