Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
da
gestorben?«
    »Es war ihr Palankin, Mr. Clavain. Sie saß darin, als
ich sie tötete.«
    »Sie haben sie getötet?«
    H schob die kleine Klappe wieder zu. »Ich verwendete ein
Verfahren, das von den Berufskillern im Baldachin speziell
für die Ermordung von Hermetikern entwickelt worden war. Sie
nannten es den ›Krabbenfänger‹. Dabei wird an der
Seitenwand des Palankins ein Gerät befestigt, das sich durch die
Panzerung bohrt, ohne dass der Kasten in irgendeiner Weise undicht
würde. Im Innern eines Palankins lauern nämlich manchmal
sehr unerfreuliche Überraschungen, besonders wenn der Insasse
befürchten muss, zum Opfer eines Attentatsversuchs zu werden.
Subjektspezifisches Nervengas und dergleichen.«
    »Weiter«, drängte Clavain.
    »Wenn der Krabbenfänger innen angekommen ist,
schießt er ein Projektil ab. Die Detonation ist so bemessen,
dass jeder Organismus im Innern getötet wird, aber das Fenster
oder andere Schwachstellen unbeschädigt bleiben. Wir setzten auf
Sky’s Edge ähnliche Geschosse gegen Panzerbesatzungen ein,
deshalb war mir das Prinzip nicht ganz unbekannt.«
    »Aber wenn der Krabbenfänger funktionierte«, sagte
Clavain, »dürfte da drin jetzt keine Leiche mehr
sitzen.«
    »Ganz recht, Mr. Clavain. Und ich kenne mich mit den Dingern
aus – ich weiß, wie es aussieht, nachdem sie ihre Funktion
tatsächlich erfüllt haben.«
    »Aber Sie haben sie doch getötet.«
    »Ich weiß nicht genau, was ich ihr angetan habe. Ich
konnte den Palankin erst mehrere Stunden später untersuchen,
denn vorher mussten wir uns noch mit den Verbündeten der
Mademoiselle herumschlagen. Als ich endlich durch das Fenster
schaute, erwartete ich, auf dem Glas nur die übliche rote
Schmiere zu sehen. Aber ihr Körper war nahezu intakt. Sie war
verletzt, sie hatte deutlich sichtbare Wunden, die normalerweise
tödlich gewesen wären, aber sie schlossen sich in den
nächsten Stunden vor meinen Augen. Auch die Kleider – alle
Schäden behoben sich von selbst. Und seither hat sie sich nicht
mehr verändert. Seit über dreißig Jahren, Mr.
Clavain.«
    »Das kann nicht sein.«
    »Haben Sie bemerkt, dass ihr Körper aussieht, als liege
er in leicht bewegtem Wasser? Haben Sie gesehen, wie er flimmert, wie
sich die Umrisse verzerren? Das ist keine optische Täuschung.
Irgendetwas befindet sich mit ihr in diesem Kasten. Wie viel von dem,
was wir sehen, überhaupt jemals menschlich war, weiß ich
nicht.«
    »Das klingt ja so, als wäre sie ein Alien.«
    »Sie hatte etwas Fremdes an sich. Aber ich möchte
darüber nicht weiter spekulieren.«
    Damit verließ H den Raum. Clavain warf noch einen Blick auf
den Palankin, und ein Frösteln überlief ihn. H bewahrte die
Leiche offensichtlich nur deshalb hier auf, weil er nicht wusste, was
er sonst damit anfangen sollte. Sie konnte nicht zerstört
werden, und wenn sie in andere Hände fiel, wurde sie
womöglich gar zur Gefahr. So war das Gebäude, das sie einst
bewohnt hatte, für sie zum Grabmal geworden.
    »Eine Frage noch…«, begann Clavain.
    »Ja?«
    »Warum haben Sie diese Frau getötet?«
    H schloss die Tür hinter ihnen. Clavain atmete erleichtert
auf und hatte deutlich das Gefühl, dass die Besuche bei der
Mademoiselle auch für H kein reines Vergnügen waren.
    »Ich tötete sie aus einem ganz einfachen und
naheliegenden Grund, Clavain. Sie hatte etwas, das ich haben
wollte.«
    »Und was war das?«
    »Das weiß ich nicht genau. Aber ich glaube, es war
dasselbe, worauf auch Skade es abgesehen hatte.«

 
Kapitel 22

     
     
    Xavier arbeitete am Rumpf der Sturmvogel, als die zwei
sonderbaren Besucher in der Werkstatt erschienen. Er sah kurz nach
den Affen, und nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie ein paar
Minuten auch alleine zurechtkommen würden, überlegte er,
wem Antoinette wohl jetzt wieder auf die Füße getreten
sein mochte. Wie ihr Vater wusste sie ziemlich gut zu unterscheiden,
mit wem sie sich anlegen konnte und mit wem nicht. Dank dieser
Fähigkeit war Jim Bax im Geschäft geblieben.
    »Mr. Gregor Consodine?«, fragte der Mann, der im
Warteraum saß, und stand auf.
    »Ich bin nicht Gregor Consodine.«
    »Es tut mir Leid. Ich dachte, dies wäre…«
    »Schon richtig. Ich vertrete ihn nur, er ist für ein
paar Tage in Vancouver. Ich bin Xavier Liu.« Er strahlte
den Fremden an. »Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Wir hätten gern mit Antoinette Bax gesprochen«,
sagte der Mann.
    »Tatsächlich?«
    »Es ist ziemlich dringend. So viel ich

Weitere Kostenlose Bücher