Die Aquitaine-Verschwoerung
um unerhörte Lügen. Dann wurde die » offizielle« Scheidungsurkunde und eine Kopie des Letzten Willens und Testaments Heinrich Leifhelms vorgelegt. Es gab nur eine legitime Ehe und einen legitimen Sohn, und alle Rechte, Privilegien und Erbansprüche gingen auf diesen über: Oberstleutnant Erich Stössel-Leifhelm.
Da uns zu diesem Fall einigermaÃen exakte Unterlagen vorlagen, war es auch möglich, Zeugen zu finden. Es wurde bestätigt, dass Frau Leifhelm, ihre drei Kinder und ihr Vater im Konzentrationslager Dachau vor den Toren Münchens ums Leben gekommen sind.
Die jüdischen Leifhelms existierten nicht mehr; der arische Leifhelm war jetzt der einzige Erbe eines beträchtlichen Besitzes, der unter den geltenden Gesetzen sonst konfisziert worden wäre. Ehe er das dreiÃigste Lebensjahr vollendet hatte, war er zum Rächer geworden für das Unrecht, dass man ihm angeblich angetan hatte. Ein Mörder war herangereift.
» Sie müssen hier ja einen verdammt wichtigen Fall haben«, sagte Caleb Dowling grinsend und stieà Joel mit dem Ellbogen in die Seite. » Ihr Zigarettenstummel ist schon vor einer Weile im Aschenbecher verglüht. Ich hab ihn ausgedrückt, und Sie haben bloà abwehrend die Hand gehoben. Dabei sind schon seit einiger Zeit die No-Smoking-Zeichen an. Wir befinden uns nämlich bereits im Landeanflug, kann nur noch Minuten dauern.«
» Tut mir leid. Das istein sehr komplizierter Schriftsatz. Herrgott, ich würde doch nie die Hand gegen Sie heben, Sie sind doch ein Prominenter.« Converse lachte, weil er wusste, dass man das von ihm erwartete.
» Dabei fällt mir ein, dass ich Sie fragen wollte, wo Sie in Bonn wohnen werden, Herr Anwalt?«
Joel war auf diese simple Frage nicht vorbereitet. » Eigentlich weià ich das noch gar nicht«, antwortete er und suchte nach Worten. SchlieÃlich meinte er: » Ich habe mich erst in letzter Minuten zu dieser Reise entschlossen.«
» Dann brauchen Sie vielleicht Hilfe. Bonn ist überfüllt. Ich will Ihnen was sagen. Ich wohne im Königshof, und ich denke, ich habe dort einigen Einfluss. Wollen mal sehen, was wir tun können.«
» Vielen Dank, aber das wird nicht notwendig sein.« Converse überlegte fieberhaft. Das Letzte, was er brauchen konnte, war die Neugierde, die sich auf jeden richten musste, der in Gesellschaft des bekannten Schauspielers reiste. » Meine Firma hat jemanden geschickt, der mich abholen soll, und er hat sicher ein Zimmer gebucht. Deshalb soll ich auch als einer der Letzten aussteigen, damit er mich leichter in der Menge findet.«
» Also schön. Aber wenn Sie einmal Zeit haben und mit ein paar Schauspielertypen etwas trinken wollen â alles interessante Burschen, das kann ich Ihnen versichern â, dann rufen Sie mich in meinem Hotel an und hinterlassen eine Nummer.«
» Das werde ich bestimmt tun. Vielen Dank.«
Joel wartete. Die letzten Passagiere verlieÃen die Maschine und nickten den Stewardessen zu. Einige gähnten, andere mühten sich mit ihren Schultertaschen, Kameras und Koffern ab. Jetzt verlieà der letzte Passagier das Flugzeug, und Converse stand auf, griff seinen Aktenkoffer und schob sich langsam in den Mittelgang. Instinktiv, ohne einen besonderen Anlass zu haben, wandte er den Kopf und sah in den hinteren Teil des Flugzeugs.
Was er sah, lieà ihn erstarren, und für Sekunden stockte ihm der Atem. In der letzten Reihe der langen Kabine saà eine Frau. Die blasse Haut unter der breiten Hutkrempe und die erschreckten, erstaunten Augen, die sich abrupt abwandtenâ das alles formte sich zu einem Bild, an das er sich noch lebhaft erinnerte. Es war die Frau, die er im Flughafen-Café von Kopenhagen gesehen hatte! Sie war mit schnellen Schritten zur Gepäckausgabe geeilt und hatte sich von der Schalterreihe der Fluggesellschaften entfernt. Dann hatte ein Mann sie aufgehalten; es hatte einen kurzen Wortwechsel gegeben; und jetzt wusste Joel, dass die Worte ihm gegolten hatten.
Die Frau musste zurückgekommen und in dem Durcheinander, das immer in den letzten Minuten vor dem Start herrscht, unbemerkt an Bord gegangen sein. Er spürte es, er wusste es! Sie war ihm von Dänemark gefolgt!
Wenn er nur Zeit zum Ãberlegen hätte !
6
Converse rannte den Mittelgang hinunter und durch den Ausstieg in den mit Teppich ausgelegten Zubringertunnel. Nach fünfzehn Metern mündete der
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