Die Artefakte der Macht 01 - Aurian
Anvar in gekränktem Ton und streckte seine Arme wieder nach ihr aus.
Sara schlug seine Hand weg und besänftigte ihn dann mit einem Lächeln. »Dafür werden wir später Zeit haben«, sagte sie, »wenn wir von diesem Seelenverkäufer herunter sind. Aber jetzt mußt du gehen und dafür sorgen, daß die Magusch wach bleibt.«
»Was? Sie wird mich kaum noch sehen wollen nach dem, was ich ihr gesagt habe.« Wieder sprang Anvar ein Schuldgefühl an.
»Wen interessiert schon, was sie will.« Saras Stimme klang hart. »Das einzig Wichtige ist, daß wir diese Reise überleben. Verstehst du denn nicht? Der Erzmagusch ist nicht hinter uns her. Wenn wir erst im Hafen anlegen, können wir sie und ihn für immer loswerden.«
Aurian nie wiedersehen? Irgendwie konnte Anvar sich das nicht vorstellen. Aber Sara hatte wohl recht, nahm er an. Nach dem heutigen Abend würde die Magusch ihn ohnehin nie mehr wiedersehen wollen. Alles hatten sich so plötzlich verändert … aber Sara hatte recht. Ihre erste Sorge war jetzt, daß der Erzmagusch sie vorläufig nicht fand. Seufzend suchte er auf dem Boden seine Kleider zusammen und zog sich hastig an. Sara gab ihm einen Abschiedskuß auf die Wange und entließ ihn damit.
Anvar schlich übers Deck und konnte seinen Widerwillen, mit der Magusch zusammenzutreffen, kaum überwinden. Aber all diese Gedanken waren schlagartig verflogen, als er sie, den Kopf auf die Reling gelegt und einen halb geleerten Becher Schnaps neben sich, im Vorschiff sitzen sah. Rinnsale von Tränen glänzten auf ihrem Gesicht. Anvar überlief es kalt; er hatte plötzlich das Gefühl, daß die Gefahr ganz in der Nähe lauerte. Er beugte sich über sie, um sie zu wecken, und schüttelte sie an der Schulter.
Dann geschah alles mit unglaublicher Geschwindigkeit. Aurian war auf den Füßen, ihre Hände schlossen sich zu einem eisernen Griff um seine Kehle, und – die Augen, die ihn da anstarrten, waren nicht die ihren! Anvar rang nach Luft und umklammerte in Panik die Finger, die ihn würgten. Aurians Mund öffnete sich, ihr Gesicht verkrampfte sich zu einem entsetzlichen Zerrbild, und ihm gefror das Blut, als Miathans Stimme ihn aus ihren geöffneten Lippen anknurrte. »Anvar! Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte dein elendes Leben schon vor langer Zeit beenden sollen. Und welche Gunst des Schicksals, daß ich dich jetzt mit ihren Händen erwürgen kann!«
Der Griff um Anvars Hals zog sich enger zusammen. Im letzten Augenblick schrie er: »Nein, Aurian!« Dann bekam er keine Luft mehr. Seine Lungen brannten, sein Blick verdunkelte sich langsam. Dann lösten sich ihre Hände plötzlich, er wurde heftig davongestoßen und schlug aufs Deck, wo er winselnd versuchte, wieder Luft durch seinen zerquetschten Hals einzuatmen. Weit entfernt hörte er eine Stimme. Wie dankbar war er, daß es Aurian war, die seinen Namen rief. Als sich sein Blick wieder klärte, sah er verschwommen ihr Gesicht über seinem. Ihr eigenes Gesicht. Sie wirkte erschüttert und ratlos. »Bist du in Ordnung?« fragte sie.
Er nickte und ließ sich von ihr auf die Bank helfen. Seine Kehle fühlte sich an wie zerstoßen. Er griff nach dem Becher mit Rum und nahm unter großer Anstrengung einen Schluck. »Und du?« flüsterte er heiser.
»Jetzt ja.« Sie klang sehr erbost.
»Herrin, was ist passiert?« fragte er sie. »Kannst du dich an etwas erinnern?«
Aurian wandte ihren Blick von ihm ab und sprach mit monotoner, ausdrucksloser Stimme. »Ich bin eingeschlafen. Und plötzlich war ich nicht mehr in meinem Körper. Ich war irgendwo anders. Alles war grau und neblig, es war nicht in dieser Welt.«
»Ist das möglich?« stöhnte Anvar.
»Natürlich ist das möglich!« knurrte die Magusch. Sie zitterte, so hatte sie sich anstrengen müssen, die Selbstbeherrschung zu bewahren. »Miathan – er hat mich in Besitz genommen. Er hat mich irgendwie beherrscht, und ich konnte mich nicht bewegen; ich konnte nicht mehr zurück. Ich habe versucht zu kämpfen, aber ich konnte überhaupt nichts tun. Dann habe ich deine Stimme gehört, und das schien seine Konzentration gestört zu haben. Dadurch konnte ich ihn abschütteln!« Sie schüttelte den Kopf. »Aber ich hätte eigentlich nicht gewinnen können – nicht, wenn es nach ihm gegangen wäre. Nur schien er irgendwie nicht seine ganze Kraft eingesetzt zu haben …«
»Vielleicht, weil er zur gleichen Zeit deinen Körper benutzt hat«, schlug Anvar als Erklärung vor.
»Also deswegen habe ich versucht,
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