Die Asche der Erde
Datenanschluß konnte oder wollte sie nicht durchgeben. Ich fragte mich, welche Geheimnisse einen Perfektionisten wie Subzwei veranlassen mögen, das Kombinationsvermögen seiner Datenverarbeitungsanlage durch die Sperrung von Speichersegmenten zu behindern ...
Als Clarissas Einladung eintraf, mußte Subzwei jemanden in die Stadt schicken, um seinen Partner zu suchen. Subeins verbrachte mehr und mehr Zeit in diesem Morast von Ausschweifungen und Unbeständigkeit. Er schien Gefallen an dem zu finden, was Subzwei unerträglich fand. So brachte Subeins es fertig, mit seinen Leuten, mit Drogenhändlern, mit allen und jedem beisammenzusitzen, zu trinken und zu lachen, ohne einen Gedanken an seine Erziehung, seine Position und Intelligenz, vom Anstand ganz zu schweigen. Subzwei begrüßte das Auseinanderwachsen, aber er wünschte, Subeins hätte einen anderen Weg zur Manifestation der Veränderung gewählt. Möglicherweise versuchte Subeins mit seinem zunehmenden Konsum von Narkotika, Halluzinogenen und Aufputschmitteln zu vertreiben, was er an Reaktionen von Subzwei fühlte. Das Experiment ihrer Erziehung konnte erst als abgeschlossen betrachtet werden, wenn sie aufhörten, die gelegentlichen Resonanzen der Muskeln des Partners in ihren eigenen zu spüren. Als Subeins in den Palast zurückkehrte, trug er ein übelriechendes Gewand aus Tierfell und hatte Tierzähne ins Haar gebunden. Außerdem roch er nach Äthanol und verschwitzten Liebesfreuden.
»Ja,
was
ist?«
Subzwei mißbilligte die Ungenauigkeit, die sich in Subeins' Sprache eingeschlichen hatte, wußte aber nicht, was er dagegen tun sollte. »Wir speisen heute abend im Palast«, sagte er. »Auf Einladung unserer Gastgeber.«
»Auf ihren Befehl, meinst du.«
»Wir sind Partner.«
Subeins zeigte ein höhnisches Lächeln. Der Ausdruck paßte nicht in sein glattes, bronzebraunes Gesicht. »In Ordnung«, sagte er. »Gehen wir also.«
»Willst du in diesem Aufzug gehen?«
»Natürlich. Warum nicht?«
»Ich nehme Anstoß daran.«
»Ahh«, sagte Subeins angewidert.
Subzwei zuckte die Achseln; gemeinsam gingen sie zum Steigrohr und ließen sich in den Palast hinaufheben.
Subzwei hatte nicht mit einem Bankett gerechnet. Clarissas Nachricht hatte keine anderen Leute erwähnt, doch als die Pseudozygoten die obere Ebene erreichten, wurden sie in einen großen, von Kronleuchtern und flackernden Flammen in Käfigen aus Messingdraht erhellten Saal geführt. Eine Vielzahl zuckender Schatten umgab die Teilnehmer des Gastmahls gleich elektromagnetischen Aureolen. Subzwei zählte einundvierzig Gäste, und er und Subeins machten dreiundvierzig. Beides Primzahlen. Subzwei kannte sich mit Omina aus, numerischen Omina, die auf Primzahlen und vollkommenen Quadraten und Dreiwertigkeiten beruhten, aber er wußte nicht, ob dies ein Omen war und von welcher Art. Er mochte keine Primzahlen: Keine Formel konnte sie voraussagen.
Die Herzogin ruhte am Ende des Tisches nahe der Türöffnung, durch die sie eintraten. Sie trug eine Serie von metallischen Streifen, die ihren Körper umwickelten und mit dem Temperaturgradienten den Farbton wechselten. Sie streckte den Pseudozygoten ihre juwelengeschmückten Hände entgegen. Ihre Augen imitierten das Blitzen von Diamanten. Subzwei fragte sich, wie sie durch die zahlreichen Facetten sehen konnte; vielleicht sah sie viele winzige bewegte Bilder.
»Es ist nett von Ihnen, daß Sie gekommen sind«, sagte sie. »Alle sind darauf versessen, Sie kennenzulernen.«
»Wir sind erfreut über die Einladung«, sagte Subzwei mit einer förmlichen Verbeugung, während Clarissa erst ihn und dann seinen Partner musterte. Die Irisverstärker verliehen ihr einen seltsamen Anschein von Blindheit.
Sie ließ Subzweis Hand los und strich über das Fellgewand des anderen. »Wie originell«, sagte sie. »Es muß sehr teuer gewesen sein. Und es steht Ihnen gut.« Sie ließ die Hand knapp über dem unteren Rand des Kleidungsstücks ruhen, das Subeins' Oberschenkel kaum zur Hälfte bedeckte. Subeins lächelte ihr zu, als er ihre prüfende Hand auf seinem Geschlecht spürte; seine Zähne waren so weiß und glänzend und scharf wie die Kette aus Tierzähnen in seinem schwarzen Haar.
»Welches Kleidungsstück wäre an einem so historischen Ort geeigneter als ein Fell?«
Clarissa lachte. »Aber was trägt man darunter?«
»Wieso, nichts. Das würde seine barbarische Wirkung beeinträchtigen.«
Die Gäste, die in Hörweite seiner Stimme um die Tafel lagerten,
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