Die Artefakte der Macht 01 - Aurian
kurzem erfolgt, und du brauchst Zeit, um deine Kraft wiederzuerlangen. Es wird dir nur schaden, wenn du dich so aufregst.«
»Ist das der Grund, warum du mich noch nicht gehen lassen willst?« Eilin stürzte sich begierig auf seine Worte. »Willst du damit sagen, daß ich, wenn …«
»Nein.« Das Wort war von erschreckender Endgültigkeit. Hellorin seufzte. »Lady, ich habe diese Erklärung aufgeschoben, um dich nicht über die Grenzen deiner Kraft hinaus zu beunruhigen – und weil ich fürchtete, daß du mir nicht glauben würdest.« Er nahm ihre Hand in seinen festen, warmen Griff, und seine unergründlichen Augen bohrten sich in die ihren. »Eilin, du mußt versuchen, zu verstehen. Was ich dir jetzt sagen werde, ist die absolute Wahrheit – ich schwöre es beim Haupte meines Sohnes. Als man dich hierhergebracht hat, waren deine Verletzungen tödlich, selbst für eine Magusch. Meine Heiler haben dich vom Abgrund des Todes zurückgeholt – an diesem Ort, an dem die Phaerie ihre Macht besitzen und die Zeit keinen Einfluß hat, war es ihnen möglich, das zuwege zu bringen. Aber dank deiner Maguschvorfahren hat ihre Macht – unsere Macht – in der irdischen Welt keinen Einfluß mehr. Um es kurz zu machen, du bist in dieser Welt geheilt, aber nicht in deiner eigenen. Wenn du versuchst, zurückzukehren …«
»Nein!« Eilin stieß einen erstickten Schrei aus. Ihr Blut war wie Eis in ihren Augen. »Das kann nicht wahr sein – es kann einfach nicht wahr sein!« Aber der Kummer auf dem Gesicht des Waldfürsten, das überwältigende Mitleid in seinen Augen überzeugten sie mehr, als irgendwelche Worte es vermocht hatten, daß er die absolute Wahrheit sprach. Eilin hatte nach all den Tragödien in ihrem Leben geglaubt, jedem Unglück, das das Schicksal ihr in den Weg werfen konnte, überlegen zu sein, aber dieser letzte grausame Streich des Schicksals fällte sie mit einem einzigen tödlichen Schlag.
Die uneinnehmbare Zitadelle wilden Maguschstolzes, mit der Eilin sich nach dem Tode Geraints umgeben hatte, begann endlich dahinzuschwinden und zu Staub zu zerfallen, und die Magusch hatte das Gefühl, zusammen mit ihrem Stolz zu zerbrechen. »Ich kann nicht von hier weg?« flüsterte sie. »Ich kann nicht nach Hause – nie mehr?«
Der Schmerz in Hellorins Augen sagte alles. »Ich fürchte nein, Lady«, erwiderte er voller Mitleid. »Zumindest nicht, bis …«
Aber Eilin hörte diese letzten wichtigen Worte nicht mehr. Sie gingen unter in dem Geräusch endlos brechenden Glases, als ihre diamantene Festung zu Scherben zerbrach, Scherben die fielen; fielen wie ihre Tränen …
Hellorin konnte sie nur hilflos im Arm halten, während sie zitterte und weinte. Ihre Verletzungen hatten sie natürlich furchtbar geschwächt – viel mehr, als es ihr bewußt war –, aber trotzdem war er über ihren tiefen Kummer bestürzt. Eilin so zu sehen, war mehr, als er ertragen konnte: sie, die immer so wild und stolz gewesen war. Wie sehr er sie dafür bewundert hatte. Niemand hatte sich seit Jahrhunderten so gegen ihn behauptet – bis auf die kleine Maya natürlich. Wir waren wirklich viel zu lange von der Welt geschieden, überlegte er. Während unserer Abwesenheit scheint sich dort ein wilder und wunderbarer Frauentyp entwickelt zu haben. Aber selbst die stärksten Frauen brauchten gelegentlich Hilfe.
Der Fürst der Phaerie sammelte seine Kräfte und stieß einen lauten Befehl aus: »Genug!« Ein gewaltiges Donnergrollen schien die Luft zu zerreißen, und ein Lichtblitz zuckte mit einer sengenden Flamme durch das Zimmer. Eilin sprang auf die Füße, schlug sich die Hand vor ihren offenen Mund, und der Widerhall von Macht in dem kleinen Zimmer ließ ihr das Haar wie einen leuchtenden Strahlenkranz vom Kopf abstehen. Ihre Augen wirkten riesig in ihrem kreideweißen Gesicht. Hellorin lächelte sie an. »So ist es schon viel besser!« sagte er energisch. »Und jetzt, da ich deine Aufmerksamkeit habe, Eilin …«
Der Waldfürst ergriff die Hand der verblüfften Magusch und zog sie hinter sich her aus dem Zimmer, um sie eine gewundene, hölzerne Treppenflucht hinunterzudrängen, die sich durch den ganzen schlanken Turm bis nach unten zog. Er ignorierte das ungläubige Starren seiner Untergebenen und zog sie hinter sich her durch jene scheinbar endlose Folge von Hallen und Gemächern, die seine Zitadelle bildeten, bis sie schließlich die große Halle durchquerten, in der Maya und D’arvan sich ausgeruht hatten, und durch das große,
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