Die Arche
langsam ins All zurückkehren. Abgesehen von der
Tarnwirkung der darüber liegenden Luftmassen – und die war
abhängig von der Qualität der Sensoren, die das
Verfolgerschiff an Bord hatte, und davon, wie weit die Satelliten
oder Drohnen im planetennahen Orbit sehen konnten – bestand der
einzige Vorteil eines solchen Gleitflugs darin, dass man dabei seine
Treibstoffreserven auffüllen konnte.
In den ersten Kriegsjahren hatten beide Seiten hauptsächlich
Antimaterie als Energiequelle verwendet. Die Synthetiker hatten in
ihren getarnten Produktionsanlagen am Rande des Systems immer noch
die Möglichkeit, Antimaterie für militärische Zwecke
in ausreichenden Mengen zu produzieren und zu lagern. Und selbst wenn
dem nicht so wäre, konnten sie, wie jedermann wusste, auf noch
ergiebigere Vorkommen zugreifen. Die Demarchisten dagegen konnten
seit mehr als zehn Jahren nicht mehr mit Antimaterie arbeiten. Sie
waren zur Fusionsenergie zurückgekehrt, und dafür brauchten
sie Wasserstoff.
Der wurde im Idealfall aus den Ozeanen im Innern der Gasriesen
gewonnen, wo er so stark verdichtet war, dass er sich im
Metallzustand befand. Der Schiffsführer öffnete die
Treibstoffsammler seines Schiffes, saugte Wasserstoff aus der
Atmosphäre an und verdichtete ihn, oder er wagte gar einen
Sprung in das ›nur‹ flüssige Wasserstoffmeer über
dem metallischen Wasserstoff, der den kleinen Felskern des Gasriesen
umgab. Mit einem Schiff, das bereits im Kampf beschädigt worden
war, hätte das allerdings an Verwegenheit gegrenzt.
Wahrscheinlich wollte der Schiffsführer ohne die Sammler
auskommen und hoffte stattdessen auf ein Rendezvous mit einem der
Walhirn-Tanker, die ewig durch die Atmosphäre kreisten und ihre
Klagelieder von Turbulenzen und Kohlenwasserstoffchemie ertönen
ließen. Ein solcher Tanker konnte dem Schiff metallischen
Wasserstoff injizieren, der bereits zu Schrotkugeln geformt war und
sich nicht nur als Treibstoff, sondern auch für Sprengköpfe
verwenden ließ.
Ein Flug in die Atmosphäre war also tatsächlich ein
Glücksspiel, allerdings hatten sich solche
Verzweiflungsmanöver schon so oft ausgezahlt, dass man sie
immerhin in Erwägung ziehen konnte, bevor man sein Schiff selbst
zerstörte.
Skade verfasste einen Gedanken und schickte ihn in die Köpfe
ihrer Begleiter. Ich bewundere die Entschlossenheit des
Schiffsführers. Auch wenn sie ihm nichts nützen
wird.
Clavain antwortete sofort. [Es handelt sich um eine Sie,
Skade. Wir haben ihr Signal aufgefangen, als sie eine Laserbotschaft
an ein anderes Schiff schickte; sie durchflog gerade den Rand eines
Schuttrings, und dort gab es so viel Staub, dass ein winziger
Bruchteil des Laserlichts in unsere Richtung gestreut wurde.]
Und wer ist der Eindringling?
Diesmal antwortete Remontoire: [Nachdem wir seine
Abgassignatur angepeilt hatten, vermuteten wir, dass es sich um einen
Frachter handelte. Dies hat sich bestätigt, und inzwischen
wissen wir auch ein wenig mehr über ihn.]
Remontoire bot ihr ebenfalls eine Verbindung an, und sie
akzeptierte.
Das Bild des Frachters entstand vor ihrem geistigen Auge,
zunächst verschwommen, dann zunehmend schärfer und mit
immer mehr Details, wie eine Skizze, die Stück für
Stück vervollständigt wurde. Der Frachter war nur halb so
groß wie die Nachtschatten, ein typischer
Interplanetartransporter, ein- bis zweihundert Jahre alt, auf jeden
Fall vor der Seuche gebaut. Der Rumpf war von der Grundform her
leicht gerundet; vielleicht war das Schiff einmal für Landungen
auf Yellowstone oder einem der anderen Himmelskörper mit
Atmosphäre bestimmt gewesen, aber seither hatte es sich so viele
Ausbuchtungen und Flossen zugelegt, dass es Skade vorkam wie ein
Fisch mit einer seltenen rezessiven Mutation. Rätselhafte
maschinenlesbare Symbole flackerten über die
Außenhülle, da und dort unterbrochen von leeren Feldern,
wo die Rumpfverkleidung ausgebessert worden war.
Remontoire hatte ihre Frage vorweggenommen und beantwortete sie.
[Das Schiff heißt Sturmvogel, ein Frachter aus dem Karussell New Copenhagen im Rostgürtel. Pilot und
Eigner ist eine gewisse Antoinette Bax, allerdings beides erst seit
einem Monat. Der frühere Eigner hieß James Bax und ist
vermutlich ein Verwandter. Wir wissen nicht, was aus ihm geworden
ist. Aus den Unterlagen geht jedoch hervor, dass sich die Sturmvogel schon lange vor dem Krieg, vielleicht schon vor der
Seuche im Besitz der Familie Bax befand. Diese Familie lebt offenbar
von der üblichen
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