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Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara

Titel: Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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seinen neuen Besitzer. Aurian konnte spüren, wie seine Magie sich sehnsüchtig nach Anvar ausstreckte, seinem wahren Meister. Das Artefakt, dem es an bewußter Intelligenz fehlte, konnte nicht wissen, daß Anvar tot oder zumindest verschwunden war.
    Endlich erreichten sie den Gipfel des Hügels und traten durch den verfallenden Torbogen auf den zerstörten Hof. Aurian blieb stehen und sah sich mit einem Schaudern der Beklommenheit um. Abgesehen davon, daß noch kein Mond schien, ähnelte die Szenerie auf unheimliche Weise der ihres Traums – bis hin zu der Silhouette des in Trümmern liegenden Wetterturms und dem grauenvollen Gefühl, daß der Ort von den Geistern der Vergangenheit umdrängt wurde. Der Wind schien in allen Ecken und Winkeln zu flüstern und zu seufzen, und jedes schwarze, leere Fenster der sie umgebenden Gebäude schien voller wachsamer Augen zu sein.
    Aurian und die Katzen beschlossen, zusammenzubleiben, und durchsuchten zunächst alle Gebäude von geringerer Bedeutung: das Wachhaus und die Ställe, die Räume, die der Feuer- beziehungsweise der Erdmagie gewidmet waren, Meiriels Krankenstube und die Küche mit der angrenzenden Halle. Sämtliche Gebäude waren verlassen und schienen sich schon beträchtliche Zeit in diesem Zustand zu befinden. Spinnweben spannten sich ungestört vor Türen und Fenstern, und die staubigen Böden wiesen keinerlei Fußabdrücke auf. Ein kränklich bleicher, abnehmender Mond ging gerade in dem Augenblick auf, als sie endlich in den kalten Schatten des Maguschturms traten und auf der anderen Seite des Hofs die Bibliothek mit ihrem endlosen Labyrinth unterirdischer Archive vor sich hatten. Aurian erschienen beide Möglichkeiten, der Turm wie die Bibliothek, gleichermaßen unerfreulich, aber sie kam zu dem Schluß, daß der Turm immer noch die bessere Wahl war. Mit einem leichten Schaudern blickte die Magusch durch den offenen Eingang des Gebäudes, das einst, in glücklicheren Zeiten, ihr Zuhause gewesen war. Die Tür stand offen – wie das dunkle, gierige Maul eines Ungeheuers, das nur darauf wartete, sie zu verschlingen. »Tja … Ich denke, wir bringen es besser hinter uns«, murmelte sie. Dann machte sie gemeinsam mit Shia den ersten Schritt in die Dunkelheit, während Khanu draußen zurückblieb, um Wache zu stehen.
    Das fahle Mondlicht hatte den Eingang zum Turm noch nicht erreicht, und im Innern des Gebäudes herrschte pechschwarze Dunkelheit. Sogar Aurians Nachtsicht benötigte ein gewisses Maß an Licht, wie wenig es auch sein mochte. Vergeblich mühte Aurian sich, in die undurchdringliche Finsternis am Fuß des Treppenhauses zu spähen. Sie wollte nach Möglichkeit kein Maguschlicht entzünden, um sich nicht zu verraten, falls jemand sie beobachtete. Der Turm erhob sich hoch über die Mauern, die die Akademie umgrenzten, und jedes beleuchtete Fenster würde von der Stadt aus zu sehen sein.
    »Wir fangen unten an«, sagte die Magusch zu Shia. Wie so oft in der Vergangenheit war sie froh darüber, daß ihre Gedankenrede sie der Notwendigkeit enthob, laut zu sprechen. »Wenn in einem dieser Räume irgend etwas sein sollte, möchte ich nicht, daß es uns den Ausgang versperrt.«
    Der erste Raum war die winzige Zelle, die Aurians erstes Zuhause in der Akademie gewesen war. Das Zimmerchen war genauso kahl wie damals, als Aurian dort gewohnt hatte, und sie drückte die Tür hastig und voller Unbehagen wieder zu. Dieser Raum weckte zu viele Erinnerungen an das unglückliche kleine Mädchen, das ein Opfer von Eliseths Grausamkeit gewesen war. Die nächsten Räume lagen ein Stockwerk höher – die Zimmer, die D’arvan und Davorshan gehört hatten. Sie waren ebenfalls leer und vom Staub langer Jahre überzogen, obwohl Aurian von dem Ausmaß der Feuchtigkeit und des Verfalls dort entsetzt war. In Bragars Gemächern lagen die Dinge genauso.
    Bisher hatte die Magusch die einzelnen Räume nur mit einem flüchtigen Blick gestreift und sich nicht mal die Mühe gemacht, ein Licht zu entzünden, da sie dort nicht viel Interessantes erwartete. Hoffentlich barg Eliseths Zimmerflucht mehr Hinweise auf den Aufenthaltsort der Wettermagusch. Erst als sie ins nächste Stockwerk und damit zu Eliseths Räumen kamen, bemerkte Aurian die Fußabdrücke. Bei ihrem überraschten Ausruf kam Shia, die unten geblieben war, um den Turmeingang zu bewachen, die Treppe hinauf gesprungen. Die Magusch kniete im Eingang von Eliseths Quartier und betrachtete die Abdrücke in dem Staub auf dem Boden.

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