Die Arena
Krisenzeiten wichtig - der Trost des Gebets, die Kraft des Gebets -, aber es sei auch wichtig, einander zu helfen, aufeinander zu vertrauen und einander zu lieben.
»Gott stellt uns mit Dingen auf die Probe, die wir nicht verstehen«, sagte sie. »Manchmal durch eine Krankheit. Manchmal durch den plötzlichen Tod eines geliebten Menschen.« Sie sah mitfühlend zu Brenda Perkins hinüber, die mit gesenktem Kopf dasaß und ihre Hände im Schoß ihres schwarzen Kleides gefaltet hielt. »Und diesmal durch diese unerklärliche Barriere, die uns von der Außenwelt abgeschnitten hat. Wir verstehen sie nicht, aber wir verstehen auch die Krankheit, die Schmerzen oder den unerwarteten Tod guter Menschen nicht. Wir fragen Gott nach dem Grund dafür und lesen im Alten Testament die Antwort, die er Hiob gegeben hat: >Warst du dabei, als ich die Welt erschaffen habe?< Im Neuen - und aufgeklärteren - Testament steht die Antwort, die Jesus seinen Jüngern gab: >Liebet einander, wie ich euch geliebt habe.< Das ist es, was wir heute und an allen folgenden Tagen tun müssen, bis diese Krise vorüber ist: Einander lieben. Einander helfen. Und darauf warten, dass Gottes Prüfung endet, wie es Gottes Prüfungen stets tun.«
Lester Coggins' Predigttext stammte aus dem vierten Buch Mose (einem nicht für Optimismus bekannten Teil des Alten Testaments). So werdet ihr euch an dem Herrn versündigen und werdet eurer Sünde innewerden, wenn sie euch finden wird
Wie Piper erwähnte Lester die Vorstellung einer göttlichen Prüfung - ein kirchlicher Hit bei jedem großen Kuddelmuddel der Geschichte -, aber sein Hauptthema betraf die Ansteckung mit Sünde und den Umgang Gottes mit solchen Infektionen -, anscheinend indem er sie mit seinen Fingern zusammendrückte, wie ein Mann einen lästigen Pickel ausdrücken würde, bis der Eiter herausspritzte wie heilige Zahnpasta.
Und weil er selbst im klaren Licht eines schönen Oktobersonntags noch immer mehr als halb davon überzeugt war, die Sünde, für die The Mill büßen musste, sei seine eigene, war Lester besonders beredt. In vielen Augen standen Tränen, und »Ja, Herr!« Rufe hallten von einer Amen-Ecke zur anderen. Solchermaßen inspiriert, hatte Lester manchmal großartige neue Ideen, noch während er predigte. Eine hatte er an diesem Tag, und er verkündete sie sofort, ohne auch nur darüber nachzudenken. Sie erforderte kein Nachdenken. Manche Dinge waren einfach zu hell, zu leuchtend, um nicht richtig zu sein.
»Heute Nachmittag gehe ich dort hinaus, wo die Route 119 auf Gottes rätselhafte Barriere trifft«, sagte er.
»Ja, Jesus!«, rief eine weinende Frau. Andere klatschten oder hoben zum Zeugnis die Hände.
»Ich denke an zwei Uhr. Ich werde dort draußen auf dieser Weide niederknien, gewisslich wahr, und zu Gott beten, auf dass er diese Heimsuchung von uns nimmt.«
Diesmal waren die Rufe wie Ja, Herr und Ja, Jesus und Gottes Wille geschehe noch lauter.
»Aber zuvor ... « Lester hob die Hand, mit der er mitten in der Nacht seinen bloßen Rücken gegeißelt hatte. »Zuvor werde ich zu Gott wegen der SÜNDE beten, die diese SCHMERZEN und diesen KUMMER und dieses LEID bewirkt hat. Bin ich allein, wird Gott mich vielleicht nicht hören. Bin ich mit zweien oder dreien oder sogar fünfen zusammen, hört Gott mich vielleicht NOCH IMMER nicht, könnt ihr Amen sagen?«
Das konnten sie. Das taten sie. Alle hatten jetzt ihre Hände erhoben, schwankten erfasst von diesem Guter-Gott-Fieber von einer Seite zur anderen.
»Aber wenn IHR ALLE hinauskommen würdet ... wenn wir dort draußen in Gottes Gras, unter Gottes blauem Himmel in einem Kreis beten würden ... in Sichtweite der Soldaten, die angeblich das Werk von Gottes gerechter Hand bewachen ... wenn IHR ALLE hinauskommen würdet, wenn WIR ALLE gemeinsam beten würden, könnten wir dieser Sünde vielleicht auf den Grund gehen, sie ans Tageslicht zerren, damit sie eingeht, und ein allmächtiges Wunder bewirken. WERDET IHR KOMMEN? WERDET IHR GOTTWÄRTS MIT MIR AUF DEN KNIEN LIEGEN?«
Natürlich würden sie kommen. Natürlich würden sie gottwärts auf den Knien liegen. Eine echte Gebetsversammlung gefällt den Leuten in guten wie in schlechten Zeiten. Und als die Band »Whate' er My God Ordains Is Right« anstimmte (in G-Dur, Lester an der Leadgitarre), sangen sie begeistert mit, als wollten sie die Mauern zum Einsturz bringen.
Jim Rennie war natürlich auch da; es war Big Jim, der die Mitfahrgelegenheiten
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