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Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara

Titel: Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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»Sieh mal. Hier ist jemand gewesen.«
    So hoch im Turm konnte das Mondlicht endlich auch seine Finger durch die schmalen, in das Mauerwerk eingelassenen Fenster strecken. Wo die Lichtstrahlen den Boden berührten, erstrahlte die dicke Staubschicht in einem weichen, silbrigen Licht – bis auf die dunkleren Stellen, an denen verwischte Fußabdrücke die Treppe hinauf und hinunter führten, in die Räumlichkeiten der Maguschfrau hinein und wieder heraus.
    Mit einem leisen Fluch lockerte Aurian ihr Schwert in seiner Scheide. »Diese Abdrücke sehen aus, als kämen sie von einem Frauenstiefel – für einen Mann sind sie viel zu zierlich. Eliseth muß hier gewesen sein! Aber was ist mit den anderen Abdrücken? Die Stiefel sind von der gleichen Machart …« Eine prickelnde Furcht durchlief sie. Bei den Göttern! »Ist es möglich, daß Miathan und Eliseth immer noch in der Akademie sind?«
    »Das glaube ich nicht. Wer immer diese Abdrücke hinterlassen hat, er war seit langer Zeit nicht mehr hier.« Shia sah sich die Spuren konzentriert an und verfolgte sie mit der Nase bis zurück zum Treppenhaus. »Siehst du? Im Dunkeln mußt du die Abdrücke in den unteren Gemächern übersehen haben. Aber du siehst sicher auch, wie verwischt die Abdrücke sind – ich kann jedenfalls keine Witterung aufnehmen. Im Hof war niemand, und überall sonst haben wir auch nachgesehen. Ich würde sagen, daß seit vielen Monaten niemand mehr hier gewesen ist – wahrscheinlich schon seit Jahren nicht mehr.«
    »Dann dürfte es eigentlich nicht gefährlich sein, wenn ich jetzt allein weitergehe«, meinte Aurian. Der Turm war so voller Erinnerungen für sie, daß sie irgendwie niemanden – nicht mal eine so enge Freundin wie Shia – bei sich haben wollte, wenn sie nun in ihr eigenes, früheres Zimmer zurückkehrte. »Wenn du wieder runtergehst, um mit Khanu den Eingang zu bewachen«, sagte sie zu der Katze, »sehe ich mich schnell noch mal oben um – und dann verschwinden wir von hier.« Aurian schauderte. »Die Akademie hat sich so sehr verändert – es ist schrecklich, sie so zu sehen. Ich kann gar nicht glauben, daß das hier jemals mein Zuhause war.«
    Eliseths Räume waren geplündert worden – ob von dem Eindringling oder von Eliseth selbst, vermochte Aurian nicht festzustellen. Jedenfalls war nichts von Wert mehr da, und es gab auch keine Hinweise darauf, wo die Wettermagusch sich aufhalten konnte. Daher ging Aurian ins nächste Stockwerk hinauf – und zu ihren eigenen Räumen. Es kostete sie ungeheure Überwindung, die Tür zu öffnen. Als sie sich in dem Zimmer umsah, schnitt sie angesichts des Staubs und der Unordnung dort eine Grimasse. Dann fiel ihr Blick auf den Kamin mit seinem hohen, kunstvoll geschnitzten Sims – dort hatte Anvar vor langer, langer Zeit seinen Eimer fallen gelassen und sie mit einer erstickenden Aschenwolke umhüllt. Die Tür zum Schlafzimmer stand einen Spalt breit offen, und Aurian konnte das Bett sehen, das sie in glücklicheren Zeiten mit Forral geteilt hatte.
    Sie hätte niemals hier hereinkommen dürfen. Aurian spürte die ungeweinten Tränen, die ihr die Kehle zuschnürten, als sie von der Erinnerung an die beiden Männer, die sie geliebt hatte, überwältigt wurde. Sie blinzelte und schluckte entschlossen. »Verflucht, das hilft uns auch nicht weiter«, murmelte sie bei sich. Hastig überprüfte sie dann beide Räume. Der Eindringling war auch hier gewesen – sie konnte die verräterischen Fußabdrücke im Staub deutlich sehen. Außerdem hatte er Schranktüren und Schubladen aufgezogen und ihren Inhalt im Zimmer verstreut. »Wer immer das gewesen ist, er sollte sich besser nicht von mir erwischen lassen«, knurrte Aurian. Es war einfacher, wütend zu sein. Auf diese Weise konnte sie sich von ihren traurigen Erinnerungen ablenken. Es hatte keinen Sinn, in diesem Chaos nach alten Besitztümern zu suchen. Mittlerweile mußte alles unbrauchbar geworden sein, und außerdem wollte die Magusch im Grunde gar nichts haben, was sie an die Vergangenheit erinnerte.
    Als sie die letzte Treppenflucht hinaufstieg und sich der Tür des Erzmaguschs näherte, zog Aurian ihr Schwert und nahm den Erdenstab in die andere Hand. Als sie ihn umfaßte, gab ihr das Pulsieren der Macht, das ihren Arm durchlief, neuen Mut. Genauso wie in ihrem Traum schien es ihr, als werde Miathans Tür nicht bewacht. In ihrem Traum, erinnerte die Magusch sich, hatte sie das untere Ende des Stabs genommen, um die Tür zu öffnen. Um den

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