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Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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bestürzt an.
    Mischa, komm!
blubberte Gemmi ihr durch den Sinn, ein Bach, ein Hochwasser führender Fluß, der alles fortschwemmte. Mischa schloß fest die Augen, und als sie sie wieder öffnete, schien Jan Hikaru sich entfernt zu haben, und statt seiner starrten ihn zwei an, und gleich darauf waren es acht Jan Hikarus, die die Hände nach ihr ausstreckten, und Mischa sah die Welt durch einen klaren, facettierten Brillanten, der sich spaltete und ausbreitete und das Licht wie die Bilder ständig veränderte. Darauf kehrte sich der Prozeß um, die Zahl der Bilder halbierte sich mit der Zahl der Facetten, bis er allein vor ihr stand.
    »Es ist Gemmi«, murmelte sie. »Sie ruft mich. Sie wird mich nie gehen lassen ...«
    »Wir haben es bald geschafft«, sagte er. »Sie wird dir nicht von der Erde folgen können.«
    »Ich weiß nicht ... Sie wird nie schwächer.«
    »Du bist nie imstande gewesen, dich sehr weit vom Zentrum zu entfernen«, erwiderte er. »Nur nicht aufgeben, Mischa. Halt noch ein wenig länger aus.«
    Und er legte ihr den Arm um die Schultern und stützte sie körperlich und mit seiner tiefen, ruhigen Gegenwart.
    Aber sie wußte, daß sie niemals wegkommen würde; sie sagte sich, daß sie niemals wirklich eine Chance gehabt habe, ungeachtet all ihrer Träume, ihres trotzigen Mutes. Sie bemerkte, daß Val und Simon und die anderen sie neugierig und ein wenig besorgt beobachteten, aber sie waren alle sehr weit weg und konnten sie weder erreichen noch ihr helfen. Gemmi fühlte, daß Mischa nicht zu ihr kam, und fing an zu kreischen und zu schreien. Jeder Schritt, den Mischa tat, schien durch Treibsand zu führen, in dem sie untergehen konnte, wenn sie strauchelte und fiele. Tränen rannen ihr übers Gesicht; sie konnte nichts hören. Die Welt verschwamm vor ihren Augen. Sie entzog sich Jans Arm, und ihre Knie und Handflächen prallten auf unebenen Stein. »Ich habe früher schon versucht, mich gegen sie zu wehren«, schluchzte sie. »Glauben Sie, ich hätte mich nicht bemüht?« Sie breitete die Hände auf dem Steinboden aus. »Ich kann nicht kommen«, murmelte sie. »Nicht jetzt ...« Sie hörte Jan und Val durcheinanderreden, und sogar Simon schaltete sich ein, als sie erklärten und argumentierten, und schließlich sagte Subzwei: »Man muß sie gehen lassen, oder sie wird verrückt«, und Mischa dachte, daß er allein verstehen mochte, wie stark der Zwang war, unter dem sie stand.
    Sie hörte ein lautes Krachen, wie ein Bersten oder einen Bergsturz in weiter Ferne, und alles außer Gemmi verblaßte. Sie versuchte aufzustehen, getrieben von der Vorstellung, die anderen ließen sie zurück.
    Sie fühlte die Berührung von Krabbes verwirrtem Geist und wehrte sogar ihn ab. Er drängte ihre Identität an den Rand ihres Bewußtseins, weil sie unfähig war, die Konzentration aufzubringen, die nötig gewesen wäre, um ihn zu verstehen. Er stand bei ihrem Kopf und hielt sie bei den Händen und entsandte kleine Gedankenfühler wie Fasern von Spinnweben in ihren Geist. Auch Gemmi fühlte Krabbe und zog sich in Angst vor dem Unbekannten zurück. Aber Krabbe lockte sie mit den Windungen und Abgründen seines Bewußtseins wieder hervor. So blieb es lange Zeit hindurch, und Mischa sah halb von Sinnen zu, wie Krabbe und Gemmi spielten. Mischa bildete sich ein, sie höre ein Schiff starten, und dachte, Jan sei abgereist, und Val sei in den tiefen Untergrund zurückgekehrt, und Chris war tot, und sie war wieder für immer allein, bis auf Krabbe und Gemmi. »Es ist nicht recht!« rief sie ihnen erbittert zu. »Krabbe, ich dachte, wir seien Freunde!«, und auf einmal schien er zu verstehen, was alles dies ihr bedeutete, mit einer Implosion von Eingebung, die ihm erlaubte, für einen Sekundenbruchteil die konfusen Empfindungen seines Geistes zu entwirren. Mischa spürte, wie er sich von der Kraft ihrer Erbitterung nährte und sich ausdehnte, als wäre sein Geist wie sein Körper geformt, mit scharfen Klauen, die er ausstrecken konnte. Er zog sie mit sich, bis sie Gemmi deutlicher sehen konnte, als sie es je getan oder gewünscht hatte, und in diesem Augenblick konnte Mischa alles sehen, was Gemmi sah: ein Mosaik, in welchem jedes Bewußtsein im Zentrum seinen Platz hatte. Doch weder sie noch Krabbe konnten es ertragen. Sie zogen sich zurück, und die totale Verschmelzung hörte auf. Aber Krabbe blieb in Gemmis Nähe; Mischa sah, wonach er suchte, und zeigte es ihm. Er wollte danach greifen. »Warte, noch nicht«, sagte

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