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Die Asche der Erde

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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führte Hadrian schweigend durch ein Labyrinth von verschlungenen Wildpfaden, über die Kuppe hinweg und einen steilen Hang hinunter, auf dem verkümmerte Lorbeerbäume und Immergrüne wuchsen.
    Als sie dann auf ein gepflegtes Straßenbett stießen, keuchte Hadrians Begleiter nicht etwa überrascht auf, sondern knurrte wie ein wütendes Tier. Der Weg zu der Höhle mochte einst aufgegeben worden sein, aber später hatte man ihn ausgebaut, breit genug für einen Pferdewagen. Hadrian ging ein paar Schritte in Richtung des Sees und sah, dass die geheime Straße unweit einer scharfen Haarnadelkurve zwischen den Bäumen hervorkam. Die Kurve führte um einen hohen Felsvorsprung herum, der alle Blicke von unten blockierte.Auch von oben betrachtet verbargen dieser Vorsprung sowie der steile, fast senkrechte Hang die Sicht. Ein zufälliger Beobachter würde annehmen, lediglich die Schlucht vor sich zu sehen. Nur die Ausgestoßenen auf der anderen Seite des Abgrunds konnten alles erkennen. Hadrian machte kehrt und folgte der Straße, bis sie nach etwa vierhundert Metern vor zwei schweren gezimmerten Türflügeln endete.
    Die Doppeltür war durch einen hölzernen Riegel gesichert. Zwei eiserne Ösen mit einem Vorhängeschloss verhinderten, dass man ihn aus der Führung heben konnte. Hadrian nahm einen Stein mit scharfer Kante und fing an, auf eine der Ösen einzuhämmern. Nach einer Minute gesellte William sich mit einem noch schwereren Stein hinzu, so dass sie abwechselnd auf die Öse einschlugen. Als das weiche Metall schließlich nachgab, nahmen sie das Schloss ab, entfernten den Riegel und öffneten die Türflügel.
    Die Höhle dahinter war, so weit sie sehen konnten, mit Gütern vollgestopft. Auf einer Seite des Eingangs stand ein abgewetzter Lehnsessel. Gegenüber hing ein ausgestopfter Elchkopf an einem der Balken, die den Türrahmen stützten. Auf Tischen stapelten sich Kleidungsstücke, Kerzenleuchter, Gemälde, Lampen, Küchenutensilien und Hunderte anderer Dinge. Unter dem Elchkopf stand eine lange Werkbank vor der Wand. An ihrem vorderen Ende befand sich eine der primitiven Prägemaschinen zum Fälschen von Steuersiegeln. Am anderen Ende war ein handbetriebener Schleifstein. Daneben lagen drei Schwerter, von denen eines auf die Größe eines Messers heruntergeschliffen worden war. Hadrian hob es mit zitternder Hand auf. »Jonahs Mörder hatten eine ganz ähnliche Waffe bei sich«, verkündete er.
    Er war sich nicht sicher, ob Pater William ihn gehört hatte. Der Mönch starrte wie betäubt auf die Schmuggelgüter und wich dann langsam rückwärts aus der Höhle. WährendWilliam die Straße hinunterging, nahm Hadrian die Tische genauer in Augenschein. Auf einem lagen erstklassig erhaltene Spielzeuge, die meisten noch in ihrer ursprünglichen Verpackung. Die Geister benutzten Schätze dieser Art, um die Moral der Kinder zu untergraben. Auf dem nächsten Tisch stapelten sich zahllose der kleinen Holzkästen, wie er sie in der Küche der Schmugglerwohnung gesehen hatte. Sie waren mit der Gewürzmelange gefüllt, die hier jahrelang das begehrteste Schwarzmarktprodukt gewesen war, eine Mischung aus allem, was einer Bergungsmannschaft in die Hände fallen mochte, und dem Pulver, mit dem sie gestreckt wurde. Die Männer mit der Signallampe auf der Klippe hatten den Geruch von Gewürzen verströmt. Emily hatte erzählt, die Fischer, die Jamie vor seiner Ermordung beobachtet hatten, hätten nach Nelken und Zimt gerochen. Jansen hatte bei seinem Tod Pulver an den Fingern gehabt.
    Hadrian suchte vergeblich nach Schusswaffen oder weiterer Munition, kehrte zu dem Tisch mit den Spielzeugen zurück und raffte so viele wie möglich zusammen. Dann trug er sie zum Rand der Schlucht und warf sie in die Tiefe. Das wiederholte er noch vier Mal, dann war der Tisch leer.
    Als er fertig war, sank er erschöpft auf den dick gepolsterten Sessel am Eingang. Er war ja so blind gewesen, sie alle waren so blind gewesen, zermarterten sich das Hirn über Politik, während das organisierte Verbrechen seine Tentakel in die Kolonie ausstreckte. Er zog Jonahs Sorgenstein aus der Tasche, fing an ihn zu reiben und starrte in die irgendwie spöttischen Augen des Elchs.
    Schließlich stand er auf, schloss die beiden Türflügel, sicherte sie mit dem Riegel und machte sich gemächlich auf den Rückweg über die Hügelkuppe. Als er von oben die kleine Kapelle zum ersten Mal wieder zu Gesicht bekam, war William dort gerade hektisch damit beschäftigt, alle

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