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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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als sie weg sind, setzt er sich aufs Bett und sieht aus dem Fenster. Als Malachy sagt, Ginny, Ginny, wir haben Brot, wir haben Tee, du kannst Zukkerbrot kriegen, Ginny, schüttelt er den Kopf und schiebt das Brot weg, das Malachy ihm anbietet. Er kriecht dahin, wo Oliver bei Mam geschlafen hat, läßt den Kopf hängen und starrt aus dem Fenster.
    Oma ist an der Tür. Ich hab gehört, wie dein Vater und deine Mutter mit dem Kind auf den Armen durch die Henry Street gerannt sind. Wohin wollten die denn?
    Oliver ist krank, sage ich. Er wollte die gekochte Zwiebel in Milch nicht essen.
    Was redest du denn da für einen Unsinn?
    Wollte die gekochte Zwiebel nicht essen und ist krank geworden.
    Und ihr seids ohne jemanden zum Aufpassen da?
    Ich paß auf.

    Und was ist mit dem Kind im Bett? Wie heißt es noch mal?
    Das ist Eugene. Er hat Sehnsucht nach Oliver. Sie sind Zwillinge.
    Ich weiß, daß sie Zwillinge sind. Das Kind sieht verhungert aus. Habts ihr keinen Haferschleim im Haus?
    Was istn Haferschleim? sagt Malachy.
    Jesus, Maria und heiliger Joseph! Was istn Haferschleim! Haferschleim ist Haferschleim. Das ist Haferschleim. Ihr seids die ahnungsloseste Bande von Yanks, die mir je untergekommen ist. Kommts, ziehts euch was an, und dann gehen wir über die Straße zu eurer Tante Aggie, und die gibt euch Haferschleim.
    Sie schnappt sich Eugene, wickelt ihn in ihren Umhang, und wir gehen über die Straße zu Tante Aggie. Habts ihr Haferschleim im Haus? sagt Oma zu Tante Aggie.
    Haferschleim? Soll ich etwa diese Bande von Yanks mit Haferschleim füttern?
    Du kannst einem leid tun, sagt Oma. Das bringt dich doch nicht um, wenn du ihnen ein bißchen Haferschleim gibst.
    Und dann wollen sie wahrscheinlich noch Milch und Zucker obendrauf, und nächstes Mal schlagen sie mir dann die Tür ein, weil sie ein Ei haben wollen. Ich weiß nicht, warum wir für Angelas Fehler zahlen müssen.

    Jesus, sagt Oma. Nur gut, daß dieser Stall in Bethlehem nicht dir gehört hat. Dann wäre die Heilige Familie immer noch in der Welt unterwegs.
    Oma schubst Tante Aggie beiseite, setzt Eugene auf einen Stuhl beim Feuer und macht den Haferschleim.
    Aus einem anderen Zimmer kommt ein Mann herein. Er hat schwarze lockige Haare, und seine Haut ist schwarz, und ich mag seine Augen, weil sie sehr blau sind und zum Lächeln bereit. Er ist Tante Aggies Mann, der Mann, der in der Nacht, als wir die Flöhe angriffen, angehalten hat und uns alles über Flöhe und Schlangen erzählt hat, der Mann mit dem Husten, den er sich geholt hat, als er im Krieg Gas geschluckt hat.
    Malachy sagt, warum bistn du so schwarz? und Onkel Pa Keating lacht und hustet so heftig, daß er sich mit einer Zigarette Linderung verschaffen muß. Ach, die kleinen Yanks, sagt er. Kein bißchen schüchtern. Ich bin schwarz, weil ich bei den Limerick-Gaswerken arbeite. Da schaufle ich Kohle und Koks in die Öfen. In Frankreich ins Gas und zurück nach Limerick in die Gaswerke. Wenn du mal groß bist, lachst du drüber.
    Malachy und ich müssen den Tisch verlassen, damit die Großen sitzen und Tee trinken können. Sie trinken ihren Tee, aber Onkel Pa Keating, der nur mein Onkel ist, weil er mit Tante Aggie verheiratet
ist, schnappt sich Eugene und packt ihn sich auf den Schoß.
    Er sagt, das ist aber ein trauriger kleiner Bursche, und schneidet Grimassen und macht alberne Geräusche. Malachy und ich lachen, aber Eugene faßt nur nach oben, um Pa Keatings schwarze Haut berühren zu können, und dann, als Pa so tut, als wollte er ihm in die kleine Hand beißen, lacht Eugene, und alle anderen im Zimmer lachen auch. Malachy geht zu Eugene und versucht, ihn noch mehr zum Lachen zu bringen, aber Eugene wendet sich ab und versteckt das Gesicht in Pa Keatings Hemd.
    Ich glaub, er mag mich, sagt Pa, und das ist der Moment, als Tante Aggie ihre Teetasse abstellt und zu plärren anfängt, waah, waah, waah, und dicke Tränentropfen kullern ihr über das dicke rote Gesicht.
    Ah, Jesus, sagt Oma, jetzt geht das wieder los. Was hast du denn diesmal?
    Und Tante Aggie flennt, Pa hier mit einem Kind auf dem Schoß sehen zu müssen und ich so ganz ohne Hoffnung auf was Eigenes.
    Oma schnauzt sie an, hör sofort damit auf, in dieser Form vor den Kindern zu reden. Hast du denn gar kein Schamgefühl? Sobald es Gott gefällt, wird Er dich mit einer Familie beschenken.
    Tante Aggie schluchzt, da hat Angela nun schon fünf auf die Welt gebracht, und sie ist so
nutzlos, daß sie keinen Fußboden schrubben

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