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Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Titel: Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Wüllenweber
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hinter den Leuten aus der Stadt in der Schlange angestellt. Unsere Mitschüler aus England haben uns natürlich ausgelacht.« Die künftige englische Oberschicht weiß, dass nicht alle Regeln für alle gelten. Kappus hat festgestellt, dass viele der Freunde, die er an der EBS gefunden hat, wie er im Ausland zur Schule gegangen sind. »Die Trefferquote ist schon erstaunlich hoch. Aber man versteht sich einfach besser. So was prägt.«
    Kappus führt mich durchs Schloss, zeigt mir die alten Gemäuer. Ein Erstsemester kommt uns entgegen. Man sieht es an der typischen Gymnasiastenfrisur, nicht am Verhalten. »Chairman« des Symposiums ist eine bedeutende Position am EBS . Der Freshman erkennt Kappus, springt zur Tür und hält sie auf für den etwa Gleichaltrigen. Der tätschelt ihm im Vorbeigehen die Schulter, lächelt unverbindlich und sagt: »Danke, mein Lieber.«
    Julian Kappus und seine Kommilitonen sehen sich als die künftige Leistungselite Deutschlands. Das entspricht dem generellen Selbstbild der Oberschicht: Wir sind die Leistungselite. »Die einzig akzeptierte Legitimation für Reichtum in unserer Gesellschaft ist die Leistung«, sagt der Reichenforscher Lauterbach. Wer sich sein Vermögen selbst erarbeitet hat, dem wird der Wohlstand auch in Deutschland nicht geneidet. Nur: Sind die mit dem größten Besitz tatsächlich auch diejenigen in unserer Gesellschaft, die am meisten leisten?
    Zu großer Reichtum ist gefährlich
    John Kenneth Galbraith ist da vollkommen anderer Ansicht. Der Wirtschaftshistoriker der Universität Harvard wurde berühmt durch seine Analysen der Spekulationsblasen und der Bankenkrisen in der Geschichte des Geldgewerbes. Für Galbraith ist die finanzielle Oberschicht nicht Leistungsträger der Wirtschaft, sondern ein Risikofaktor. Die Vermögenden sind die Verursacher aller Zusammenbrüche in der Geschichte der Finanzindustrie. Das ist die erste und wichtigste Gemeinsamkeiten aller Bankenkatastrophen: Wenn die Reichen zu reich werden, wird es gefährlich. 37
    Nicht nur heute werden den Wohlhabenden besondere Fähigkeiten zugesprochen. Galbraith beobachtet zu allen Zeiten »die starke Neigung zu dem Glauben: Je mehr Geld jemand in Form von Einkommen oder Vermögen besitzt oder je mehr mit ihm in Verbindung gebracht wird, desto zwingender sei sein wirtschaftliches und soziales Verständnis, desto scharfsinniger und durchdringender sei sein Geist. Geld ist der Maßstab der kapitalistischen Leistung. Je mehr Geld, desto größer die Leistung und die Intelligenz, die dahinter stecken.« 38 Für Galbraith ist es eine »trügerische Vorstellung, Geld und Intelligenz müssten miteinander einhergehen«. 39
    Die historischen Erkenntnisse des 2006 verstorbenen Gelehrten lassen sich auf das heutige Deutschland anwenden: »Der Mythos von der Leistungselite ist längst als Märchen entlarvt«, sagt Michael Hartmann. In seiner Elitestudie untersucht er die Besetzung der wichtigsten und lukrativsten Jobs in großen deutschen Unternehmen. Ergebnis: 80 Prozent der Nummer-eins-Chefs stammen aus einer Familie, die zu den reichsten fünf Prozent der Gesellschaft gehören. Die Hälfte allein aus dem reichsten Promille. 40 Die Schlüsselpositionen in den Unternehmen werden also nicht zuerst nach Fähigkeit oder nach Qualifikation vergeben. Das Auswahlkriterium ist nicht Leistung, sondern Herkunft.
    Doch das Einkommen aus dem Job ist für die richtig Reichen nur Taschengeld. Je größer das Vermögen, darauf weist Reichenforscher Lauterbach hin, desto geringer ist die Bedeutung des Erwerbseinkommens. Darum sind unter den HNWI s auch überdurchschnittlich viele Personen nicht oder nur teilweise erwerbstätig. »Viele verfügen über ein unverdientes Vermögen«, sagt Lauterbach.
    Markus Grabka vom SOEP , Berechnungen der Hans-Böckler-Stiftung oder Studien der OECD – die Liste der Quellen, die Lauterbachs Einschätzung bestätigen, ist wahrlich lang. Alle kommen zum selben Ergebnis: Das gewaltige Wachstum der großen Vermögen ist kein Resultat harter Arbeit. Die Reichen haben ihr Geld für sich arbeiten lassen. Es waren vor allem Gewinne aus Kapitalgeschäften, die ihren Kontostand in neue Dimensionen katapultierte. Geldvermehrung durch clevere Vermögensverwaltung ist jedoch kein Ergebnis von Leistung. Und wenn, dann allenfalls die der Wealth Manager.
    Der Soziologe Sighard Neckel beobachtet, wie sich in der Wirtschaftselite der Wert des »bürgerlichen Erwerbsfleißes« gewandelt hat zur »Ökonomie der

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