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Die Artefakte der Macht 01 - Aurian

Die Artefakte der Macht 01 - Aurian

Titel: Die Artefakte der Macht 01 - Aurian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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sie wieder zu Eilin hinüber. Der alte D’arvan hätte sich angesichts dieses Entsetzens würgend abgewandt. Der neue D’arvan spürte zwar, wie sich seine Eingeweide zusammenzogen – aber vor Wut. In einem einzigen grimmigen Augenblick lösten sich seine Trauer und seine Schuldgefühle darüber, daß er Davorshan hatte töten müssen, in Luft auf.
    »Ich werde das nicht zulassen.« Seine Stimme klang fremd und weit entfernt, sogar in seinen eigenen Ohren.
    »D’arvan, es gibt nichts mehr, was wir für sie tun könnten.« Maya kniete neben Eilin, und ihre Stimme war von Trauer erstickt. »Nicht einmal ein Heiler könnte …«
    »Aber mein Vater kann es.«
    »Was?«
    D’arvan war plötzlich ganz ruhig. Es war eine gefährliche Sache, eine verzweifelte Sache, aber es war auch ihre einzige Chance. »Maya, geh jetzt bitte hinaus. Ich will nicht, daß du in diese Geschichte verwickelt wirst.«
    »Ich will verdammt sein, wenn ich mich von dir wegschicken lasse.« Sie rappelte sich auf, und ihre Hände und Knie waren blutbefleckt. »Du hast keine Zeit, dich deswegen mit mir zu streiten.« Sie hob den Stab der Lady Eilin vom Boden auf und reichte ihn D’arvan. »Hier. Das wirst du zur Unterstützung brauchen – und nicht nur in einer Hinsicht.«
    »Stures Weib!« Er küßte sie auf den Mund, überwältigt von Liebe, und spürte, wie die Spannung in ihren Lippen dahinschmolz, als sie seine Umarmung erwiderte.
    »Dickköpfiger Bastard!« gab sie zurück. »Sei vorsichtig, D’arvan.« Sie trat zurück, zog ihr Schwert aus der Scheide und warf es durch die Tür. »Man darf in der Nähe der Phaerie kein Eisen bei sich haben, heißt es in den Legenden«, erklärte sie.
    »Ach, wirklich?« D’arvan ärgerte sich über sich selbst, weil er das nicht gewußt hatte. »Haben die Legenden sonst noch etwas Nützliches zu sagen?«
    »Hm … ja. Du mußt ihn mit drei wahren Namen rufen. Mach schnell, D’arvan.«
    Während er sich auf den Stab lehnte, um sein verletztes Bein zu stützen, sammelte D’arvan seine Kräfte und schleuderte seine Gedanken und seinen Geist von sich, um irgendwie dieses mysteriöse Anderland zu erreichen, in dem angeblich die Phaerie hausten. Einmal mehr flehte er den Geist des Waldes herbei – seine Düfte und Farben, all die verschiedenen Stimmungen im Wechsel des Jahres: die Klänge schläfriger Bienen und bunter Vögel, das Rascheln der Blätter und das Rauschen der Bäche, das lautlose Huschen der Kaninchen und Eichhörnchen, die weichen, vorsichtigen Schritte der Hirsche und das verstohlene Dahingleiten von Füchsen und Wieseln. Dann holte er tief Luft und rief mit Stimme und Geist: »Hellorin! Waldfürst! Vater! Im Namen Adrinas, meiner Mutter, ich rufe dich!«
    Nichts schien zu geschehen, und doch stand der Wald so klar, so wirklich vor seinen Augen, daß er beinahe sehen konnte, wie er um ihn herum Gestalt annahm. Die zerstörten Gemächer entzogen sich seinen Blicken, und wie durch einen wogenden Nebel sah er Bäume Gestalt annehmen – die mächtigen, silbernen Säulen der Buchen; eine stämmige Eiche, schwielig wie die Muskeln eines Riesen; biegsame Weiden und angriffslustige Stechpalmen, bewaffnet mit ihren Lanzen. Weißdorn, fröhlich wie eine blumengeschmückte Maid, und schlanke Ebereschen, ätherisch wie ein Traum. Durch die Bäume hindurch glitzerte sternenbeleuchtetes Wasser – plötzlich erkannte er den See mit seiner Insel, obwohl der Turm verschwunden war. Er konnte den würzigen Sommerduft des Grases riechen, das die kräftige Erde unter seinen Füßen bedeckte. Aber es war doch Winter draußen. Wie konnte das sein? D’arvans Augen weiteten sich. Maya stand mit weit geöffnetem Mund auf der Lichtung des Waldes, und ihre Hand griff automatisch nach ihrem fehlenden Schwert. Zu ihren Füßen lag die stille Gestalt von Eilin.
    »Wer ruft den Waldfürst?« Die Stimme war tief und traurig wie der wilde Herbstwald, leicht und fröhlich wie eine Sommerbrise über den Baumwipfeln. Vor der gewaltigen Eiche stand eine Gestalt, die den riesigen Baum mit ihrer eigenen Größe vollkommen verdeckte. Die Gestalt war in schimmerndes, sich ständig erneuerndes Grau und Grün gehüllt und so unermeßlich groß, daß das Silber, das in ihren langen, dunklen Haaren funkelte, das Licht der Sterne war. Auf der Stirn des Mannes ruhte ein Diadem aus goldenen Eichenblättern, und darüber thronten die düsteren Verästelungen einer stolzen Hirschkrone. Als er wieder zu sprechen begann, war seine Stimme

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