Die Arena
zwanzig. Das sind Angela McCain und Dodee Sanders.«
»Dorothy«, sagte Linda von der anderen Seite des Arbeitstischs aus. »Ihr Name ist ... war ... Dorothy.«
»Verbesserung: Dorothy Sanders. Die dritte Frau ist Mitte fünfzig, Anfang sechzig. Das ist Brenda Perkins. Der Mann ist ungefähr vierzig. Er ist Reverend Coggins. Fürs Protokoll: Ich kann alle diese Personen identifizieren.«
Er winkte seine Frau heran und zeigte auf die Toten. Linda betrachtete sie mit Tränen in den Augen. Dann zog sie ihre Gesichtsmaske lange genug herunter, um zu sagen: »Ich bin Linda Everett vom Chester's Mill Police Department. Meine Plakettennummer ist sieben-sieben-fünf. Auch ich erkenne diese vier Personen.« Sie zog die Maske wieder hoch. Die Augen darüber flehten ihn an, sich zu beeilen.
Rusty entließ sie mit einer Handbewegung. Das Ganze war ohnehin eine Farce. Darüber war Linda sich vermutlich ebenso im Klaren wie er selbst. Trotzdem fühlte er sich nicht deprimiert. Er hatte schon als kleiner Junge Arzt werden wollen und hätte bestimmt Medizin studiert, wenn er sich nicht um seine Eltern hätte kümmern müssen, und was ihn im Biologieunterricht der zehnten Klasse dazu gebracht hatte, Frösche und Rinderaugen zu sezieren, war genau das gewesen, was ihn jetzt antrieb: schlichte Neugier. Wissensdurst. Und er würde es erfahren. Vielleicht nicht alles, aber doch einige Dinge.
Hier ist der Ort, wo die Toten den Lebenden helfen. Hat Linda das gesagt?
Unwichtig. Rusty war davon überzeugt, dass sie ihm helfen würden, wenn sie konnten.
»Soweit ich erkennen kann, sind die Leichen nicht kosmetisch verschönt worden, aber alle vier sind einbalsamiert. Ich weiß nicht, ob dieser Vorgang abgeschlossen ist, vermutlich aber nicht, weil die Oberschenkelkanülen noch an Ort und Stelle sind.
Angela und Dodee - Entschuldigung, Dorothy - sind körperlich misshandelt worden und befinden sich in einem Zustand fortgeschrittener Verwesung. Auch Coggins ist anscheinend schwer misshandelt worden, aber bei ihm ist die Fäulnis weniger weit fortgeschritten; die Muskeln von Gesicht und Armen beginnen erst schlaff zu werden. Brenda ... Brenda Perkins, meine ich ... « Er verstummte und beugte sich über sie.
»Rusty?«, fragte Linda nervös. »Schatz?«
Er streckte eine behandschuhte Hand aus, überlegte sich die Sache anders, zog den Handschuh aus und umfasste ihre Kehle mit einer Hand. Dann hob er Brendas Kopf hoch und betastete den grotesk großen Klumpen im Genick. Dann ließ er den Kopf wieder sinken und drehte ihren Körper so auf die Seite, dass er Rücken und Gesäß betrachten konnte.
»Mein Gott«, sagte er. »Rusty? Was?«
Zum einen ist sie noch voller Scheiße, dachte er ... aber das gehörte nicht ins Protokoll. Selbst wenn Randolph oder Rennie sich nur die ersten sechzig Sekunden des Tonbands anhörten, bevor sie die Kassette unter ihrem Absatz zermalmten und den Rest verbrannten. Dieses Detail ihrer Schändung würde er nicht erwähnen.
Aber er würde es sich merken. » Was?«
Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen, dann sagte er: »Brenda Perkins hat Leichenflecken an Gesäß und Oberschenkeln, was darauf schließen lässt, dass sie seit mindestens zwölf Stunden tot ist - eher seit vierzehn. Auf beiden Wangen sind Blutergüsse zu sehen, die meiner Überzeugung nach von Händen stammen. Jemand hat ihren Kopf festgehalten, ihn ruckartig nach links gedreht und ihr die Halswirbel Atlas und Axis, Cl und C2, gebrochen. Wahrscheinlich auch das Rückgrat.«
»Oh, Rusty«, sagte Linda jammernd.
Rusty schob erst eines der Lider, dann das andere mit dem Daumen hoch. Er sah, was er zu finden befürchtet hatte.
»Blutergüsse auf den Wangen und sklerale Petechien - Bluteinlagerungen im Weißen der Augen - lassen darauf schließen, dass der Tod nicht augenblicklich eingetreten ist. Sie konnte nicht mehr atmen und ist erstickt. Sie kann bei Bewusstsein gewesen sein oder auch nicht. Wir wollen hoffen, dass sie's nicht war. Mehr kann ich leider nicht feststellen. Die bei den Mädchen Angela und Dorothy - sind am längsten tot. Ihr Verwesungszustand lässt darauf schließen, dass sie an einem warmen Ort gelagert waren.«
Er schaltete den Kassettenrekorder aus.
»Mit anderen Worten sehe ich nichts, was Barbie wirklich entlastet, und gottverdammt nichts, was wir nicht längst gewusst haben.«
»Was ist, wenn seine Hände nicht zu den Abdrücken passen?« »Dafür sind die Spuren zu diffus. Ich komme mir wie ein
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