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Die Asche der Erde

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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immer noch die kleinen Figuren.«
    »Doch genau genommen kommen sie von der Innung.«
    Williams rundes Gesicht legte sich in Sorgenfalten. »Ja«, bestätigte er, »sie kommen von der Innung.«
    Hadrian strich mit den Fingern über ein Lamm. »Bergungsgüter«, sagte er. »Es hat alles mit Schmuggel zu tun.« Er erklärte, was er über van Wycks Tod und den nachfolgenden Gebrauch des Siegelrings wusste, mit dem der Gouverneur manipuliert worden war.
    William setzte sich erneut auf eine Bank. Als er schließlich sprach, flüsterte er, als solle das Lamm es nicht hören. »Das heißt also, seine Mörder haben für meine Kapelle gezahlt. Aber wieso?«
    »Sie müssen an dem Hügel dort oben irgendein Interesse haben. Die Aufmerksamkeit soll von ihm abgelenkt werden, und die Selbstmorde sollen brav weitergehen. Abgesehen von den Selbstmordkandidaten steigt niemand mehr nach oben. Deren Angehörige kommen später zum Trauern her, aber nicht weiter als bis zu dieser Kapelle, jedenfalls nicht so hoch wie zu dem alten Schrein.« Hadrian senkte den Blick zu Boden und erzählte ihm von der Karte, die in der Mühle versteckt war. »Dafür sind dieselben Leute verantwortlich. Sie wollen, dass der Grat zum Niemandsland wird, in dem es vermeintlich spukt.«
    Es dauerte lange, bis der Mönch etwas erwiderte. »Ich habe eine Theorie über das Ende der Zivilisation«, sagte er leise. »Erst drückst du ein paar Knöpfe, und Millionen Fremde sterben. Dann fängst du an, beim Kartenspielen zu schummeln, und vergisst den Geburtstag deiner Mutter. Und ehe du dich versiehst, bringst du Kindern bei, wie man Selbstmord begeht.«
    Als William aufblickte, lag etwas Neues in seinem Blick, eine aufkeimende Wut. »Um Gottes willen! Auch ich bin für die bloß eine Marionette, genau wie die Kinder!« Er stand auf und deutete den Hügel hinauf. Dann machte er sich schnellen Schrittes auf den Weg. Hadrian schaute ihm kurz hinterher und folgte ihm dann.
    Eine halbe Stunde später standen sie an der kleinen, inzwischen von Unkraut überwucherten Lichtung, auf der sich der frühere Schrein befunden hatte. Hadrian schritt den Rand ab und blickte unbehaglich den bewaldeten Hang hinauf, der zum Schauplatz so vieler Selbstmorde geworden war. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf die unterhalb gelegene Landschaft. Der Stadtrand mit seinen Geschäften und Wohnhäusern. Der Friedhof mit Jonahs frischem Grab als braunem Strich im gemähten Gras. Das Fischereigelände. Die Schlucht, über der der knorrige alte Signalbaum aufragte.
    »Was entgeht mir?«, fragte Hadrian. »Was haben Sie sonst noch von hier oben aus gesehen?« Dann korrigierte er sich. »Wen haben Sie gesehen?« Vielleicht ging es weniger um einen Ort als vielmehr um die Machenschaften irgendwelcher Personen. »Falls ich ein Schmuggler wäre, weshalb würde mir der Ausblick von hier oben Sorgen bereiten?«
    »Ein Schmuggler kann sich an allen möglichen Stellen heimlich über die Grenze schleichen«, entgegnete William. »Aber hier ergäbe das keinen Sinn.« Er deutete auf die tiefe Kluft, die unterhalb des Grats die Grenze der Kolonie darstellte. »Man kann die Schlucht nicht überqueren. Ich habe von einer geplanten Brücke gehört, aber die wäre am südlichen Ende des Grats.«
    »Doch wenn man zum Schmuggeln Boote einsetzt, hat man von hier aus einen erstklassigen Blick. Es muss also um die Kaianlagen gehen.«
    »Aber von der neuen Kapelle aus sieht man die Straße zwischen den Kais und der Stadt«, wandte William ein.
    »Nicht jedoch die Straße zwischen den Kais und der Werft«, sagte Hadrian. »Und auch nicht die Straße zum Eishaus.« Er ging zum westlichen Rand der Lichtung, wo das Sims in einer fast senkrechten Klippe abfiel. Tief unter ihnen und außer Sicht lag der Eingang der Höhle, in der die Eisblöcke gelagert wurden, die man im Winter aus dem See schnitt. Eine viel benutzte unbefestigte Straße führte dorthin. Hadrian zeigte auf eine schmale dunkle Linie, die seitlich abzweigte und in einem Gehölz verschwand.
    »Man hat es zuerst mit einer anderen Höhle versucht«, erklärte William. »Aber der Zugang war zu gefährlich. Der Pfad verlief am Rand der Schlucht, so dass die Transporte leicht hätten abstürzen können. Dann fand man die andere, tiefer gelegene Höhle, bei der man bloß den Eingang erweitern musste.«
    »Können Sie mir die erste Höhle zeigen?«
    William, der auf dem Grat oft nach Selbstmördern suchte, kannte sich hier besser aus als jeder andere. Der Mönch

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