Die Aquitaine-Verschwoerung
Frühe. Ich muss schon um halb sechs am Drehort seinâ Morgendämmerung über dem Rhein, oder irgend so was Eindrucksvolles. Wenn die wenigstens das Ganze in eine Reiseschilderung verwandeln würden, dann wären wir alle besser dran. Hübsche Landschaft.«
» Und Sie waren trotzdem in Kopenhagen.«
» Richtig.«
» Da werden Sie nicht viel Schlaf bekommen.«
» Wohl kaum.«
» Macht Ihnen das nichts aus?«
Der Schauspieler sah Joel an, und das Lächeln lieà die Fältchen um seine freundlichen Augen noch tiefer werden. » Meine Frau ist in Kopenhagen, und ich hatte zwei Tage frei. Dies war die letzte Maschine, die ich bekommen konnte. Ich bin diese Strecke die letzten zwei Monate ein halbes Dutzend Mal geflogen«, sagte Caleb Dowling. » Lassen Sie sich von mir sagen, diese Warterei hier ist widerwärtig. Nicht der Zoll, das geht schnell, besonders so spät. Die arbeiten wie die Roboter mit ihren Stempeln; in zehn Minuten sind Sie durch. Aber dann müssen Sie warten. Zweimal oder dreimal hat es mehr als eine Stunde gedauert, bis die Maschine nach Bonn hier war. Ãbrigens, haben Sie Lust, mit mir in der Lounge einen Drink zu nehmen?«
» Warum nicht?« Joel fühlte sich geschmeichelt. Nicht nur, dass er Dowling mochteâ nein, es tat auch gut, Gast eines Prominenten zu sein.
» Vielleicht sollte ich Sie warnen«, fügte Dowling hinzu, » meine Fans kriechen selbst um diese Stunde noch aus den Betten, und die PR -Leute sorgen natürlich auch für die üblichen Fotografen. Aber das Ganze dauert nicht sehr lange.«
Converse war für die Warnung dankbar. » Ich muss noch ein paar Telefongespräche führen«, sagte er beiläufig, » aber wenn ich rechtzeitig fertig werde, komme ich gern.«
» Telefongespräche? Um diese Stunde?«
» In die Staaten. In⦠Chicago⦠ist es nicht dieselbe Stunde.«
» Sie können ja in der Lounge telefonieren; dort ist auch ein Apparat.«
» Es mag verrückt klingen«, sagte Joel, der nach Worten suchte, » aber ich kann besser denken, wenn ich allein bin. Ich muss da einige komplizierte Dinge erklären. Ich suche mir nach der Zollabfertigung eine Telefonzelle.«
» Für mich klingt gar nichts verrückt, schlieÃlich arbeite ich in Hollywood.«
» Das freut mich zu hören«, antwortete Joel verlegen. Die Räder des Flugzeugs berührten den Boden, und die Düsenmotoren heulten im Gegenschub auf. Die Maschine rollte weiter, bog nach links ab und rollte langsam aus. Die vordere Tür öffnete sich, und einige Passagiere drängten aufgeregt in den Mittelgang. Ihrem Flüstern und den Blicken derer, die sich auf Zehen reckten, um besser sehen zu können, war zu entnehmen, dass Caleb Dowlings Anwesenheit den Auflauf verursachte.
Eine Welle Passagiere schob sich an dem Fernsehstar vorbei durch den Ausgang, und Joel reihte sich rasch ein. So schnell und so unauffällig wie möglich wollte er durch den Zoll gehen und dann eine dunkle Ecke im Flughafen suchen und im Schatten warten, bis der Aufruf für die Maschine nach Köln-Bonn kam.
Goebbels und Heà nahmen Dr. Heinrich Leifhelms Angebot begeistert an. Man kann sich leicht vorstellen, wie der Propaganda-Agitator sich das Bild dieses blonden arischen Arztes auf Tausenden von Pamphleten ausmalte, eines Mediziners, der die schillernden Theorien der Nazigenetik bestätigte und zugleich bereitwillig die minderwertigen, habgierigen Juden verdammte; Leifhelm war ein Geschenk des Himmels. Für Rudolf HeÃ, dem es besonders auf persönliche Anerkennung durch die Junker und Wohlhabenden ankam, war dieser Arzt auf ganz andere Weise von Bedeutung: Er war ein echter Aristokrat.
Das Zusammenwirken von bewusster Planung und Zufall erwies sich als noch bedeutsamer, als der junge Stössel-Leifheim sich hätte ausmalen können. Adolf Hitler kehrte aus Berlin zu einer Kundgebung auf dem Marienplatz zurück, und der eindrucksvolle Arzt wurde mit seinem wohlerzogenen Sohn eingeladen, mit dem Führer zu Abend zu essen. Man war einander spontan zugeneigt; Hitler hörte alles, was er hören wollte, und von diesem Tag an bis zu seinem Tod im Jahre 1934 war Heinrich Leifhelm Hitlers Leibarzt.
Es gab nichts, was dem Sohn versagt wurde, und in kurzer Zeit hatte er alles, was er sich wünschte. Im Juni 1931 wurde im Hauptquartier der Nationalsozialisten eine
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