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Die Asche der Erde

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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aufrappelte, rutschte ihr die Kapuze herunter. Erschrocken sah Hadrian den kahlen Kopf.
    »Buchanan wird die Hinrichtung zwischen die Rennen legen müssen, wenn er das noch diese Woche über die Bühne bringen will«, sagte Kapitänin Reese.
    »Wie konnten sie die Frau so einfach erwischen?«, fragte Hadrian sich laut.
    Die Kapitänin zuckte die Achseln. »Es heißt, man habe ihr auf dem See irgendeine Falle gestellt. Nichts und niemand ist da draußen schneller als ein Eissegler.«
    Hadrian riss sich zusammen und wandte sich wieder zum Tisch um. »Holzkisten«, sagte er. »Das haben Sie zuerst transportiert. Kisten voller Schrotpatronen. Die hätten mühelos unter diesen Tisch gepasst.«
    Reese trank aus und goss sich noch einen Whiskey ein. »Ich habe nicht behauptet, ich hätte hineingesehen.«
    »Jamie hat es. In die Kisten und in die Patronen. Deshalb war er auf einmal daran interessiert, mit der Polizei zu sprechen.«
    »Nein. Sie begreifen es nicht. Die Regierung geht zu weit. Die Leute müssen sich verteidigen können. Es ist nur rechtens, dass die Fischer Schrotflinten haben.«
    »Jamie hat entdeckt, dass die meisten Patronen mit Rauschgift gefüllt waren. Über den Untergang der
Anna
zu lügen und beim Schmuggeln zu helfen – das gehörte einfach dazu, wenn man bei den Fischern etwas werden wollte. Aber illegale Drogen nach Carthage zu verfrachten war etwas anderes.«
    Ihre Hand mit dem Glas hielt mitten in der Luft inne. »Nein«, sagte sie verunsichert. »Das war die alte Welt. Heute gibt es so etwas nicht mehr. Es war Munition. Jeder hat das Recht, Waffen zu tragen. Es ist mir egal, was der verdammte Gouverneur dazu sagt.«
    »Tun Sie sich selbst einen Gefallen. Nehmen Sie eine dieser Patronen, und schneiden Sie sie auf. Das Pulver darin hat Ihren Sohn umgebracht. Und es tötet auch andere in der Kolonie. Sie helfen den Drogenkurieren der Schakale.«
    Kapitänin Reese sagte nichts mehr, starrte einfach nur in ihren Whiskey. Sie schien nicht zu bemerken, dass Hadrian aufstand und die Kabine verließ. Die graue Katze geleitete ihn von Bord und lief dann wieder zurück.
     
    Hadrian tastete sich behutsam die dunkle Hintertreppe des Theatergebäudes hinauf. Er hatte sich vergewissert, dass Buchanans Kutsche vor dem Eingang stand, und wusste, dass der Mann sich beherrschen musste, wenn Hadrian ihn während der Vorstellung in seiner Loge überraschte. Doch als er um die Ecke des hinteren Korridors spähte, erstarrte er. Björn stand vor der Tür. Buchanan ging nirgendwo mehr ohne seinen Leibwächter hin. Hadrian stieg die Treppe wieder hinunter.
    Wenige Minuten später kletterte er über den Zaun auf das Gouverneursanwesen und versteckte sich in dem kleinen Räucherhaus auf der Rückseite des Grundstücks. Als er die Tür schloss, schimmerte etwas im Mondschein, der durch einen Spalt zwischen den Brettern fiel. Auf einem Baumstumpf lagen ein kleiner Hammer und ein Stück glänzendes Metall. Hadrian machte einen Schritt darauf zu. Unter seinem Fuß zerbrach ein Stück Porzellan. Er hob es auf und fand daneben noch drei weitere. Sie stammten von einem Puppenkopf, einem blonden Puppenkopf, den jemand mit dem Hammer zertrümmert hatte. Hadrian nahm das Metall. Es war mal ein Abzeichen gewesen, eines der nachgemachten Polizeiabzeichen, die Buchanan als Ausdruck seiner Wertschätzung verschenkte. Man hatte es flachgehämmert, das Relief gewissermaßen eingeebnet. Hadrian schaute zurück zu der Puppe.Ihm wurde klar, dass er sie schon mal gesehen hatte, und zwar in der Mühle. Jemand hatte den Engel erschlagen.
    Er setzte sich auf den Boden und lehnte sich an die Wand. Die reglosen Augen des Engels starrten ihn aus einem kleinen Fleck Mondlicht an.
    Hadrian merkte gar nicht, dass er eingeschlafen war, bis wütendes Hundegebell ihn weckte. Die Tür wurde aufgerissen. Er war immer noch schlaftrunken, als Björn ihn am Kragen packte, nach draußen zerrte und in Richtung der Küche schleifte.
    »Ich habe es geahnt. Die Gerüchte um deinen Tod waren zu schön, um wahr zu sein«, sagte Buchanan, als Björn ihn in das Arbeitszimmer im Erdgeschoss stieß. »Man hat dich beim Theater gesehen. Wenn ich in der Öffentlichkeit bin, arbeitet Björn mit Verstärkung.«
    »Mir hätte klar sein müssen, dass du inzwischen rund um die Uhr beschützt werden musst.« Hadrian ging zum Kamin, um sich aufzuwärmen. »Die Bürger sind unruhig.«
    Buchanan sah ihn nur ausdruckslos an und schickte Björn dann mit einer Geste aus dem Zimmer.

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