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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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bedeuten. Vielleicht war
sie ins Kreuzfeuer geraten, und Xavier war der Einzige, der von ihrem
Tod wusste. Oder man wusste zwar davon, wollte aber nicht
breittreten, dass ein Zivilschiff sich so tief in einen Umstrittenen Abschnitt verirrt hatte.
    Als aus Tagen Wochen wurden, ohne dass sie sich gemeldet
hätte, zwang er sich, ihren Tod als Tatsache zu akzeptieren. Sie
hatte mitten im Krieg eine mutige, wenn auch sinnlose Tat vollbracht
und war ehrenvoll gestorben. Sie hatte ihren Idealen nicht zynisch
entsagt. Er war stolz darauf, sie gekannt zu haben, und haderte doch
insgeheim damit, dass er sie niemals wiedersehen würde.
    »Ich möchte noch einmal anfragen. Haben Sie den
Fehler…«
    Xavier tippte eine Befehlssequenz in seinen Ärmel und
unterbrach damit die Verbindung zur Unterpersönlichkeit. Soll
das Drecksding doch eine Weile schmoren, dachte er.
    Wieder warf er einen Blick auf die Uhr. Noch vier Stunden und
fünfundfünfzig Minuten, und er war dem Problem noch immer
nicht näher gekommen. Ganz im Gegenteil sogar, denn ein oder
zwei Ansätze, die vor wenigen Minuten noch recht
vielversprechend ausgesehen hatten, hatten sich eindeutig als
Sackgassen erwiesen.
    »Zur Hölle mit dem verdammten…«
    An seinem Ärmel blinkte ein grünes Licht auf.
Gereiztheit und gelinde Panik trübten Xaviers Blick. Wäre
es nicht ein Witz, dachte er, wenn die Werkstatt pleite ginge, obwohl
er zurückgeblieben war…
    Der Ärmel meldete einen Notruf von außerhalb des
Karussells New Copenhagen. Das Signal komme genau in diesem
Moment herein und würde über das öffentliche
Kommunikationsnetz des Karussells in die Werkstatt weitergeleitet. Es
sei nur eine Sprachbotschaft, und er habe keine Möglichkeit, in
Echtzeit zu antworten, denn der unbekannte Sender sei zu weit
entfernt. Das hieß im Klartext, die Nachricht kam von weit
jenseits des Rostgürtels. Xavier gab Anweisung, sie auf
seinen Helm zu legen und zum Anfang zurückzuspulen.
    »Xavier… ich hoffe, du kannst mich empfangen. Ich hoffe
auch, die Werkstatt hat nicht dicht gemacht, und du hast in letzter
Zeit nicht zu viele Leute um einen Gefallen gebeten. Denn ich werde
dich gleich bitten müssen, noch sehr viel mehr alte Schulden
einzutreiben.«
    »Antoinette«, sagte er laut und grinste
unwillkürlich wie ein Idiot.
    »Du brauchst nicht mehr zu wissen, als was ich dir jetzt
sage. Den Rest kann ich dir später persönlich
erzählen. Ich bin auf dem Rückweg, aber ich habe zu viel
Delta V und schaffe den Rostgürtel nicht. Du musst einen
Bergungsschlepper auf mein Tempo bringen, es ist verdammt eilig.
Haben die drüben im Lazio-Dock nicht zwei Taurus IV? Einer von
denen käme mit der Sturmvogel leicht klar. Die sind uns
für die Tour nach Dax-Autrichiem vergangenes Jahr auf jeden Fall
noch etwas schuldig.«
    Sie gab ihm ihre Koordinaten und einen Vektor und ermahnte ihn,
sich in dem betreffenden Sektor vor Phantomen zu hüten.
Antoinette hatte Recht: sie war wirklich sehr schnell. Xavier
hätte gern gewusst, was passiert war, aber das würde er
noch früh genug erfahren. Die Zeit war wirklich knapp. Sie hatte
bis zur letzten Minute gewartet, um die Botschaft abzusetzen, und
damit blieb ihm nur ein schmales Fenster, um das Geschäft mit
dem Taurus IV perfekt zu machen. Höchstenfalls ein halber Tag,
sonst erreichte der Schlepper sie nicht mehr. Danach wäre das
Problem zehn Mal schwieriger zu lösen, und Xavier müsste
sehr viel mehr Gefälligkeiten einfordern, als ihm überhaupt
zustanden.
    Die Dame lebte gern gefährlich.
    Er wandte sich wieder dem Frachter zu. Dem Fehler im
Navigationssystem war er zwar noch immer nicht näher gekommen,
aber das lastete ihm jetzt nicht mehr so schwer auf der Seele.
    Er tippte in seinen Ärmel den Befehl ein, der die Verbindung
mit der Unterpersönlichkeit wieder herstellte. Prompt hatte er
ihre keifende Stimme im Ohr, so als hätte sie ununterbrochen
weitergeredet, obwohl er nicht mehr zuhörte. »… Fehler
schon gefunden? Ich möchte Sie aufs Eindringlichste
beschwören, die Reparatur zum zugesagten Termin
abzuschließen. Sollten Sie sich nicht an Ihre eigenen Vorgaben
halten, so würde eine Konventionalstrafe von nicht mehr als
sechzigtausend beziehungsweise nicht mehr als hundertzwanzigtausend
Ferris-Einheiten fällig, wenn der Vertragsbruch…«
    Wieder unterbrach Xavier die Verbindung. Die Stille war eine
Wohltat.
    Rasch kletterte er vom Rumpf und steuerte mit einem kleinen Sprung
eine der Richtbänke an der Wand an. Er landete

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