Die Arena
nirgends sehen. Vielleicht war Tony mit Pete ins Krankenhaus gefahren, damit er eine Brandsalbe für seinen Arm bekam. Dass keiner der beiden schwerer verletzt war, grenzte an ein Wunder. Und hätte sie Horace nicht mitgenommen, als sie hinausgefahren war, um sich mit Cox zu treffen, wäre ihr Hund mit allem anderen verbrannt.
Bei diesem Gedanken spürte sie, dass ihre Emotionen doch nicht betäubt waren, sondern sich nur verbargen. Ein Klagelaut - eine Art Totenklage - begann aus ihrer Kehle zu dringen. Horace stellte seine großen Ohren auf und beäugte sie mit ängstlicher Sorge. Sie versuchte aufzuhören, aber das konnte sie nicht.
Die Zeitung ihres Vaters. Die ihres Großvaters. Ihres Urgroßvaters. Asche.
Sie fuhr die West Street entlang, und als sie zu dem verlassenen Parkplatz hinter dem Globe-Kino kam, bog sie dort ein. Sie stellte den Motor ab, zog Horace an sich und weinte fünf Minuten lang an einer muskulösen Fellschulter. Zu seiner Ehre muss gesagt werden, dass Horace das geduldig ertrug.
Als sie ausgeweint hatte, fühlte sie sich besser. Ruhiger. Vielleicht war das die Ruhe nach einem Schock, aber sie konnte wenigstens wieder einigermaßen klar denken. Und woran sie dachte, war das Zeitungsbündel in ihrem Kofferraum. Sie beugte sich an Horace vorbei (der ihr freundschaftlich den Nacken leckte) und öffnete das Handschuhfach. Es war mit Krimskrams vollgestopft, aber sie glaubte, dazwischen könnte irgendwo ... wenn sie Glück hatte ...
Und wie eine Gabe Gottes fand sie, was sie suchte. Eine kleine Plastikschachtel mit Push-Pins, Gummibändern, Heftzwecken und Büroklammern. Gummibänder und Büroklammern waren für ihr Vorhaben nicht zu brauchen, aber die Push-Pins und Heftzwecken ...
»Horace«, sagte sie. »Willst du Gassi gehen?« Horace bellte, er wolle gern Gassi gehen. »Gut«, sagte sie. »Ich auch.«
Sie holte die Zeitungen aus dem Kofferraum, dann ging sie zur Main Street zurück. Das Redaktionsgebäude des Democrat war nur noch ein glühender Trümmerhaufen, auf den die Cops Wasser spritzten (aus diesen ach so zweckdienlichen Handspritzen, dachte sie, alle gefüllt und einsatzbereit). Dieser Anblick tat Julia in der Seele weh - natürlich tat er das -, aber nicht mehr ganz so schlimm, weil sie jetzt etwas zu tun hatte.
Sie ging die Straße entlang, während Horace majestätisch neben ihr herschritt, und schlug an jedem Telefonmast ein Exemplar der letzten Ausgabe des Democrat an. Die Schlagzeile:
AUFRUHR UND MORDE, ALS KRISE SICH VERSCHÄRFT
schien im Feuerschein zu leuchten. Sie wünschte sich jetzt, sie hätte sich auf vier Wörter beschränkt:
NEHMT EUCH IN ACHT!
Sie machte weiter, bis auch das letzte Exemplar hing.
13
Auf der anderen Straßenseite knackte Peter Randolphs Sprechfunkgerät dreimal: klick-klick-klick. Dringend. Ihm graute davor, was er zu hören bekäme, aber er drückte die Sendetaste und meldete sich: »Chief Randolph. Ja?«
Die Stimme gehörte Freddy Denton, der als Wachhabender der Nachtschicht jetzt de facto Stellvertreter des Chiefs war. »Eben ist ein Anruf aus dem Krankenhaus gekommen, Peter. Ein Doppelmord ... «
»WAS?«, rief Randolph erschrocken. Einer der neuen Cops Mickey Wardlaw - glotzte ihn an wie ein mongolischer Bauernlümmel auf seinem ersten Jahrmarkt.
Denton sprach weiter. Seine Stimme klang ruhig oder aufreizend selbstgefällig. Im zweiten Fall konnte er sich auf einiges gefasst machen. » ... und ein Selbstmord. Geschossen hat die junge Frau, die behauptet hat, sie wäre vergewaltigt worden. Die Opfer sind zwei unserer Leute, Chief. Roux und DeLesseps.«
»Sie . .. wolln mich . .. VERARSCHEN!«
»Ich hab Rupe und Mel Searles hingeschickt«, sagte Freddy. »Das Gute ist, dass alles vorbei ist, so müssen wir sie nicht zu Barbie in den Knast ... «
»Sie hätten selbst hinfahren müssen, Fred. Sie sind der Wachhabende.«
»Wer wäre dann hier in der Station?«
Darauf wusste Randolph keine Antwort - dieses Argument war zu clever oder zu dämlich. Jedenfalls würde er zusehen müssen, dass er selbst ins Cathy Russell kam.
Ich will diesen Job nicht mehr. Nein. Mir reicht's.
Aber dafür war's jetzt zu spät. Und mit Big Jims Hilfe würde er zurechtkommen. Darauf musste er sich konzentrieren: Big Jim würde ihm beistehen.
Marty Arsenault tippte ihm auf die Schulter. Randolph hätte beinahe ausgeholt und ihm eine geknallt. Aber das merkte Arsenault gar nicht; er sah über die Straße zu Julia Shumway hinüber, die ihren Hund
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