Die Asklepios Papiere (German Edition)
Hannah“, sagte sie mit leicht zittriger Stimme, als er ihren Anruf entgegen nahm.
„ Hi Hannah. Gibt´s was Neues von Peter?...Alles klar bei dir? Du hörst dich so komisch an.“
„ Können wir uns treffen? Ich muss mit dir reden.“
„ Was ist los?“, fragte Lennard besorgt.
„ Ach, nichts Besonderes: Ich habe die ominöse Speicherkarte tatsächlich gefunden und...ach ja...gerade eben wollte mich jemand umbringen!“
Stille am anderen Ende der Leitung.
„Aber…was?“, setzte Lennard ungläubig an.
„ Kiki und du, ihr hattet Recht. Peter hatte eine Speicherkarte auf dem Eiffelturm versteckt. Ich habe sie gefunden.“
Scheinbar noch immer geschockt, gab Lennard keine Antwort.
„Kurz danach wollte mich jemand vor die Metro stoßen.“
„ Bist du verletzt?“, fragte er geschockt.
„ Schon gut, dem Baby und mir fehlt nichts.“
„ Gott sei Dank. Hast du gesehen, wer dich geschubst hat?“
„ Nein, keine Chance. Der Bahnsteig war viel zu voll. Da gibt es aber noch mehr…“ Hannah erzählte Lennard in knappen Worten, wie sie mit Luc zu PSU gefahren war und was sie dort erfahren hatte. Sie berichtete auch davon, wie Kommissar Supleé ihr die Karte stehlen wollte.
„ Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr.“
„ Können wir uns treffen? Ich glaube, ich brauche ein wenig Gesellschaft, außerdem will ich endlich wissen, was der Inhalt dieser blöden Datei ist.“
„ Klar! Ich bin in meinem Büro an der Uni. Wenn du magst, komm doch vorbei. Oder sollen wir uns in der WG treffen?“
„ Uni ist ok!“, entgegnete Hannah. Soweit sie wusste, war die Sorbonne aber riesig. Unter dem Namen firmierten mehrere Pariser Universitäten.
„ Und wie komme ich zu dir?“
Lennard erklärte ihr den einfachsten Weg zum Campus im Quartier Latin und fügte hinzu: „Wenn du da bist, ruf mich einfach an. Ich hole dich ab.“
„ Alles klar, bis gleich.“
Auch wenn sie ziemlich sicher war, dass ihr Verfolger es hier und jetzt nicht noch einmal versuchen würde, sie vor die Bahn zu stoßen, wartete Hannah diesmal auf der Bank, bis der Zug am Bahnsteig gestoppt hatte. Unsicher blickte sie sich um, bevor sie sich erhob und die Metro bestieg. Folgte ihr jemand? Sie konnte es nicht sagen. War es paranoid, Angst zu haben? Nein, nicht nach den Ereignissen von vorhin.
Unter erneutem Gedränge und Geschiebe stieg sie in den überfüllten Wagon. Da alle Sitzplätze belegt waren, blieb sie im Mittelgang stehen und hielt sich kopfüber an einer Haltestange fest.
„S'il vous plaît“, erhob sich eine ältere Dame und bot Hannah bereitwillig ihren Sitzplatz an während sie auf ihren Bauch deutete. In gebrochenem Französisch versuchte sie zu erklären, dass das sehr nett, aber wirklich nicht nötig sei, weil sie nur eine Station fahren müsse. Lächelnd nahm die Dame wieder Platz.
Kurz nachdem der Triebwagen beschleunigte, wies die automatische Bandansage auch schon auf den nächsten Halt hin: Cluny La Sorbonne . Wenige Minuten später erreichte die Metro planmäßig den angekündigten Haltepunkt. Hannah drängte sich durch eine Traube Passagiere zur Tür hinaus.
Sie kannte diesen Bahnhof von gestern, als sie zweimal Peters Wohnung aufgesucht hatte. Zielstrebig ging sie zum Ausgang, folgte diesmal jedoch der Beschilderung La Sorbonne und nahm den westlichen Ausgang.
Das war das verflixte an diesem verzweigten Metrosystem. Folgte man nicht der Beschilderung, bestand die latente Gefahr, sich in dem unterirdischen Labyrinth regelrecht zu verirren. Einige Metrostationen waren mit anderen Stationen verknüpft, hatten mehrere Ein- und Ausgänge und unzählige Abzweigungen oder Kreuzungen.
Wenige Meter zu Fuß, eine kurze Fahrt mit der Rolltreppe und schon stand sie wieder in der gleißend heißen Nachmittagssonne. Vor ihr erstreckte sich eine breite begrünte Allee, die Boulevard Saint Michel. An deren Ende konnte sie in knapp zweihundert Metern bereits das große graue Hauptgebäude der Sorbonne erkennen. Die Kuppel der Universitätskapelle Ste. Ursule ragte weithin sichtbar in die Höhe.
Hannah blieb einen Augenblick stehen und blickte sich suchend um. Keine Spur von einem Verfolger. Halbwegs erleichtert schlenderte sie deshalb im Schatten der großen Kastanien in Richtung Place de la Sorbonne.
Aus ihrem Reiseführer erfuhr sie, dass der Begriff Sorbonne eigentlich nur ein Gebäude bezeichnete, das im Mittelalter den Sitz des Kollegs der alten Pariser Universität beherbergte. Im Laufe der
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