Die Aquitaine-Verschwoerung
Geburtsstadt Beethovens war als Hauptstadt einer bedeutenden Regierung so ziemlich das Unwahrscheinlichste, was man sich denken konnte. Sie war alles andere als das, was man sich unter dem Sitz eines mächtigen Bundestags und kluger Minister vorstellt, die sich auf der anderen Seite der Grenze dem russischen Bären gegenübersahen.
» Sir!«, rief der Fahrer. » Die fahren jetzt in Richtung Bad Godesberg. Ins Diplomatenviertel.«
» Was heiÃt das?«
» Botschaften, Gesandtschaften. Dort gibt es Polizeistreifen! Man könnte uns⦠wissen? Wie sagt man?«
Das Englisch des Mannes lieà doch zu wünschen übrig, dachte Converse. » Entdecken«, erklärte Joel. » Macht nichts. Fahren Sie nur weiter. Sie machen das ganz groÃartig. Halten Sie an, wenn Sie müssen, parken Sie, wenn nötig. Aber folgen Sie dem Wagen. Ich zahle Ihnen dreihundert Mark zusätzlich. Ich will wissen, wo die anderen anhalten.«
Sechs Minuten später war es so weit, und es traf Converse wie ein Schlag. Was immer er erwartet hatte, was immer ihm seine Fantasie vorgegaukelt hatte, auf das, was der Fahrer sagte, war er nicht vorbereitet: » Es ist die amerikanische Botschaft, Sir.«
Joel versuchte, Ordnung in seine Gedanken zu bringen. » Fahren Sie mich zum Hotel Königshof«, sagte er einfach aus der Erinnerung heraus.
» Ja, Herr Dowling hat eine Nachricht für Sie hinterlassen«, sagte der Angestellte am Empfang und griff unter den Tresen.
» Tatsächlich?« Converse staunte. Er hatte den Namen des Schauspielers benutzt in der vagen Hoffnung, dies könnte ihm irgendeinen Vorteil bringen. Mehr hatte er nicht erwartet, schon gar nicht das.
» Hier«, sagte der Mann und zog zwei kleine Telefonzettel aus dem Stapel, den er in der Hand hielt. » Sie sind doch John Converse, Rechtsanwalt aus Amerika.«
» Ja, das bin ich.«
» Herr Dowling meinte, Sie würden vielleicht Schwierigkeiten haben, hier in Bonn eine passende Unterkunft zu finden. Er hat uns gebeten, Ihnen behilflich zu sein, falls Sie heute Nacht hier erscheinen sollten. Das tun wir sehr gern, Herr Converse. Herr Dowling ist ein sehr populärer Mann.«
» Und mit Recht«, sagte Joel.
» Wie ich sehe, hat er auch einen Brief für Sie hinterlassen.«
Der Angestellte drehte sich um und holte ein zugeklebtes Kuvert aus einem der Postfächer in der Rückwand. Er reichte es Converse, der den Umschlag aufriss.
Lieber Freund,
wenn Sie diesen Brief nicht bekommen, hole ich ihn mir morgen früh wieder. Verzeihen Sie mir, aber Sie klangen zu sehr wie viele meiner weniger glücklichen Kollegen, die Nein sagen, wenn sie doch eigentlich Ja sagen wollen. Bei denen ist das meistens übertriebener Stolz, weil sie meinen, ich wolle ihnen etwas schenken â entweder das, oder sie möchten jemandem nicht begegnen, der vielleicht dort sein könnte, wo ich hingehe. So wie Sie aussehen, muss ich Ersteres ausschlieÃen und mich an die zweite Möglichkeit halten. Es gibt jemanden, dem Sie hier in Bonn nicht begegnen wollen, und das brauchen Sie nicht. Das mit dem Zimmer habe ich erledigt, und zwar auf meinen Namen â das können Sie ja ändern, wenn Sie wollen. Aber bitte, keine Widerrede, was die Rechnung angeht.
Ãbrigens, Sie würden einen lausigen Schauspieler abgeben. Ihre Pausen sind wenig überzeugend.
Joel steckte das Blatt zurück in den Umschlag und widerstand der Versuchung, an ein Haustelefon zu gehen und Dowling sofort anzurufen. Der Mann hatte ohnehin schon zu wenig Schlaf bis zu seinem Drehtermin. Joels Dank hatte genauso gut Zeit bis morgen früh. Oder bis zum Abend.
» Was Mr. Dowling arrangiert hat, ist sehr groÃzügig. Und selbstverständlich sagt mir alles zu«, wandte er sich an den Angestellten hinter dem Empfang. » Und Mr. Dowling hat recht. Wenn meine Klienten wüssten, dass ich schon einen Tag früher nach Bonn gekommen bin, bliebe mir kaum Gelegenheit, Ihre schöne Stadt zu genieÃen.«
» Wir werden dafür sorgen, dass Sie ungestört bleiben, Sir. Herr Dowling ist ein sehr zuvorkommender Mann und natürlich sehr groÃzügig. Ihr Gepäck ist noch drauÃen im Taxi?«
» Nein, deshalb komme ich ja so spät. Es ist in Hamburg in die falsche Maschine geraten und wird erst morgen früh eintreffen. Zumindest hat man mir das am Flughafen gesagt.«
» Ach, wie unangenehmâ
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