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Die Asche der Erde

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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gestohlen.«
    Jori nickte grimmig.
    Als der Untergang der
Anna
gemeldet worden war, hatten sowohl Jonah als auch Hadrian sich persönlich betroffen gefühlt, obwohl die Werft mittlerweile leistungsfähiger war und größere, zweckmäßigere Arbeitsboote herstellte. Die
Anna
war klein und schnell. Der Traum eines jeden Schmugglers.
    Hadrian überlegte angestrengt, wie man ihren Verlust wohl inszeniert haben mochte. Er war bei der Anhörung zugegen gewesen, hatte gehört, wie ein jäher Sturm sie überrascht hatte, während die Maschine abgeschaltet war, weil eine undichteLeitung repariert werden musste. Er schloss die Augen und rief sich die Aussagen der beiden heldenhaften Überlebenden ins Gedächtnis, die sich zwei Tage lang an einem gekenterten Beiboot festgeklammert hatten. Es waren Fletcher und Jamie Reese gewesen, der das Pech gehabt hatte, von Bord der
Zeus
für ein erkranktes Besatzungsmitglied eingesprungen zu sein. Sie hatten ausgesagt, die zwei anderen Männer der
Anna
seien ertrunken. Man hatte daraufhin auf dem Friedhof einen Kranz für sie niedergelegt. Flynn und Wheeler. Er erinnerte sich, wie der Gouverneur ihre Namen als Neuzugänge auf der Ehrenliste der Kolonie verkündet hatte. Jonah hatte eine Rede gehalten.
    Dann hielt Hadrian inne. Auf seiner letzten Tagebuchseite hatte Jonah von den zehn Dampfern der Flotte geschrieben.
Die Wanderer sind alle nach Hause zurückgekehrt
. Jonah hatte es gewusst und wohlüberlegt die Wahrheit geschrieben, als wolle er jemandem, der die Mysterien seines Tagebuchs verstand, etwas mitteilen. Hadrian hatte die Aufzeichnungen nicht vollends durchschaut. Sie enthielten Geheimnisse innerhalb von Geheimnissen.
    Er betrachtete das nachträglich eingezogene Schott, das den Laderaum unterteilte und so vor dem Maschinenraum eine zusätzliche Kammer schuf. Als er nach seinem Messer tastete, fand er es zu seiner Überraschung immer noch in der Tasche vor. Er entschied sich für den Rand eines großen Astlochs in den hölzernen Planken und fing an, mit der Klinge Stück für Stück herauszubrechen.
    Zehn Minuten später drückte er sein Auge an die Öffnung und spähte in einen kleinen Raum mit erhöhtem Boden. Die Deckenluke stand ein Stück offen und ließ genug Licht herein, dass Hadrian sechs der Fässchen erkennen konnte, die mit der Schubkarre von dem abgezäunten Gelände transportiert worden waren. Man hatte sie mit Seilen sorgfältig anKlampen verzurrt. Er spürte eine Berührung an der Schulter und machte Platz, um Waller hindurchsehen zu lassen.
    »Was könnten die Camps herstellen, das für ein paar verarmte Fischer im Norden dermaßen wertvoll wäre?«, fragte sie.
    »Schießpulver.«
    »Nein«, widersprach sie sofort. »Ich war vor zwei Tagen in der Bibliothek und habe in den alten Lehrbüchern nachgeschlagen. Man benötigt dafür Nitrat, Holzkohle und Schwefel. Der Schwefel ist gelb und stinkt wie verfaulte Eier.«
    »Das alles dürfte sich in den Bergen finden lassen. Sie vergessen, dass viele der ersten Ausgestoßenen Wissenschaftler waren. Als man für die Anlage der Teichterrassen Kanäle sprengen musste, hat Jonah einen Kurs über die Herstellung von Schießpulver abgehalten.«
    »Ich habe daran teilgenommen, und damals hat es bei Jonah auch furchtbar gestunken. Aber auf dem eingezäunten Gelände gab es nichts dergleichen. Die Kerle haben mich anfangs ignoriert und bloß gefesselt und geknebelt. Dann haben sie diese Ladung vorbereitet. In den Fässern steckten noch kleinere Fässer, eng in Hirschleder gewickelt und mit Wachs versiegelt. Es roch nach Gewürzen. Und nach diesem beißenden Zeug, das in Farbe verwendet wird.«
    »Terpentin.«
    Hadrian beugte sich vor und starrte lange auf die Fässer. Was auch immer der Inhalt war, Kinzler hatte es ersonnen. Er war die Antwort der Camps auf Jonah. Hadrian richtete sich auf und stützte sich am Schott ab. Ihm schwante Übles. Falls das in den Fässern kein Schießpulver war, dann etwas ebenso Gefährliches. Jonah hatte es irgendwie durchschaut und hätte gewusst, wie man Kinzlers Alchemie begegnen musste. Er wäre für Kinzler eine Bedrohung gewesen.
    Waller stellte sich unter die Luke und beobachtete denHimmel. »Sind Sie schon mal dort gewesen?«, fragte sie. »Im Norden?«
    »Nein, Sergeant, bin ich nicht.«
    Sie warf ihm einen verärgerten Blick zu. »Ich heiße Jori. Nicht Sergeant. Nicht Waller.«
    »Nein«, fing er erneut an und kam sich irgendwie unbeholfen vor. »Nein, Jori. Ich war noch nicht dort.«

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