Die Arena
ich nicht.«
»Doch, du kannst.« Das war Rusty, der in der Tür stand und in einer Turnhose und einem T-Shirt der New England Patriots ziemlich riesig wirkte. »Kinder hin oder her, es wird Zeit, etwas zu riskieren. Wir sind hier auf uns allein gestellt, und diese Sache muss ein Ende haben.«
Linda sah ihn einen Augenblick lang an, biss sich dabei auf die Unterlippe. Dann bückte sie sich und zog eine der unteren Schubladen auf. »Die Tupperware ist hier.«
23
Als sie die Polizeistation betraten, war der Schreibtisch des Wachhabenden unbesetzt - Freddy Denton war nach Hause gefahren, um etwas zu schlafen -, aber gut ein halbes Dutzend der jüngeren Cops saßen herum, tranken Kaffee und unterhielten sich - vor Aufregung high genug, um zu einer Zeit aufzustehen, die lange Zeit nur wenige von ihnen in einem wachen Stadium erlebt hatten. Unter ihnen erkannte Jackie zwei der zahlreichen Brüder Killian, eine Kleinstadt-Bikertussi namens Lauren Conree, die Stammgast im Dipper's war, und Carter Thibodeau. Von den anderen wusste sie die Namen nicht, aber sie erkannte zwei von ihnen als notorische Schulschwänzer aus der Highschool, die auch schon wegen kleiner Drogen- und Verkehrsdelikte mit der Polizei in Konflikt geraten waren. Die neuen »Officers« - die allerneuesten - trugen keine Uniform, sondern um den linken Oberarm gebundene blaue Halstücher.
Bis auf einen waren alle bewaffnet.
»Was macht ihr beiden so früh auf den Beinen?«, fragte Thibodeau, der herübergeschlendert kam. »Ich hab wenigstens einen Grund - mir sind die Schmerztabletten ausgegangen.«
Die anderen lachten wiehernd wie Trolle.
»Will Barbara sein Frühstück bringen«, sagte Jackie. Sie hatte Angst davor, Linda anzusehen, weil sie sich vor Lindas Gesichtsausdruck fürchtete.
Thibodeau sah mit zusammengekniffenen Augen in die Schale. »Keine Milch?«
»Er braucht keine Milch«, sagte Jackie und spuckte in die Schale mit den Cornflakes. »Ich feucht's für ihn an.«
Das wurde mit Jubel quittiert. Einige klatschten.
Jackie und Linda kamen bis zur Kellertreppe, bevor Thibodeau sagte: »Gib mal her.«
Für einen Moment erstarrte Jackie. Sie sah sich, wie sie ihm die Schale ins Gesicht warf, dann die Flucht ergriff Daran hinderte sie eine schlichte Tatsache: Sie konnten nirgendwohin flüchten. Selbst wenn sie aus der Station herauskamen, würden sie geschnappt werden, bevor sie am Kriegerdenkmal vorbei waren.
Linda nahm Jackie die Tupperware-Schale aus den Händen und hielt sie ihm hin. Thibodeau sah hinein. Aber statt den Inhalt auf versteckte Botschaften zu kontrollieren, spuckte er selbst hinein.
»Mein Beitrag«, sagte er.
»Wartet mal, wartet mal«, sagte die junge Conree. Sie war eine langbeinige Rothaarige mit dem Körper eines Models und von Akne verwüsteten Wangen. Ihre Stimme klang etwas undeutlich, weil sie einen Finger tief in ihre Nase gerammt hatte. »Ich hab auch was für ihn.« Ihr Finger kam mit einem großen Klumpen Rotz am Ende zum Vorschein. Ms. Conree streifte ihn auf den Cornflakes ab. Dafür gab es wieder Beifall, und irgendjemand rief: »Laurie gräbt nach dem grünen Gold!«
»Jede Packung Frühstücksflocken soll 'ne Spielzeugüberraschung enthalten«, sagte sie mit dümmlichem Grinsen. Sie ließ ihre Hand auf den Griff des Revolvers Kaliber .45 fallen, den sie trug. So dünn wie sie ist, dachte Jackie, würde der Rückstoß sie glatt umhauen, wenn sie jemals damit schießen müsste.
»Fertig«, sagte Thibodeau. »Kommt, ich leiste euch Gesellschaft.«
»Gut«, sagte Jackie, und wenn sie daran dachte, wie dicht sie davor gewesen war, den Zettel einfach in der Tasche zu tragen und zu versuchen, ihn Barbie heimlich zuzustecken, lief es ihr kalt über den Rücken. Plötzlich erschien ihr das Risiko, das sie eingingen, verrückt ... aber jetzt war es zu spät. »Aber bleiben Sie an der Treppe. Und du hältst dich hinter mir, Linda. Wir gehen kein Risiko ein.«
Sie dachte, er würde vielleicht widersprechen, aber das tat er nicht.
24
Barbie nahm die Füße von der Koje und setzte sich auf. Auf der anderen Seite der Gitterstäbe stand Jackie Wettington mit einer weißen Plastikschale in einer Hand. Hinter ihr hatte Linda Everett ihre Pistole gezogen und hielt sie auf den Boden zielend mit beiden Händen umklammert. Am Fuß der Treppe bildete Carter Thibodeau das letzte Glied der Dreierkette - mit vom Schlaf zerzausten Haaren und aufgeknöpftem blauen Uniformhemd, das den Verband
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