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Die Arena

Titel: Die Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Andy an den Oberarmen und sah ihm in die Augen. »Also, Partner«, sagte er. Er nannte Andy immer Partner, wenn die Lage ernst war. »Bist du bereit, zu arbeiten?«
    Andy starrte ihn stumm an.
    Big Jim nickte, als hätte Andy verständlicherweise (angesichts der Umstände) protestiert. »Ich weiß, dass es schwer ist. Nicht fair. Der falsche Zeitpunkt, dich das jetzt zu fragen. Und du hättest jedes Recht dazu - das hättest du weiß Gott -, mir dafür glatt einen Kinnhaken zu verpassen. Aber manchmal müssen wir das Wohl anderer über das eigene stellen, nicht wahr?«
    »Das Wohl der Stadt«, sagte Andy. Erstmals seit er die Nachricht von Claudies Tod erhalten hatte, sah er einen Hoffnungsschimmer.
    Big Jim nickte. Seine Miene war ernst, aber seine Augen blitzten. Andy hatte einen seltsamen Gedanken: Er sieht zehn Jahre jünger aus. »Recht hast du! Wir sind Hüter, Partner. Hüter des Gemeinwohls. Nicht immer leicht, aber niemals unnötig. Ich habe die Wettington losgeschickt, damit sie Andrea aufspürt. Hab ihr gesagt, dass sie Andrea in den Besprechungsraum bringen soll. In Handschellen, wenn's nicht anders geht.« Big Jim lachte. »Sie wird da sein. Und Peter Randolph stellt eine Liste aller verfügbaren städtischen Cops zusammen. Es sind nicht genug. Darum müssen wir uns kümmern, Partner. Wenn diese Situation anhält, wird Autorität entscheidend sein. Also, was sagst du? Kannst du dich für mich aufraffen?«
    Andy nickte. Er glaubte, das könnte ihn von allem hier ablenken. Selbst wenn es das nicht tat, musste er unbedingt hier weg. Der Anblick von Gerties Sarg wurde ihm langsam unheimlich. Auch die stummen Tränen der Witwe des Chiefs waren ihm unheimlich gewesen. Und es würde nicht allzu schwierig sein. Er brauchte eigentlich nur mit am Konferenztisch zu sitzen und die Hand zu heben, wenn Big Jim seine hob. Andrea Grinnell, die nie ganz wach zu sein schien, würde das Gleiche tun. Mussten irgendwelche Notstandsmaßnahmen ergriffen werden, würde Big Jim dafür sorgen, dass das geschah. Big Jim würde sich um alles kümmern.
    »Gehen wir«, anrwortete Andy.
    Big Jim klopfte ihm auf den Rücken, legte einen Arm um Andys schmächtige Schultern und führte ihn aus dem Erinnerungssalon. Es war ein schwerer Arm. Muskulös. Aber er fühlte sich gut an.
    Keinen Augenblick dachte er auch nur an seine Tochter. In seinem Schmerz hatte Andy Sanders sie völlig vergessen.
     
    2
     
    Julia Shumway ging langsam die Commonwealth Street, Heimat der reichsten Leute der Stadt, in Richtung Main Street entlang. Sie war seit zehn Jahren glücklich geschieden und lebte mit Horace, ihrem ältlichen Welsh Corgi, über der Redaktion des Democrat. Sie hatte ihn nach dem großen Mr. Greeley benannt, den ein einziger Ausspruch berühmt gemacht hatte - »Go West, young Man, go West« -, aber dessen wahrer Anspruch auf Ruhm sich nach Julias Meinung auf seine Arbeit als Redakteur gründete. Konnte Julia auch nur halb so gute Arbeit leisten wie Greeley bei der New York Tribune, würde sie sich als erfolgreich betrachten.
    Natürlich hielt ihr Horace sie immer für erfolgreich, was ihn in Julias Augen zum nettesten Hund der Welt machte. Sie würde mit ihm Gassi gehen, sobald sie nach Hause kam, und ihn dann noch mehr für sich einnehmen, indem sie ein paar Stücke von ihrem gestrigen Steak unter sein Trockenfutter mischte. Dann würden sie sich beide gut fühlen, und sie wollte sich gut fühlen durch was auch immer -, denn sie war beunruhigt.
    Das war für sie keine neue Gemütsverfassung. Ihre dreiundvierzig Jahre hatte sie ausschließlich in The Mill verbracht, und im letzten Jahrzehnt hatte ihr immer weniger gefallen, was sie in ihrer Heimatstadt gesehen hatte. Sie machte sich Sorgen wegen des unerklärlichen Verfalls der städtischen Kanalisation samt Kläranlage - trotz aller Gelder, die in sie hineingepumpt worden waren; sie machte sich Sorgen wegen der bevorstehenden Schließung von Cloud Top, dem Wintersportgebiet der Stadt; sie machte sich Sorgen, ob James Rennie sogar noch mehr aus der Stadtkasse klaute, als sie vermutete (und sie vermutete, dass er seit Jahrzehnten große Summen daraus gestohlen hatte). Und sie machte sich natürlich Sorgen wegen dieser neuen Sache, die ihr fast zu groß erschien, um begreifbar zu sein. Immer wenn sie versuchte, sie gedanklich zu erfassen, konzentrierte ihr Verstand sich auf einen Aspekt, der klein, aber konkret war: zum Beispiel, dass es immer schwieriger wurde, von ihrem Handy aus jemanden

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