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Die Asche der Erde

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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sich zurück und öffnete ein Bullauge. Ihre Hand griff nach draußen und kam mit einem Schneeball wieder zurück. Hadrian nahm ihn dankbar entgegen und drückte ihn sich an die blutende Lippe.
    »Die Polizei hat gegen Fletcher ermittelt, wegen dessen Schmuggelei. Ich glaube, Jamie hatte begriffen – wie ich inzwischen auch –, dass der Schmuggel bloß Tarnung für weitaus schlimmere Dinge war. Er wollte bei den Ermittlungen behilflich sein. Aber Fletcher hat es herausgefunden.«
    »Nein. Jamie hatte einen Unfall. Das Krankenhaus hätte ihn heilen sollen, aber das hat es nicht.«
    »Käpt’n, wie ist Jamie überhaupt auf der
Anna
gelandet? Hat er Ihnen je von dem Untergang erzählt?«
    »Fletcher sagte, mein Junge hätte auf einem Segelschiff keine Zukunft. Es hat mir fast das Herz gebrochen, aber als Fletcher einen zusätzlichen Mann brauchte, habe ich Jamie ziehenlassen, damit er mal erlebt, wie es auf diesen Dampfern zugeht. All der Ruß und Lärm. Und schon auf seiner zweiten Fahrt ist das Schiff gesunken.«
    »Aber er hat Ihnen doch bestimmt davon erzählt.«
    »Seeleute sprechen nicht über so was. Das bringt Unglück. Zwei sind gestorben, zwei haben überlebt. Bei seiner Rückkehr bin ich zum ersten Mal seit Jahren in die Kirche gegangen.«
    »Die
Anna
ist an dem Tag nicht gesunken. Ich habe sie letzten Monat gesehen und bin sogar auf ihr mitgefahren. Fletcher hat den Untergang inszeniert. Er wollte Ihren Sohn nicht als Seemann, er wollte ihn als Schakal. Doch Jamie hatte Skrupel. Weil er gut erzogen war. Weil Sie ihm beigebracht hatten, was richtig und was falsch ist. Also hat Fletcher dafür gesorgt, dass Jamie auf einem seiner anderen Boote rausfuhr, und ihn dann unter Drogen setzen lassen. Als Folge der Drogen ist er ins Koma gefallen. Die Ärzte haben nur einen Fehler begangen: Sie haben zwei von Fletchers Männern gesagt, dass Jamie sich wahrscheinlich wieder erholen würde. Die Kerle sind aus dem Haus der Schakale dann nachts zurückgekommen und haben ihn mit seinem eigenen Kissen erstickt.«
    Kapitänin Reese starrte auf ihre rauen, schwieligen Handflächen. Eine große graue Katze kam zu ihr, als wolle das Tier sie trösten.
    »Fletcher und die Männer aus Sankt Gabriel haben Ihren Sohn getötet.«
    In der langen, bedrückenden Stille, die folgte, nahm Hadrian auf einem der Stühle Platz.
    »Sankt Gabriel ist ein schlimmer Ort«, sagte sie schließlich.
    »Sie waren schon mal dort?«
    »Nur um Fracht aufzunehmen. Auf Anweisung von Fletcher. Ich sagte ihm, mein Laderaum sei bereits voll, und er sagte, das würde kein Problem sein.«
    Hadrian musterte die Frau. Sie schien neugierig geworden zu sein. »Für gewöhnlich transportieren seine Dampfer die geschmuggelten Bergungsgüter selbst.«
    Die Kapitänin ging zu einem kleinen Schrank und holte daraus eine Flasche Whiskey und zwei Gläser hervor. Als Hadrian ablehnte, schenkte sie sich einen Drink ein, drehte das zweite Glas um und ließ ein wenig Alkohol auf dessen Boden tropfen. Die graue Katze leckte gierig alles auf.
    »Fletcher hasst die Segelboote. Er versucht immer wieder, uns durch die Innung stilllegen zu lassen. Wir Eigentümer sind nämlich alle unabhängige Kapitäne, von denen keiner ihm den Hintern küsst. Aber er weiß, was ich von der Regierung halte, und so hat er mich aufgefordert, etwas Bestimmtes an Bord mitzunehmen. Ich würde zwanzig Kilometer barfuß über das Eis wandern, um diesen Hurensohn Buchanan zu ärgern. Ich glaube, die Polizei hat bei Fletcher herumgeschnüffelt. Aber auf die Segeltrawler achtet niemand. Wir kommen und gehen ohne jedes Aufsehen. Wir müssen weder Holz bunkern noch verrät eine Rauchfahne unseren Kurs. Als er letzten Monat wollte, dass ich anfange, auch manche der Männer aus Sankt Gabriel zu transportieren, habe ich eine Bezahlung verlangt. Er hätte mich fast ins Gesicht geschlagen. Er sagte, meine Bezahlung sei, dass die Schakale mir nicht das Boot abfackeln.«
    Noch während sie sprach, wurden draußen heisere Schreie laut. Sie schauten beide durch ein Bullauge und sahen eine kleine Menschenmenge auf dem Hauptkai. Die Leute jubelten einer Prozession zu, die von Bord des soeben eingetroffenen Eisseglers ging. Vier Männer mit Eisstangen trieben eine Gestalt mit Kapuze auf die Stadt zu.
    »Mir zahlen sie nichts, und dabei bringt dieser kleine Nachmittagsausflug ihnen tausend Dollar ein«, murmelte die Kapitänin.
    Die Gestalt stürzte, weil eine der Stangen sie an der Schulter traf. Als sie sich

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