Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Titel: Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Wüllenweber
Vom Netzwerk:
Geschäftsideen in die Tat umsetzten. Andere schufen aus bereits bestehenden mittelständischen Firmen ein globales Imperium, etwa der Schraubenfabrikant Reinhold Würth oder Reinhard Mohn, Eigentümer von Bertelsmann.
    Die Heldengeschichten solcher sagenhaften Aufstiege prägen noch immer das Bild der deutschen Oberschicht. Doch diese Generation ist fast schon ausgestorben. Nur wenige der Gründer beteiligen sich noch aktiv an der Leitung ihrer Unternehmen. Die meisten sind bereits verstorben. Selbst ihre Erben sind vielfach schon im Rentenalter. »Von den großen deutschen Unternehmen in Privathand werden heute vier Fünftel von Erben geführt«, sagt Michael Hartmann.
    Aus Unternehmern werden Anleger
    Doch der Erhalt und die Weitergabe des Lebenswerkes an die nächste Generation ist längst nicht mehr die einzige Option. Michael Schramm, der Bankier von Hauck & Aufhäuser, muss immer häufiger die alten Eigentümer beim Verkauf ihrer Firma beraten. »Das dynastische Denken nimmt weiter ab«, stellt Schramm fest. Thomas Perry teilt seine Beobachtung: »Dass die Söhne einmal die Nachfolger im Unternehmen werden sollen, ist häufig noch ein Ideal, aber nicht mehr die Realität.« Die im Reichtum aufgewachsenen Kinder verspüren immer weniger Neigung, sich den stressigen Chefposten anzutun. Die Alten zeigen Verständnis, machen Kasse und verfüttern die Beute an ihre Brut. Take the money and run. Reichtum ist viel schöner ohne Verantwortung, ohne Stress.
    Bei den Fragen nach ihren künftigen Zielen, die Thomas Perry den Vermögenden regelmäßig stellt, stehen folgende Antworten weit oben auf der To-do-Liste: Wellness, »die Reise nach innen«, eine bessere Work-Life-balance und »mehr Oasen im Privatleben schaffen«.
    Das viele Geld, das früher in der Firma steckte, überlassen die vom Reichtum Gesegneten den Geldprofis von der Privatbank. Von nun an sorgt nicht mehr der Unternehmergeist für den Profit, sondern die clevere, globale Anlagestrategie der »Wealth Manager«. In der Geldelite tut sich was: Aus Unternehmern werden Anleger.
    Die Kapitalisten verkaufen die Produktionsmittel, ihre ursprüngliche Machtbasis. Ein Unternehmen führen ist aktiv. Geld zur Bank bringen ist passiv. Die besitzende Klasse wandelt sich vom Aktivposten der Volkswirtschaft zu einem passiven Kostgänger.
    Dennoch sieht sich die Oberschicht selbst unverdrossen als eine Ansammlung von Unternehmerpersönlichkeiten. Thomas Perry hat bei seinen Gesprächen ein »Selfmade-Selbstverständnis« bei seinen Gesprächspartnern diagnostiziert. Und gänzlich veraltet ist dieses Bild tatsächlich nicht. Die Welt der Vermögenden ist im Umbruch und nicht einheitlich. Neben denen, die den Ertrag früherer Generationen genießen, gibt es in der Geldelite noch immer erfolgreiche Unternehmensgründer, die sich ihren Reichtum selbst erarbeiten.
    Um ein eigenes Geschäft zu gründen, braucht man vor allem eines: Startkapital. Wer nicht von Hause aus begütert ist, muss sich verschulden. Bei der Bank. Ist die erst überzeugt, hat man einen Schuss frei. Genau einen.
    Im Jahr 2011 zählte das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn insgesamt 400000 Unternehmensgründungen. Und 380000 Insolvenzen. 43 Erfolg ist beim Weg in die Selbstständigkeit also die absolute Ausnahme. Der typische Gründungsgrund ist auch nicht die gute Geschäftsidee, sondern die Not, die Ausweglosigkeit vieler Langzeitarbeitsloser. Wer scheitert und nach der Pleite noch Schulden bei der Bank hat, muss einen Insolvenzantrag stellen und sechs Jahre warten, bis er wieder voll geschäftsfähig wird. Kein Konto, kein Handyvertrag, kein neuer Mietvertrag. Eine Pleite ist gleichbedeutend mit dem Verlust der wirtschaftlichen Existenz. Neuanfang ist schlicht nicht vorgesehen. Deutschland kennt keine Kultur des Scheiterns.
    Bei Menschen mit Reichtumshintergrund, so hat das Institut für Mittelstandforschung ermittelt, läuft die Unternehmensgründung vollkommen anders ab: Die kleine Hürde mit dem Startkapital räumt die Familie gerne aus dem Weg. So fällt es dem Nachwuchs leicht, die erste Geschäftsidee zu verwirklichen. Trotz bester Ausbildung gelingt auch Oberschichtkindern nicht immer alles gleich im ersten Anlauf. Macht nichts. Beim zweiten Versuch läuft es schon besser. Oder beim dritten. Wenn die Familie an den Sprössling glaubt, legt sie ihm den Ball so oft auf den Elfmeterpunkt, bis er das Ding schließlich reinmacht. So wird man »Selfmade-Millionär«.
    Die Oberschicht hat

Weitere Kostenlose Bücher