Die Ares Entscheidung
klingelte das Telefon in seiner Brusttasche, und er holte tief Luft, ehe er den Anruf entgegennahm.
»Ja, Exzellenz?«
Die Stimme von Ayatollah Khamenei, dem obersten Führer des Landes, verriet eine Spur von Panik, was Omidis Zorn aufs Neue entfachte. Khamenei war ein großer Mann, der von Gott auserwählt war, um die Islamische Republik anzuführen. Und diese Leute verspotteten ihn mit ihrem lächerlichen Protest.
»Warum handelst du nicht, Mehrak? Dieser Mob hat unsere Männer angegriffen, sie haben die Reihen durchbrochen. Es ist deine Pflicht, sie aufzuhalten.«
»Ja, Exzellenz. Ich verstehe. Aber unsere Pol…«
»Sie wollen uns vernichten – unsere Republik durch eine Regierung ersetzen, die auf westlicher Sünde und Korruption begründet ist – und du siehst zu und tust nichts! Wir müssen diesen Leuten zeigen, dass die Gläubigen bis zum Tod kämpfen werden, um diese Gotteslästerung zurückzudrängen!«
Seit der Wiederwahl des Präsidenten war die Unzufriedenheit gewachsen. Er selbst war gegen die Art und Weise gewesen, wie die Regierung das Wahlergebnis präsentierte, doch er hatte sich nicht durchsetzen können. Seiner Ansicht nach sollte das Ergebnis nah genug an der Wahrheit sein, um legitim zu wirken, doch Khamenei sah es anders. Er wollte nicht den kleinsten Zweifel daran aufkommen lassen, dass seine Regierung die überwältigende Unterstützung des Volkes genoss.
Das Chaos, das in der Folge ausbrach, hätte sich vermeiden lassen; erst in dieser Situation konnte jemand wie Farrokh
groß werden – ein junger Teufel, der genau wusste, wie man die modernen Technologien für seine Zwecke nutzte, und der die gefährliche Fähigkeit besaß, die Jugend zu verderben und seine subversiven Ideen zu verbreiten.
Bisher war es ihnen nicht gelungen, ihn zu finden. Ja, bis vor Kurzem waren sie nicht einmal sicher gewesen, dass es ihn wirklich gab. Vor einem Monat schnappten sie zufällig eine unverschlüsselte E-Mail einer jungen Frau auf, die zum engeren Kreis von Farrokhs Mitarbeitern gehörte, die ihn persönlich kannte und viel über sein Netzwerk wusste.
Es hatte einiger Überzeugungsarbeit bedurft, bei der mehrere ihrer Angehörigen vor ihren Augen getötet wurden, ehe sie schließlich alles erzählte.
»Gib den Befehl, in die Menge zu schießen«, beharrte Khamenei.
»Nichts würde mir mehr Freude bereiten, als diese Feiglinge sterben zu sehen«, antwortete Omidi. »Ihr Widerstand ist eine Beleidigung Gottes. Aber eine Eskalation zum jetzigen Zeitpunkt wäre kontraproduktiv.«
»Warum? Willst du es vielleicht deshalb nicht tun, weil uns die Welt beobachtet? Welche Welt? Amerika? Die Juden? Du tust jetzt, was ich dir sage!«
Omidi seufzte leise. Er hatte es ihm immer wieder erklärt, aber der alte heilige Mann konnte einfach nicht verstehen, dass sie diese Proteste nutzten, um sich von Farrokhs Kommunikation zu ihm führen zu lassen. Wenn sie die Menge zerstreuten, würden sie die Ratte in ihr Loch zurückscheuchen.
»Exzellenz, bitte …«
Die Hecktür des Vans wurde plötzlich aufgerissen, und sein Leutnant, dem er von allen am meisten vertraute, stand im Licht der Nachmittagssonne vor ihm. Omidi lächelte
und sprach ein stilles Dankgebet. »Wir haben ihn, Exzellenz.«
Mehrak Omidi betrachtete das stattliche Haus auf dem bewaldeten Hügel und richtete sein Fernglas zuerst auf eine Satellitenschüssel, die aus dem Dach ragte, dann auf die Bögen und Säulen, die so anmutig französische mit persischer Architektur verbanden.
Er war zwischen den Bäumen verborgen, nur wenige Meter vom Straßenrand entfernt, und lauschte über seinen Ohrhörer den Stimmen seiner Männer, die rund um das Haus in Position gingen. Er hatte gehofft, dass Farrokh sich im Stadtzentrum aufhalten würde, was es ihm leichter gemacht hätte, unbemerkt zuzuschlagen. Die Vorbereitung der Operation war nun zwar etwas aufwendiger, dafür hatte sein Opfer weniger Möglichkeiten, zu entwischen. Alle Straßen waren abgesperrt, Hubschrauber überwachten die Luft, und der Verkehr wurde umgeleitet. In Teheran hätte Farrokh vielleicht im allgemeinen Chaos untertauchen können. Hier war er allein und relativ schutzlos.
Als die dreißig Mann, die die Operation durchführten, in Position waren, sprintete Omidi los, zwischen den Bäumen und Büschen hindurch den Hügel hinauf. Er hörte die viel jüngeren Männer hinter ihm keuchen, während sie Schritt zu halten versuchten. In ihrem Alter hatte er einer Eliteeinheit der
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