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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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Leben ist leer. Er kann seine Zeitung nicht lesen, er kann sein Ei nicht essen, und er kümmert vor sich hin. Sein Arzt sagt, leben Sie unter den Armen im East End von London dann lernen Sie das Leben lieben und das macht er auch und verliebt sich in ein Mädchen das arm aber ehrlich ist und sehr intelligent und sie heiraten und ziehen in sein Haus im West End was die reiche Gegend ist, denn es ist leichter den Armen zu helfen und es nicht satt zu haben, wenn es einem richtig gutgeht.
    Seumas hat es gern, wenn ich ihm erzähle, was ich lese. Er sagt, diese Geschichte über Mr. Ernest Bliss ist eine erfundene Geschichte, denn kein normaler Mensch würde zum Doktor gehen müssen, weil er zuviel Geld hat und sein Ei nicht ißt, obwohl, man weiß ja nie. Vielleicht ist das in England so. In Irland findet man dergleichen Menschen jedenfalls nicht. Wenn man hier sein Ei nicht ißt, schaffen sie einen in die Irrenanstalt oder verständigen den Bischof.
    Ich kann es nicht erwarten, wieder zu Hause zu sein und Malachy von dem Mann zu erzählen, der sein Ei nicht essen will. Malachy wird vor Lachen umfallen, weil so was nie passieren könnte. Er wird sagen, ich denke mir das aus, aber wenn
ich ihm sage, daß es in der Geschichte um einen Engländer geht, wird er verstehen.
    Ich kann dem Mädchen mit dem blauen Kleid nicht sagen, daß diese Geschichte albern war, denn dann hat sie vielleicht einen Anfall. Sie sagt, wenn du das Buch durch hast, bring ich dir ein neues, es gibt nämlich einen ganzen Karton mit Büchern, die früher mal von Patienten hiergelassen wurden. Sie bringt mir ein Buch namens Tom Brown geht zur Schule, was schwer zu lesen ist, und Bücher ohne Ende von P.G. Wodehouse, und über die Abenteuer eines Pumpgenies muß ich lachen und über Bertie Wooster und Jeeves und über all die Mulliners. Bertie Wooster ist auch reich, aber er ißt jeden Morgen sein Ei, weil er Angst hat, was Jeeves sonst sagt. Ich würde so gern mit dem Mädchen in dem blauen Kleid oder irgend jemandem über die Bücher reden, aber ich habe Angst, daß die Krankenschwester aus Kerry oder Schwester Rita was merken, und dann verlegen sie mich noch ein Stockwerk höher in eine noch größere Station mit fünfzig leeren Betten und jeder Menge Hungergeistern mit grünen Mündern und knochigen Zeigefingern. Nachts liege ich im Bett und denke an Tom Brown und seine Abenteuer auf der Schule in Rugby und an all die Figuren bei P.G. Wodehouse. Ich kann vom rotlippigen Wirtstöchterlein und vom Wegelagerer träumen, und die Krankenschwestern
und Nonnen können nichts dagegen machen. Es ist wunderbar, wenn man weiß, daß die Welt sich nicht in das einmischen kann, was man innen im Kopf hat.
    Es ist August, und ich bin elf. Ich bin nun schon seit zwei Monaten in diesem Krankenhaus, und ich frage mich, ob sie mich zu Weihnachten rauslassen. Die Krankenschwester aus Kerry sagt mir, ich soll auf meine zwei Knie niederknien und Gott dafür danken, daß ich lebe, anstatt mich zu beklagen.
    Ich beklage mich gar nicht, Schwester, ich frage mich nur, ob ich zu Weihnachten wieder nach Hause darf.
    Sie will mir nicht antworten. Sie sagt mir, ich soll mich benehmen, oder sie schickt Schwester Rita zu mir rauf, und dann werd ich mich benehmen.
    Mam kommt an meinem Geburtstag zum Krankenhaus und schickt ein Päckchen nach oben mit zwei Tafeln Schokolade und einer Liste mit den Namen von Leuten in der Gasse, die mir gute Besserung wünschen und Komm bald nach Hause und Du bist ein guter Soldat, Frankie. Die Krankenschwester erlaubt, daß ich mit Mam durch das Fenster spreche, und das ist schwer, denn die Fenster sind hoch, und ich muß auf Seumas’ Schultern stehen. Ich sage Mam, ich will nach Hause, aber sie sagt, ich bin noch ein bißchen
zu schwach, und bestimmt bin ich in Null Komma nix draußen. Seumas sagt, es ist schon großartig, wenn man elf ist, und jeden Tag kann man zum Mann werden und sich rasieren und alles und hinaus ins Leben gehen und sich einen Job suchen und seine Pint trinken wie nur je ein Mann, und weißt du, was ich für dich habe, Frankie?
    Nein, Seumas.
    Ich habe ein Gedicht für dich, Frankie. Ich hab’s von einem Schulmeister in der Kneipe, der aufgrund der Getränke nicht mehr unterrichten kann, und ich habe es für dich im Kopf. Es geht da um ein Lamm, das gefragt wird, wer es erschaffen hat. Hier ist das Gedicht, Frankie:
    Kleines Lamm, wer hat dich gemacht?
Weißt du wohl, wer dich gemacht? usw. Ref 28
    Es ist ein hübsches

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