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Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara

Titel: Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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vollends im Nebel des Vergessens versinken würde? Wieviel Zeit blieb ihm noch, bevor er sogar das Gefühl für seine eigene Identität verlor – und was würde dann aus ihm werden? Während Forral wartete – worauf, das vermochte er selbst nicht zu sagen –, brauchte er jeden Funken Mut, dessen sein Kriegerherz noch fähig war, um nicht der Verzweiflung nachzugeben.
    Der Schwertkämpfer saß zwischen den silbrigen Hügeln und hing seinen unglücklichen Gedanken nach. Vor kurzem war ein ganzer Strom von Menschen durch die Pforte gekommen; sie waren einzeln, zu zweit oder zu dritt erschienen – insgesamt etwa ein halbes Dutzend. Was ging da vor? Wenn so viele auf einmal kamen, hatte sich gewiß eine Katastrophe ereignet – und was schlimmer war, er war sicher, daß er einige der Gesichter hätte kennen müssen, aber die Erinnerungen hielten sich höhnisch neckend gerade außerhalb seiner Reichweite. Verliere ich den Verstand, überlegte er verzweifelt – und wenn ja, was wird dann von mir übrigbleiben? Wird mein Geist einfach aufhören zu existieren? Forral schüttelte den Kopf. Vielleicht hatte der Tod die ganze Zeit über recht gehabt. Er hätte auf den Geist hören sollen. Vielleicht sollte er ihn suchen gehen, seine Niederlage eingestehen und sich zu einer Wiedergeburt bereit erklären, bevor es zu spät war …
    Forral spürte, daß die Pforte Zwischen den Welten sich abermals öffnete. Er konnte es fühlen, wie das Anschwellen der Energiefluten innerhalb seiner unkörperlichen Gestalt; wie die unterschwellige, kaum wahrnehmbare Veränderung der Atmosphäre zwischen einer weltlichen Nacht und dem nachfolgenden Morgen. Noch während er sich ärgerlich einen Narren schimpfte, sprang der Schwertkämpfer auf und rannte, wie schon so oft zuvor, das Tal hinunter. Aber der Versuch, das sich bereits öffnende Portal vor dem Geist des Todes zu erreichen, war wie jedesmal zum Scheitern verurteilt.
    Wie immer kam er zu spät. Bevor er den schmalen Eingang zum Tal erreicht hatte, konnte Forral die Veränderung in sich spüren, während die Tür sich abermals vor der Welt der Lebenden schloß. Trotzdem ging er weiter, kämpfte gegen seine Enttäuschung an und versuchte angestrengt, einen Blick auf die Neuankömmlinge im Reich des Schnitters zu werfen. Er hoffte, daß man ihn einmal – nur dieses eine Mal – wahrnehmen würde. Der Bodennebel hob sich über den dunklen Eingang des Tals und enthüllte den vertrauten Anblick zweier Gestalten; es waren der verwirrte Neuankömmling sowie der alte Eremit mit der Lampe, der ihn führte.
    Die Erinnerung traf Forral wie ein körperlicher Schlag. Trauer und ein an Wahnsinn grenzendes Gefühl der Ungerechtigkeit durchfuhren den Schwertkämpfer wie ein Höllenfeuer, als er die vertraute, untersetzte Gestalt erblickte, die dem Tod auf dem Fuß folgte. Forral trat eifrig vor. »Vannor! Vannor, du alter Fuchs!«
    »Was? Wer ist da?« Der Kaufmann blickte angestrengt durch den wabernden Nebel. Zum ersten Mal, seit Forral sich erinnern konnte, wirkte sein alter Freund unsicher und verwirrt. Nun, das war auch kaum eine Überraschung, oder? mahnte er sich. Plötzlich begriff er, daß Vannor wahrscheinlich noch nicht begriffen hatte, was ihm widerfahren war. Ich sollte besser vorsichtig sein, dachte der Schwertkämpfer – aber es war bereits zu spät.
    »Forral?« Vannors Stimme, die für gewöhnlich einen so barschen Tonfall hatte, klang schrill und zitternd. Mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen wich er durch den Nebel zurück. »Das – das kann unmöglich sein«, stammelte er. »Forral ist tot.«
    Der Schwertkämpfer seufzte. Zweifellos gab es keine Möglichkeit, dem Kaufmann diese Neuigkeit schonend beizubringen. Er trat auf die zurückweichende Gestalt zu. »Genau wie du, Vannor, alter Freund«, sagte er unumwunden. »Warum sonst sollte ich hier sein?«
    »Du bist hier, weil du aufsässig und töricht bist.«
    Forral und Vannor fuhren aufkeuchend herum. Sie hatten die Gegenwart des Todes völlig vergessen. Die Geistererscheinung trug die Maske des alten Eremiten, der jenen, die auf dem Weg zu ihrer letzten Ruhestatt durch die Pforte traten, das Geleit gab. Er winkte Vannor zu sich. »Komm, Sterblicher. Schenke diesem Abtrünnigen keine Beachtung – er wird deiner eigenen Sache nicht das geringste nützen. Du mußt mich zum Brunnen der Seelen begleiten und wiedergeboren werden.«
    Vannor machte ein finsteres Gesicht. »Also, einen Augenblick mal«, protestierte er. »Dieser

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