Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
herbekommen …«
Wie sie es früher sooft getan hatte, hörte Zanna nicht auf Hebbas Geplapper, sondern konzentrierte sich statt dessen ganz darauf, ihren Magen mit der wunderbaren Suppe zu füllen – bis der Name Yanis wie ein Donnerschlag an ihre Ohren drang. »Was?«
Ärgerlicherweise hörte die alte Köchin genau in diesem Augenblick auf zu sprechen. »Was hast du gesagt?« wiederholte Zanna noch einmal. »Was ist mit Yanis?«
Hebba sah aus, als sei sie gerade aus allen Wolken gefallen. »Also wirklich, sein Fieber ist wieder gestiegen. Der arme Junge. Und dieser Taugenichts von einem Arzt war den ganzen Tag nirgends zu finden …«
»Einen Moment mal«, unterbrach Zanna sie scharf. »Willst du damit sagen, daß Yanis hier ist?«
»Aber ja – wir haben ihn in das Gästezimmer nebenan verfrachtet und …« Diesmal wurde sie von dem Krachen splitternden Töpferwerks unterbrochen, dem gleich darauf das Zuschlagen der Tür folgte. Hebba sah auf die Scherben ihrer besten Schale hinunter, die jetzt inmitten einer sich langsam in Richtung Herd ausbreitenden Suppenpfütze lagen. Ungehalten stemmte sie die Fäuste in die ausladenden Hüften. »Also wirklich«, sagte sie mehr oder weniger zu dem leeren Zimmer. »Diese Manieren hat das Mädchen eindeutig von den Schmugglerburschen gelernt, soviel steht mal fest.«
Yanis starrte Zanna mit weit aufgerissenen Augen und ohne eine Spur von Wiedererkennen an. Sein strähniges, dunkles Haar klebte an seinem schweißüberströmten Gesicht, und sein Bett war von seinen ruhelosen Bewegungen völlig zerwühlt. Der befleckte Verband um seinen Arm verriet Zanna auch den Grund für das Fieber. Sie spürte, wie ein eisiger Schrecken sie durchfuhr. Sie durfte ihn nicht verlieren, nicht Yanis! Plötzlich trat heißer Zorn an die Stelle ihrer Angst. Tarnal hatte doch gesagt, Benziorn sei ein guter Arzt? Wenn er wirklich gut war, wie konnte er dann zulassen, daß sein Patient in diesen Zustand geraten war? Und dieser nutzlose Trunkenbold behandelte in eben diesem Augenblick ihren Vater? Bei diesem Gedanken erstarrte Zanna das Blut in den Adern, und sie mußte sich zusammennehmen, um nicht sofort aus dem Zimmer zu stürzten und Benziorn zur Rechenschaft zu ziehen.
Du mußt dich beruhigen, sagte sie sich immer wieder. Denk nach. Wir sind jetzt Flüchtlinge, mein Vater braucht dringend Hilfe, und Benziorn, gleichgültig ob er gut oder schlecht ist, ist der einzige Arzt, den wir haben. Wir können von Glück sagen, überhaupt einen Arzt bei uns zu haben.
Sobald sie diese Dinge durchdacht hatte, wurde ihr klar, daß Yanis nur deshalb so lange vernachlässigt worden war, weil sich Benziorn um sie und ihren Vater hatte kümmern müssen. Ja, selbst Hebba hatte zuviel zu tun gehabt, um Yanis zu helfen. Aber sie, Zanna, hinderte nichts daran, für Yanis zu tun, was sie konnte.
Vorsichtig zog sie die zerwühlten Decken des Nachtfahrers zurecht und schüttelte seine Kissen auf, wobei sie versuchte, ihn so wenig wie möglich zu stören. Wie sehr sehnte sie sich danach, ihn endlich in die Arme nehmen zu dürfen, sein Gesicht zu berühren und ihm übers Haar zu streichen; aber daran war im Augenblick nicht zu denken. Sie fand einen Wasserkrug auf dem Tisch neben dem Bett und ein Tuch, mit dem sie sein Gesicht abtupfen konnte. Dann goß sie etwas Wasser in einen Becher und schaffte es, ihn dazu zu bringen, ein wenig davon zu schlucken, obwohl der größte Teil ihm übers Kinn lief. Anschließend entfachte sie noch ein Feuer im Kamin und entzündete die Lampe, womit sie für den Augenblick alles getan hatte, was sie tun konnte. Jetzt hatte er es wenigstens etwas bequemer.
Mit plötzlichem Schuldbewußtsein erinnerte sich Zanna an ihren Vater. Benziorn mußte mittlerweile schon lange fertig sein. Sie mußte sofort zu ihm und feststellen, wie es um ihn stand. Gerade als sie auf die Tür zueilte, begann Yanis, leise vor sich hinzumurmeln. Zanna drehte sich um, und ein Hoffnungsschimmer flackerte in ihr auf. Würde er aus seinem Delirium erwachen?
Anscheinend nicht. Yanis warf sich jetzt wieder unruhig von einer Seite zur anderen und vereitelte all ihre Bemühungen, sein Bettzeug glattzuziehen. Währenddessen murmelte er die ganze Zeit unverständliche Worte. Ihre Versuche, ihn zu beruhigen, waren völlig fruchtlos, und langsam bekam sie es mit der Angst zu tun. Sie wollte gerade Benziorn oder Hebba holen, als Yanis zu ihrer Erleichterung wieder etwas ruhiger wurde. Nun wurde seine Ausdrucksweise
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