Die Aquitaine-Verschwoerung
nicht darüber sprechen.«
» Hast du die Skizzen bekommen, die ich dir geschickt habe, nachdem wir den Gilette-Auftrag verloren hatten? Ich hatte gehofft, dich damit vielleicht ins Bett zu kriegen.«
» Skizzen?Nein, Jack, die sind nie angekommen. Vielen Dank, dass du an mich gedacht hast, von der kleinen Unverschämtheit einmal abgesehen.«
» Oh? Ich dachte, du schaust regelmäÃig deine Post an.«
» Das habe ich auch⦠bis vorgestern. Aber es war nichts dabeiâ wie lange wirst du in Amsterdam sein?«
» Eine Woche. Ich dachte, du würdest vielleicht ein paar Agenturkunden besuchen, bevor du nach New York zurückfliegst.«
» Das sollte ich wahrscheinlich, aber es wird wohl nicht gehen. Ich habe keine Zeit. Wenn doch, dann bin ich im Amstel-Hotel. Wenn nicht, dann sehen wir uns in New York wieder. Du kannst mich ja zum Mittagessen einladen, dann tauschen wir Klatschgeschichten.«
» Ja, davon habe ich genug auf Lager. Da wirst schon du die Rechnung übernehmen müssen. Machs gut, Kleines.«
» Machs gut , Jack.«
Sie war groÃartig. Und sie hatte den Umschlag aus Bonn nicht erhalten.
Er schlenderte durch die StraÃen, besorgt, er könnte zu schnell gehen, verängstigt, er könnte zu lange an einem Ort verweilen, und immer mit dem Gedanken, dass er in Bewegung bleiben musste, seine Umgebung beobachten, die Schatten suchen und sich von ihnen einhüllen lassen. Sie würde am Abend in Amsterdam sein, und sie hatte gesagt, dass er im Amstel-Hotel Verbindung mit ihr aufnehmen sollte. Warum? Warum war sie gekommen? Was hatte sie vor? Plötzlich schob sich das Gesicht von René Mattilon in sein Bewusstsein. Ganz deutlich war es zu erkennen, umgeben von Sonnenlicht. Es war eine Maskeâ eine Totenmaske. René war von Aquitania getötet worden, weil er Jack nach Amsterdam geschickt hatte. Und Valerie würde nicht geschont werden, wenn die Gefolgsleute von George Marcus Delavane glaubten, dass sie herübergeflogen war, um ihn zu finden, um ihm zu helfen.
Es war jetzt halb vier; bis etwa acht würde es dunkel sein. Er hatte noch knapp fünf Stunden, in denen er unsichtbar und am Leben bleiben musste. Und irgendeinen Wagen finden.
Er blieb auf dem Bürgersteig stehen und blickte zu einer übermäÃig herausgeputzten, äuÃerst gelangweilten Hure in einem Fenster im zweiten Stock eines Backsteinhauses hinauf. Ihre Augen begegneten sich, und sie lächelte ein gelangweiltes Lächeln. Daumen und Zeigefinger ihrer rechten Hand begegneten sich, die folgende Handbewegung verlangte zu ihrer Deutung nicht viel Fantasie.
Warum nicht?, dachte Converse. Das einzig Sichere in einer sehr unsicheren Welt war die Tatsache, dass hinter jenem Fenster ein Bett wartete.
Der Hausverwalter war ein Mann Mitte fünfzig. Er erklärte Joel in flieÃendem Englisch, dass für Zwanzig-Minuten-Sitzungen zu bezahlen sei, und zwar für zwei » Sitzungen« im Voraus, wobei der Betrag für die zweite zurückerstattet würde, sollte der Gast während der letzten fünf Minuten der ersten Periode wieder herunterkommen. Der Traum eines jeden Kredithais, dachte Converse nach einem Blick auf die verschiedenen Uhren auf der Theke, die auf nummerierten Feldern standen. Gerade kam ein älterer Mann die Treppe herunter. Der Angestellte schnappte sich hastig eine der Uhren und schob den Zeiger nach vorne. Joel kalkulierte schnell und rechnete Gulden in Dollar um, kam zu dem Ergebnis, dass jede » Sitzung«, etwa dreiÃig Dollar kostete, und gab dem erstaunten Verwalter den Gegenwert von 275 Dollar. Dann nahm er seine Nummer entgegen und ging auf die Treppe zu.
» Ihre Freundin, Sir?«, fragte der verblüffte Hüter der Freuden, während Converse die erste Treppenstufe betrat. » Eine alte Liebe vielleicht?«
» Eine Cousine, die ich seit Jahren nicht mehr gesehen habe«, erwiderte Joel traurig. » Wir müssen ein langes Gespräch führen.« Mit hängenden Schultern stieg er die Treppe hinauf.
» Slapen?«, rief die Frau mit den viel zu dick geschminkten Wangen und dem aufgetürmten Haar. Sie war ebenso verblüfft wie ihr Behüter unten. » Sie wollen slapen?«
» Das lässt sich schwer übersetzen, aber so ist es«, sagte Converse, nahm Brille und Mütze ab und setzte sich aufs Bett. » Ich bin sehr müde, und es wäre herrlich, wenn ich schlafen könnte,
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