Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara

Titel: Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
Vom Netzwerk:
auch nur einen Schritt weiterzugehen. Er verfluchte sich für seine Feigheit, knirschte mit den Zähnen und drängte sich durch die Menge zu dem unheilverkündenden, quadratischen Stückchen Papier, das an das schwere Holz genagelt war.
    Es waren an diesem Tag nicht viele Namen – eine Reihe von Auspeitschungen und eine Hinrichtung, die für den morgigen Tag angesetzt war. Jarvas sank vor Erleichterung in sich zusammen und spürte, wie seine müden Knie unter ihm nachgeben wollten. Wie ein Blinder tastete er sich wieder durch die Menschenmenge. Er war erleichtert, als sei ihm ein gewaltiges Gewicht von den Schultern genommen, und er taumelte die Straße hinunter auf das Unsichtbare Einhorn zu. Wären seine Beine jünger gewesen, hätte er am liebsten getanzt.
    Als Jarvas die einstmals so schäbige Taverne erreichte, war er wie immer beeindruckt von ihrer gegenwärtigen Sauberkeit und ihrem Wohlstand. Die Fenster glitzerten, und der frische Anstrich von Mauern und Fensterläden leuchtete. Der Schankraum, der früher so primitiv und schmutzig gewesen war, strahlte Sauberkeit und Behaglichkeit aus, und auf der anderen Seite des Raums stand eine neue, blitzblanke Holztheke. Hinter der Theke präsidierte mit dem Gehabe des Gastgebers und der strahlenden Zufriedenheit des Wohlstands der alte Hargorn.
    Der Schankraum füllte sich bereits. Es waren die gewohnten frühmorgendlichen Stammkunden, die zum Frühstück kamen – größtenteils Händler und Arbeiter aus der Stadt, gelegentlich aber auch ein Soldat aus der Garnison, der gerade von der Nachtwache kam. Heutzutage zählte das Einhorn zu den beliebtesten Schänken der Stadt. Trotz seiner fortgeschrittenen Jahre stand Hargorn in dem Ruf eines Mannes, der sowohl auf sich selbst wie auf seinen Besitz achtzugeben vermochte. Nach dem Verschwinden der Magusch hatte der alte Kämpe beschlossen, sich aus dem Soldatenleben zurückzuziehen, und die Taverne übernommen. Und als Partnerin hatte er sich – ausgerechnet! – Vannors alte Köchin Hebba ausgesucht.
    Als Lord Vannor nach dem Verschwinden der Magusch in die Stadt zurückgekehrt war, hatte seine Köchin ihn begleitet – aber sie war nicht bei ihm geblieben. Als der alte Soldat sein Schwert abgelegt hatte, hatte Hebba mit Hargorn einen Plan ausgeheckt, und mit der großzügigen Hilfe Vannors war es ihnen gelungen, das Einhorn zu erstehen, das sich in besseren Tagen besonders bei den Soldaten größter Beliebtheit erfreut hatte – nicht zuletzt bei Hargorn selbst. Nach der Not und dem Elend unter Miathans Herrschaft war die Taverne in der Nähe der Garnison übel heruntergekommen, aber unter der Leitung von Hargorn und Hebba hatte das Geschäft bald wieder zu florieren begonnen.
    Hargorn und Hebba waren ein seltsames Paar – vor allem in den Augen jener, die die beiden gut kannten. Wie konnte der praktisch veranlagte, lakonische, unerschütterliche Soldat sich nur mit den Hirngespinsten, den Panikanfällen und dem unaufhörlichen Geplapper der rundlichen, kleinen Köchin abfinden? Wie konnte eine so pedantische, übertrieben ordentliche Frau sich mit seinen rauhen Soldatensitten abfinden, mit Manieren, die geprägt waren von einem langen Leben in Baracken und auf Feldzügen? Aber obwohl es sich nur um eine geschäftliche Partnerschaft handelte, kamen die beiden immer besser miteinander zurecht.
    Schon bald hatte es sich in Nexis herumgesprochen, daß man im Einhorn aufs wärmste willkommen geheißen wurde. Hargorn war ein hochangesehener und beliebter Soldat in der Garnison gewesen. Man kam gut mit ihm aus – und auf die eine oder andere Weise hatte er sich den größten Teil seines Lebens auf Bier spezialisiert. Er eignete sich in jeder Hinsicht zum Wirt einer Bierschänke – bis hin zu seiner Fähigkeit, auch einmal mit einer Rauferei fertig zu werden.
    Hebba hatte das Innere der Taverne in ein Paradies ausgeprägter Behaglichkeit verwandelt, mit funkelnden Messinglampen, die an die Stelle der schummerigen Binsenlichter getreten waren. Die von zahllosen Kerben überzogenen alten Tische wurden jeden Tag auf Hochglanz poliert. Aber das war noch nicht alles. Hebba war fest entschlossen, ihre Kunden so richtig zu bemuttern – und das bedeutete auch, daß sie ihnen zu essen gab. Die Mahlzeiten, die sie servierte, waren in der ganzen Stadt zu einer Legende geworden.
    Hargorn war Jarvas im Laufe dieser letzten, schwierigen Jahre ein guter Freund gewesen, und außerdem war seine Taverne ein Umschlagplatz für Geschwätz

Weitere Kostenlose Bücher