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Die Arena

Titel: Die Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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vorderen Reihen werden von den von hinten Herandrängenden gegen die Kuppel gequetscht; Big Jim sieht breitgedrückte Nasen, Wangen und Lippen, als würden die Menschen an eine Glaswand gedrückt. Er empfindet vorübergehend leichten Schwindel und erkennt den Grund dafür: Es ist das erste Mal, dass er von außen nach innen sieht. Erstmals erkennt er die ganze Ungeheuerlichkeit und Realität der Kuppel. Erstmals hat er ehrlich Angst.
    Dann sind - durch die Kuppel leicht gedämpft - Pistolenschüsse zu hören.
    »Ich glaube, ich höre Schüsse«, sagt Wolf. »Anderson Cooper, haben Sie die Schüsse auch gehört? Was ist da drin los?«
    Coopers Stimme klingt leicht verzerrt, als würde er sich über Satellitentelefon aus dem australischen Outback melden: »Wolf, wir sind noch nicht vor Ort, aber ich habe einen kleinen Monitor, und es sieht so aus, als ... «
    »Ich kann's jetzt auch erkennen«, sagt Wolf. »Offenbar ... « »Das ist Morrison«, sagt Carter. »Der Kerl hat Mumm. Das muss man ihm lassen.«
    »Morgen fliegt er raus«, antwortet Big Jim.
    Carter sieht ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Wegen dem, was er auf der Bürgerversammlung gesagt hat?«
    Big Jim deutet auf ihn. »Ich hab gleich gewusst, dass du ein cleveres Kerlchen bist.«
    An der Kuppel denkt Henry Morrison nicht an die Bürgerversammlung von gestern Abend, an Tapferkeit oder auch nur an seine Pflicht; er denkt, dass Leute in Gefahr sind, an der Barriere zerquetscht zu werden, wenn er nicht schnell etwas unternimmt. Also schießt er in die Luft. Mehrere andere Cops - Todd Wendlestat, Rance Conroy und Joe Boxer - folgen seinem Beispiel.
    Das Gebrüll (und die Schmerzensschreie der vorn Stehenden, die an die Kuppel gequetscht werden) machen schockiertem Schweigen Platz, und Henry benutzt sein Megafon: »VERTEILT EUCH! VERTEILT EUCH, GOTTVERDAMMT NOCHMAL! WENN IHR EUCH ENTLANG DER SCHEISSKUPPEL VERTEILT, IST FÜR ALLE REICHLICH PLATZ!«
    Seine Flüche wirken noch ernüchternder als die Warnschüsse, und obwohl die Hartnäckigen auf der Straße bleiben (Bill und Sarah Allnut ragen ebenso aus ihnen heraus wie Johnny und Carrie Carver), fangen die Leute an, sich entlang der Barriere zu verteilen. Manche wenden sich nach rechts, aber die meisten schlurfen nach links auf Alden Dinsmores Weide, die hindernisfreier ist. Henrietta und Petra, beide nach wiederholter Verkostung der Canada-Dry-Rakete leicht schwankend, gehören zu Letzteren.
    Henry steckt seine Pistole ins Halfter zurück und weist seine Männer an, das Gleiche zu tun. Wendiestat und Conroy gehorchen, aber Joe Boxer behält seine kurzläufige Pistole Kaliber .38, eine Saturday Night Special, wenn Henry jemals eine gesehen hat in der Hand.
    »Nehmen Sie sie mir doch ab«, feixt er, und Henry denkt: Das hier ist alles nur ein Alptraum. Bald werde ich in meinem eigenen Bett aufwachen und aufstehen, ans Fenster treten und in einen wunderschönen klaren Herbstmorgen hinaussehen.
    Viele von denen, die beschlossen haben, nicht zur Kuppel hinauszupilgern (ein beunruhigend großer Prozentsatz dieser Leute ist in der Stadt geblieben, weil sie allmählich Schwierigkeiten mit der Atmung haben), können die Ereignisse im Fernsehen verfolgen. Dreißig bis vierzig Personen haben sich im Dipper's eingefunden. Tommy und Willow Anderson sind an der Kuppel, aber sie haben das Lokal offen und den Großbildfernseher eingeschaltet gelassen. Die auf dem Hartholzparkett des Tanzbodens versammelten Menschen sehen sich die Übertragung schweigend an, obwohl vereinzelt auch geweinr wird. Die HDTV-Bilder sind kristallklar. Und sie sind herzzerreißend.
    Sie sind auch nicht die Einzigen, die der Anblick dieser achthundert Menschen, die entlang der unsichtbaren Barriere aufgereiht sind - manche mit erhobenen Händen, die an Luft zu liegen scheinen -, betroffen macht. Wolf Blitzer sagt: »Ich habe noch nie solche Sehnsucht auf menschlichen Gesichtern gesehen. Ich ... « Seine Stimme stockt. »Ich denke, ich lasse die Bilder erst einmal für sich selbst sprechen.«
    Er verstummt, was nur gut ist. Diese Szene braucht keinen Erzähler.
    Auf seiner Pressekonferenz hat Cox gesagt: Die Besucher steigen aus und gehen zu Fuß zum Dome weiter . .. sie dürfen sich der Kuppel bis auf zwei Meter nähern, das halten wir für eine sichere Entfernung. Die Wirklichkeit sieht natürlich anders aus. Sobald die Bustüren sich öffnen, ergießt sich ein Strom von Menschen, die die Namen ihrer Angehörigen rufen, ins Freie. Einige stürzen

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