Die Artefakte der Macht 01 - Aurian
bekommen!« Dann wandte er den Kopf ab und spuckte dem Prinzen vor die Füße.
Harihns Gesicht verzerrte sich vor Zorn. »Schweig, du Hund!« brüllte er. »Yazour, sieh zu, daß alle Vorräte mitgenommen oder zerstört werden! Während du hier langsam verhungerst, Anvar, werde ich mich an dem Gedanken weiden, wie du hier leidest.«
»Wenn Anvar hier zurückgelassen wird, dann wird er nicht allein sein«, erscholl Eliizars Stimme. »Ich würde lieber bei ihm bleiben, als auch nur noch eine einzige Meile mit Euch zusammen zu reisen!«
»Und dasselbe gilt für mich!« Nereni stellte sich wutentbrannt neben ihren Mann.
Anvar versuchte zu protestieren, wurde aber von seiner Überraschung über eine Stimme, die aus seinem eigenen Kopf zu kommen schien, zum Schweigen gebracht. »Auch ich werde bleiben.« Er blickte verblüfft auf, als Shias Gesicht vor ihm erschien und ihre Augen funkelnd seinen Blick suchten. Bohan stellte sich neben sie und nickte seine eigene, schweigende Zustimmung.
Harihn zuckte mit den Schultern. »Na schön.«
»Laßt ihnen wenigstens ihre Pferde, Sir, und etwas Vorrat«, protestierte Yazour.
»Nein! Und wenn ich noch ein einzige Wort von dir über dieses Thema höre, wirst du neben ihnen sterben.«
Der Krieger erbleichte. »Die ganze Zeit, die ich Euch gedient habe«, sagte er gepreßt, »habe ich nicht gewußt, was Ihr für ein Mensch seid. Ich sehe in Euer Gesicht, und ich sehe Euren Vater.« Dann wandte er dem Prinzen den Rücken zu und ging fort, um seine Männer zu versammeln.
Die Freunde wurden von einem Ring von Bogenschützen bewacht, während die anderen sich zum Aufbruch vorbereiteten. Obwohl Anvar verzweifelt darauf brannte, seine Suche nach Aurian fortzusetzen, hatte Harihn den Befehl erlassen, daß jeder von ihnen erschossen werden sollte, wenn er sich auch nur rührte. Während sie warteten, versuchte Anvar vergeblich, seine Begleiter davon zu überzeugen, sich nicht für ihn zu opfern, aber Eliizar und Nereni waren beide gleichermaßen entrüstet über diese Vorstellung. Bohan machte schon bei dem bloßen Vorschlag, er könne mit den anderen gehen, ein verletztes Gesicht. Shia, die zwar nicht noch einmal mit ihm sprach, fauchte ihn jedoch so wild an, daß Anvar, hätte er es gekonnt, einen Schritt zurückgewichen wäre. Sie sah so ungezähmt aus, daß er sich fragte, ob er sich ihre Stimme in seinem Kopf nur eingebildet hatte. Sobald draußen die Nacht hereinbrach, machte sich die Gruppe um den Prinzen auf den Weg, und die Höhle schien nach ihrem Abschied in ein unheimliches Schweigen zu versinken. Anvar stand auf, ohne ein Wort zu sagen, und ging langsam zu dem Becken zurück. Die anderen strömten aus, um noch einmal die Höhle zu durchsuchen.
Anvar saß verloren in seinem Elend neben dem Höhleneingang und hatte den schmerzenden Kopf in seinen Händen vergraben. Das tausendfach zurückgeworfene Licht der Dämmerung funkelte durch die Öffnung. Sie hatten noch immer keine Spur von Aurian entdeckt. Wie lange waren sie jetzt schon hier? Er ging in Gedanken noch einmal die Stunden seit ihrer Ankunft in dem verfluchten Dhiammara durch. Zuerst hatten sie gegessen – ihr Gelächter während des Festmahls schien ihm nun wie ein ferner Traum –, und dann hatten sie eng aneinandergekuschelt den Rest des Tages und einen Teil der folgenden Nacht verschlafen. Schließlich war Aurian zum Bad in das Becken gegangen. O Aurian! Warum habe ich dich nicht einfach schlafen lassen? dachte er. Sie war nun schon seit zwei Nächten und einem Tag verschwunden. Jetzt konnte es doch wohl keine Hoffnung mehr geben?
Jemand berührte ihn an der Schulter, und er drehte sich um, um Nereni ins Gesicht zu sehen. »Yazour hat im hinteren Teil der Höhle einige Vorräte für uns versteckt. Komm und iß, Anvar. Das hier hat keinen Sinn.«
»Wie kannst du von mir erwarten, daß ich in dieser Situation etwas esse?« Anvar hätte am liebsten gerufen, sie solle ihn allein lassen, aber er wußte, daß auch sie trauerte und daß sie sich um ihn sorgte.
Sie legte ihm mütterlich den Arm um die Schultern. »Es tut mir leid«, murmelte sie. »Ich weiß, wie sehr du sie geliebt hast.«
»Nein, das weißt du nicht!« gab er verbittert zurück. »Ich habe es ja selbst nicht gewußt, bis ich sie verlor!«
Nereni ging seufzend davon. Anvar wünschte nur, daß sie und die anderen sich gerettet hätten und mit Harihn geritten wären. Um sich selbst machte er sich keine Sorgen. Was für eine grausame Ironie! Bis
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