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Die Arena

Titel: Die Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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den Verstand ihres Vaters geerbt hatte. Aber Angie war ihre Freundin, und wenn es je eine Freundin in Not gegeben hatte, die eine Freundin der Tat brauchte, dann war es Dodee Sanders in dieser Nacht.
    »Ich könnte Sie begleiten ... « Obwohl sie das nicht wollte.
    Und genau das würde das Mädchen vermutlich selbst in ihrem gegenwärtigen Zustand frischer Trauer bemerken.
    »Nein. Es sind nur ein paar Straßen.«
    »Nun ... «
    »Ms. Shumway, wissen Sie das bestimmt? Wissen Sie sicher, dass meine Mutter ... ?«
    Julia hatte sehr widerstrebend genickt. Die Bestätigung für das Kennzeichen des Flugzeugs hatte sie von Ernie Calvert bekommen. Und sie hatte noch etwas anderes von ihm erhalten: einen Gegenstand, den eigentlich die Polizei hätte bekommen müssen. Hätte Ernie nicht die bestürzende Nachricht mitgebracht, dass Duke Perkins tot war und dieser unfähige, verschlagene Randolph sein Nachfolger, hätte Julia wahrscheinlich darauf bestanden, dass er ihn dort ablieferte.
    Was Ernie ihr übergeben hatte, war Claudettes mit Blut befleckter Führerschein. Er hatte in Julias Tasche gesteckt, als sie auf dem Podest vor der Tür des Hauses Sanders stand, und war in ihrer Tasche geblieben. Sie würde ihn Andy oder diesem blassen Mädchen mit den wild zerzausten Haaren zur rechten Zeit zurückgeben ... aber jetzt war nicht der richtige Augenblick.
    »Ich danke Ihnen«, hatte Dodee in traurig förmlichem Tonfall gesagt. »Gehen Sie jetzt bitte. Ich will nicht gemein sein, aber ... « Sie brachte diesen Satz nicht zu Ende, schloss nur vorher die Haustür.
    Und was hatte Julia Shumway gemacht? Sich dem Befehl einer tief bekümmerten Zwanzigjährigen gebeugt, die vielleicht zu bekifft war, um selbstverantwortlich handeln zu können. Aber heute Abend gingen andere Verpflichtungen vor, so schwer ihr das auch fiel. Zum Beispiel Horace. Und die Zeitung. Die Leute spotteten vielleicht über Pete Freemans körnige Schwarzweißfotos und die ausführliche Berichterstattung des Democrat über solch lokale Festivitäten wie den Enchanted Night-Ball der Mill Middle School; sie behaupteten vielleicht, die Zeitung tauge nur dazu, Katzenklos auszulegen - aber sie brauchten sie, vor allem wenn etwas Schlimmes passiert war. Julia war entschlossen, dafür zu sorgen, dass sie morgen den Democrat bekamen, selbst wenn das bedeutete, dass sie die ganze Nacht durcharbeiten musste. Was sie vermutlich würde tun müssen, weil ihre beiden ständigen Reporter übers Wochenende verreist waren.
    Julia merkte, dass sie sich tatsächlich auf diese Herausforderung freute, und Dodee Sanders' kummervolle Miene begann aus ihrem Bewusstsein zu schwinden.
     
    3
     
    Horace sah sie vorwurfsvoll an, als sie hereinkam, aber es gab keine feuchten Flecken auf dem Teppich und kein braunes Häufchen unter dem Stuhl in der Diele - ein magischer Ort, von dem er zu glauben schien, er wäre für menschliche Augen unsichtbar. Sie hakte seine Leine ein, ging mit ihm hinunter und wartete geduldig, während er leicht schwankend in seinen liebsten Rinnstein pisste; Horace war fünfzehn, ziemlich alt für einen Corgi. Sie starrte derweil die weiße Lichtblase am südlichen Horizont an, die ihr wie etwas aus einem Science-Fiction-Film von Steven Spielberg vorkam. Sie war größer denn je, und Julia konnte das leise, aber stetige Wup-wup-wup von Hubschraubern hören. Einen sah sie sogar als Silhouette vor dem gleißend hellen Lichtbogen vorbeirasen. Wie viele Christing-Scheinwerfer hatten sie überhaupt dort draußen aufgestellt? Als ob North Motton sich in eine Landezone im Irak verwandelt hätte.
    Horace bewegte sich jetzt langsam im Kreis, um den perfekten Ort zu erschnüffeln, an dem sich das heutige Entleerungsritual abschließen ließ, wobei er den Poop Walk, den stets beliebten Hundetanz, aufführte. Julia nutzte die Gelegenheit, um nochmals ihr Handy auszuprobieren. Wie schon allzu oft an diesem Abend hörte sie die normale Folge von Pieptönen ... und dann nichts als Schweigen.
    Ich werde die Zeitung fotokopieren müssen. Das bedeutet eine Auflage von höchstens siebenhundertfünfzig Exemplaren.
    Der Democrat wurde seit zwanzig Jahren nicht mehr selbst gedruckt. Bis 2002 hatte Julia die fertige Wochenausgabe zur Druckerei View Printing in Castle Rock gebracht, und jetzt brauchte sie nicht einmal mehr das zu tun. Sie mailte die Seiten am Dienstagabend, und View Printing lieferte ihr die sauber in Folie verpackten Zeitungen am nächsten Morgen vor sieben Uhr. Julia, die

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