Die Asche der Erde
Tür. Es war die Haushofmeisterin, die niemals klopfte; ob aus mangelnder Erfahrung mit Türen oder weil sie keinen Lärm machen wollte, wußte Subzwei nicht. Der Sensor, der den Öffnermechanismus steuerte, war primitiv und behelfsmäßig von einem Techniker der Besatzung zusammengebastelt. Er hatte sich als wenig sensitiv erwiesen, denn er öffnete die Tür auf den Klang von Subeins' Stimme geradeso wie auf seine eigene. Das war eine der kleinen Unvollkommenheiten, die bereits begannen, ihn verdrießlich zu stimmen. Er wandte sich der Frau zu. Sie war eine hübsche und elegante Erscheinung, und er fühlte sich in ihrer Gegenwart seltsam gehemmt.
»Meine Räume sind jetzt fertig. Wie gefallen sie Ihnen?«
Sie sah ihn mit einem Ausdruck unverstellter Überraschung an. »Warum fragen Sie mich nach meiner Meinung, Herr? Sie ist ohne Belang.«
Er war sich noch nicht klar, ob es ihr ernst mit ihrer Selbsterniedrigung war, oder ob sie ihn damit verspottete. Er hielt sie für zu intelligent, um die eigenen Gedanken für wertlos zu halten, doch in den Tagen, die sie zusammen gearbeitet hatten, war sie niemals einen Zollbreit von der Rolle abgewichen; wenn es eine Rolle war.
Seine sexuellen Erfahrungen waren Experimente gewesen, Erforschung für ihn, beiläufige Abenteuer für seine Partnerinnen. Die Erinnerungen an sie stellten sich nicht ungerufen ein, wie es seine Gedanken an Galathea taten. Sie tat ihre Pflicht mit absoluter Korrektheit, war aber nie servil. Noch brachte sie jemals ihre Individualität oder ihre Meinungen zur Geltung, was Subzwei sehr störte und verwirrte. Es hatte länger gedauert, bis er begriffen hatte, daß eine solche Unterdrückung der eigenen Individualität an einem Ort, wo eine freie Person buchstäblich über Leben und Tod eines Sklaven verfügen konnte, notwendig zum Überleben war. Er meinte jedoch, die Frau müßte inzwischen wissen, daß er eine solche Situation niemals ausnutzen würde. Er meinte, sie sollte ihm vertrauen, und konnte nicht verstehen, daß ihre Situation entweder die Erosion der Geistesgegenwart oder die des Vertrauens erforderte.
»Kommen Sie«, sagte Subzwei. »Ich bin nicht Blaisse.« »Sie sind sein Gast.«
»Ich bin es gewohnt, meines Geschmacks wegen als eigenartig zu gelten. Es könnte mich kaum kränken, wenn Sie mit der Mehrheit übereinstimmten.«
»Nach den Gesetzen können Sie jeden Sklaven züchtigen, dessen Verhalten Sie als kränkend oder beleidigend empfinden.«
»Niemand sollte von Aufrichtigkeit gekränkt sein.« Er lächelte, ein kühles, ausdrucksloses Lächeln, das für seine Begriffe bedeutungsvoll war.
»Ich finde Ihre Räume etwas seltsam, aber nicht unattraktiv«, sagte sie plötzlich. »Fremdartig und doch irgendwie vertraut.«
»In der Sphäre gibt es einige Orte, wo in diesem Stil gebaut wird«, sagte er. »Vielleicht haben Sie ...«
»Mir ist nichts darüber bekannt.«
»Zivilisierte Planeten haben Archive und Bibliotheken.«
Sie lächelte ihn an, ironisch, wie er meinte, und brauchte nichts mehr zu sagen, um ihn auf die Vergeblichkeit seiner Neugierde hinzuweisen. »Benötigen Sie noch etwas, Herr, bevor ich hinaufgehe?«
Er blickte sie an und zögerte, bis er bemerkte, daß sie den Blick von ihm gewandt hatte und starr und in sich gekehrt stand. »Nein«, sagte er. »Nichts.«
Aus dem Tagebuch des Jan Hikaru:
Heute führte ich ein langes, merkwürdiges Gespräch mit Subzwei. Ich glaube, meine Anwesenheit verwirrt ihn. Er weiß, daß ich kein Pirat bin, er kennt meine Interessen und Kenntnisse, meine Herkunft und meine Fähigkeiten, aber er weiß nicht, was ich bin. Und wie könnte ich es ihm sagen, wenn ich es selbst nicht weiß?
Ich sagte ihm, daß ich nicht beabsichtige, mich seiner Gruppe anzuschließen, daß der Zufall mich hierher verweht hat und daß ich so bald wie möglich abreisen werde. Was immer geschehen mag, ich werde nicht als Strandgut hier zurückbleiben. Ich vermute, daß Subzwei nicht mit den Traditionen der Raumfahrt aufgewachsen ist, aber er respektiert die Sitten seiner Leute. Und die Piraten achten die Motive meiner Herreise hinreichend, um mich wieder mitzunehmen.
Ich glaube, Subzwei weiß mehr über mich, als ich über ihn und Subeins weiß. Um etwas über sie zu erfahren, setzte ich mich an den Datenanschluß im Gemeinschaftsraum und versuchte, Informationen über die Pseudozygoten zu erhalten. Ich bekam keine Null, also sollten Informationen in den Datenspeichern gewesen sein, aber der
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