Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
schlossen, wußte er, daß sie bereit war, und stürmte los, quer über das kurze grasbewachsene Plateau hinweg.
Aurian saß mühelos auf dem Rücken des galoppierenden braunen Pferdes, ihr Haar flatterte im Wind, und ihre Augen tränten, so gewaltig war die Geschwindigkeit, die Chiamh an den Tag legte. Die Welt flog an ihnen vorbei, die hellen Frühlingsblumen, die das Gras sprenkelten, verschwammen unter den hämmernden Hufen zu einem Regenbogen bunter Farben. Es war herrlich! Außerstande, sich zu beherrschen, stieß sie einen wilden Freudenschrei aus, der von den nahen Gipfeln widerhallte.
Nur allzuschnell war der Ritt vorüber. Vor ihnen erblickte Aurian ein paar hohe, aufrecht stehende Steine: das Tor, das zu einem schmalen, pinienbewachsenen Tal führte, dessen felsige Flanken steil in die Höhe ragten. Das Windauge verlangsamte sein wildes Tempo und kam bedächtig im Schatten der riesigen Steine zum Stehen. Die Magusch ließ sich widerwillig von seinem Rücken hinuntergleiten und trat ein paar Schritte zurück, damit er genug Platz hatte, um seine Verwandlung vorzunehmen. Und wieder einmal sah Aurian, wie sich seine Umrisse in Nebel hüllten, zusammenschrumpften und eine aufrechte Gestalt annahmen – und Chiamh, der Mann, stand vor ihr, leicht außer Atem und über das ganze Gesicht strahlend.
Einen Moment lang sahen sie sich stumm an, bevor sie wie auf ein unausgesprochenes Signal hin einander in die Arme fielen. »Chiamh, das war einfach wunderbar«, sagte Aurian, als sie sich voneinander lösten. »Diesen Ritt werde ich niemals vergessen, solange ich lebe.«
»Ich auch nicht«, versicherte ihr das Windauge. Dann hielt er ihr die Hand hin und fügte hinzu: »Komm – ich möchte dir mein Tal zeigen.« Hand in Hand ließen sie das sonnenbeschienene Plateau hinter sich und traten in den kühlen Schatten des Pinienwaldes.
»Hat sich Wolf von seinem unerfreulichen Abenteuer erholt?« erkundigte sich Chiamh. Sie hatten ein kurzes Bad in dem eisigen Bergtümpel genommen und saßen nun vor einem hastig entzündeten Feuer im Eingang seiner Höhle, nippten an heißem Kräutertee und blickten hinunter in das Tal, vorbei an den Schatten des großen Felsturmes, der über der Behausung des Windauges aufragte.
Aurian, die sich geistesabwesend damit beschäftigte, weiße Siebensterne, die sie in der Nähe gepflückt hatte, zu einer Kette zu flechten, blickte bei dem Klang seiner Stimme auf und nickte. »Anscheinend schon – obwohl er immer noch irgendwie etwas schreckhaft ist. Ich glaube, er hatte in den letzten Nächten schlimme Träume, das heißt, wenn ein Wolf träumen kann – aber heute wirkte er schon viel glücklicher und ausgeglichener, sonst hätte ich ihn nicht allein gelassen.«
Chiamh nickte. »Trotzdem war es richtig, daß du mitgekommen bist. Abgesehen von der Tatsache, daß ich deine Gesellschaft genieße …« Er lächelte sie an. »Abgesehen davon mußtest du endlich mal, wenigstens für kurze Zeit, von deinen Sorgen loskommen.« Sein Gesicht wurde nachdenklich. »Wie lange ist es her, Aurian, seit du zuletzt eine Chance hattest, einmal nur an dich selbst zu denken?«
Seine Sorge rührte Aurian. »Bei den Göttern, ich weiß es nicht mehr«, sagte sie und seufzte. »Wahrscheinlich nicht mehr seit Forrals Tod.« Die Erinnerung an dieses Ereignis, die trotz all der vergangenen Zeit immer noch schmerzte, warf einen Schatten auf den hellen Nachmittag.
»Ah, Forral«, sagte Chiamh. »Parrics Freund und Wolfs Vater.«
»Parric hat dir davon erzählt?«
»Ja, ganz kurz. Als wir uns kennenlernten.« Das Windauge ergriff ihre Hand. »Ich trauere mit dir um deinen Verlust«, sagte er leise, und Aurian wußte, daß dies keine leeren Worte waren. »Was ist geschehen, nachdem ihr beide, du und Anvar, nach Süden gekommen seid? Wie seid ihr in den Besitz der Harfe und des Stabes gelangt?« fuhr er fort, und die Magusch stellte zu ihrer eigenen Überraschung fest, daß sie ihm offen von ihren Abenteuern erzählen konnte. Obwohl sie versuchte, ihren Bericht möglichst kurz zu halten, neigte sich die Sonne, als sie mit ihrer Geschichte langsam die Gegenwart erreichte, bereits dem Kliff zu ihrer Linken entgegen, und die Luft in dem schattigen Bergtal wurde empfindlich kühl. »Und jetzt«, beendete sie ihre Erzählung hastig, »haben wir den Stab und die Harfe, aber wir müssen immer noch das Schwert finden – und das ist versteckt, und ich habe nicht die leiseste Ahnung, wo ich suchen soll.«
»Ich
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