Die Artefakte der Macht 01 - Aurian
Vorzügen, die keine Kampfweste verbergen konnte. Ah, die wunderbaren Raufereien, die sie in glücklicheren Tagen miteinander gehabt hatten! Grinsend senkte Parric sein Messer und konnte ihr gerade noch in den Busen kneifen, bevor sie sich umdrehte, um ihn anzusehen.
»Jetzt weiß ich wirklich, daß du es bist!« Tränen und Gelächter lagen in ihrer Stimme, als sie mit einer Kraft, die ihm beinahe die Rippen brach, ihre Arme um ihn schlang, ohne sich auch nur im geringsten um den Schmutz zu kümmern, in dem sie sich gesuhlt hatten.
»Sangra, was ist los?« Parric löste sich nur widerwillig aus ihrer Umarmung.
»Der Bäckerssohn hat euch verraten – oder um genau zu sein, er hat Vannor verraten. Wir hatten ja nicht die geringste Ahnung, daß du hier unten bist. Parric, sind noch andere von uns bei dir?«
»Ja. Eine ganze Menge sogar.«
»O ihr Götter, ich muß unbedingt unsere Leute warnen. Wir werden nicht gegen unseresgleichen kämpfen.«
»Das ist mein Mädchen! Komm – schnell!«
Die Truppe aus der Garnison hatte Vannors kleine Streitmacht in eine Sackgasse gedrängt, und der Kampf war in vollem Gange. Die Soldaten hatten Fackeln mitgebracht, aber die meisten waren mittlerweile verlöscht, und in der Halbdunkelheit war es schwierig, Freund von Feind zu unterscheiden. Sangra vermochte es jedoch. Sie und Parric stießen von hinten auf den Tumult und warfen sich mitten ins Kampfgetümmel. Parric fand es mit seiner schlanken Gestalt nicht weiter schwierig, sich durch das Gedränge der Kämpfenden hindurchzuschlängeln. Seine Methoden waren höchst direkt. Jeden, den er kannte, verschonte er. Jeder Fremde bekam die Klinge seines Messers zu spüren. Sangra umkreiste in der Zwischenzeit das Kampfgetümmel und blieb immer wieder stehen, um jedem von Forrals alten Soldaten, dem sie begegnete, etwas ins Ohr zu flüstern, worauf sich deren Verhalten schlagartig änderte. Erleichterung und Freude breiteten sich auf ihren Gesichtern aus, und sie wandten ihre Waffen nun gegen Angos grausames Söldnerheer.
Es war sehr schnell vorbei. Vannors Rebellen waren, nachdem man sie von dem schlimmsten Druck des Kampfes befreit hatte, in der Lage, die Offensive zu ergreifen, und die Söldner fanden sich bald von beiden Seiten angegriffen. Parric gelang es, sich zu dem Kaufmann durchzuarbeiten, um zu erklären, was geschehen war, und schon sehr bald feierten die Mitglieder von Forrals alter Schar über den Leichen der toten Söldner ein fröhliches Wiedersehen.
Wenn Vannor verwirrt darüber war, daß seine kleine Streitmacht sich plötzlich auf über fünfzig Soldaten verdoppelt hatte, ließ er sich jedenfalls nichts anmerken, und als Parric ihm Sangra vorstellte, begrüßte er sie mit äußerster Höflichkeit, wobei er mannhaft die Tatsache ignorierte, daß sie und der Kavalleriehauptmann sich nach ihrem Bad in der Kanalisation in einem geradezu widerwärtigen Zustand befanden. »Wenn wir gewußt hätten, daß ihr alle hier unten seid«, entschuldigte Sangra sich, »dann wären wir schon lange zu euch übergelaufen. Wir haben eine schreckliche Zeit hinter uns, nachdem Angos seine Söldner herbeigeschafft hat, um unsere Streitmacht zu vergrößern. Aber wir hatten das Gefühl, bleiben zu müssen. Wir dachten, Forral würde es von uns erwarten, weil wir doch der Stadt Treue geschworen haben und weil wir das Volk vor den schlimmsten Ausschreitungen von Angos und den Magusch bewahren wollten.« Sie sah Parric an. »Was machen wir jetzt? Angos wartet mit weiteren Soldaten am Eingang des Kanals.«
»Geht nach Norden«, warf eine entschlossene Stimme ein. »Es sollte nicht schwierig sein, aus der Stadt herauszukommen. Angos kann unmöglich alle Kanäle gleichzeitig beobachten. Die Nachtfahrer werden uns aufnehmen.«
Vannor zog eine Grimasse. »Dulsina, wirst du niemals aufhören, alles und jeden zu organisieren?«
Die große, dunkelhaarige Frau grinste ihn an. »Nicht, solange noch ein einziger Atemzug in meinem Körper ist«, sagte sie fröhlich. »Außerdem hat Zanna dich sehr vermißt, trotz der Botschaften, die wir ihr schicken konnten. Es ist wirklich langsam Zeit, daß du deine Tochter wiedersiehst.«
»Einen Augenblick mal!« unterbrach Parric sie. »Du kennst die Nachtfahrer? Und sogar gut genug, um deine Tochter bei ihnen zu lassen?« Der Kavalleriehauptmann hob fragend die Augenbrauen. »Mögen die Götter mir die Kraft geben! Diese verdammten Schmuggler waren ein stetiger Dorn in Forrals Fleisch. Er hat uns alle zur
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