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Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Titel: Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Wüllenweber
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aber aus der Oberschicht sind alle bei einer privaten Krankenkasse versichert. Die PKV wirbt damit, dass diese Form der Versicherung über das gesamte Leben verteilt nicht teurer ist als die gesetzliche Krankenversicherung. Mitunter wird behauptet, sie sei unterm Strich sogar günstiger. Und das, obwohl die PKV auch teuerste Behandlungen klaglos bezahlt. Zudem berechnen die Ärzte der PKV bis zu dreieinhalb Mal höhere Honorare für identische Leistungen. Niedrigere Beiträge bei höheren Ausgaben – wie kann das funktionieren? Den Unterschied machen die Kosten der Solidarität. Gesetzlich Versicherte schleppen die Familien, die sozial Schwachen und die chronisch Kranken mit durch, deren Beiträge oft nicht annähernd die Kosten ihrer Gesundheitsversorgung decken. Es ist der Preis der Solidarität. Die Oberschicht bezahlt ihn nicht. Sie ist davon komplett und von Gesetzes wegen ausgenommen.
    Doch Steuern, die müssen sogar die Reichen zahlen. Über Jahrzehnte hat die Wirtschaftselite sich dargestellt als verfolgte und vom Finanzamt ausgebeutete Minderheit. Das obere eine Prozent sieht sich als die Lokomotive, die den Zug der Staatsfinanzen ganz alleine zieht. Und den Bahnhof gleich mit. Als Beleg für die Behauptung wird gebetsmühlenartig auf die Statistik der Einkommensteuern verwiesen. Und in der Tat: Das eine Prozent der Spitzenverdiener zahlt ein Viertel aller Einkommenssteuern. Ein cleverer und zugleich dreister Propagandatrick. Mit Wahrheiten lügen.
    Die Fixierung der Deutschen auf das Einkommen setzt sich beim Thema Steuern fort. Die Einkommenssteuer wird erheblich überbewertet. Tatsächlich macht sie nicht einmal ein Drittel des gesamten Steueraufkommens aus: 32,6 Prozent. 46 Die Spitzenverdiener zahlen davon ein Viertel. Macht rund acht Prozent der gesamten Einnahmen des Fiskus.
    Für die Geldelite sind die Einkünfte aus der Erwerbsarbeit jedoch nicht entscheidend, sondern der Profit aus ihren Vermögen. Von diesen Kapitalerträgen zieht das Finanzamt pauschal 25 Prozent ab – wenn sie nicht gleich auf die Cayman Islands verschoben wurden. Beim Arbeitseinkommen hingegen wird ein Spitzensteuersatz von bis zu 45 Prozent fällig. Die Bezahlung der Leistung wird fast doppelt so hoch besteuert wie der leistungslose Profit der Zockerei.
    In Deutschland heißen die Einnahmen des Fiskus »Steuern«, weil der Staat mit ihnen das Verhalten der Bürger und der Wirtschaft steuern will. Das funktioniert: Reiche, die es sich leisten können, ziehen sich aus den Mühen des Unternehmertums zurück und werden zu Anlegern. Dieser Weg wird den Vermögenden vom Finanzamt nahegelegt. Im Zentrum der Überlegungen steht immer weniger die Geschäftsidee, sondern die Anlagestrategie. Arbeit, Fleiß und Leistung werden bestraft, der mühelose Erfolg belohnt. Von wegen »Leistung muss sich lohnen«. Die deutsche Steuerpolitik fördert nicht Leistung, sondern Reichtum.
    Der Staat bevorzugt das Vermögen, wo er nur kann: Deutschland ist eines der wenigen OECD -Länder, in dem Vermögen, mit der Ausnahme von Grundbesitz, überhaupt nicht besteuert wird. 1997 wurde die Anwendung der Vermögensteuer aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ausgesetzt. Die Richter beanstandeten jedoch nicht die Steuer selbst, sondern die Methode, mit der sie erhoben wurde. Der Gesetzgeber hätte eine neue Vermögensteuer einführen können. Hat er aber nicht. Es ist kompliziert, Vermögen bis ins letzte Detail gerecht zu erfassen und zu besteuern. Um dabei kleine Ungerechtigkeiten zu vermeiden, lebt Deutschland lieber mit der großen Ungerechtigkeit, dass Vermögen gar nicht besteuert wird.
    Der Beitrag der Erbschaftssteuer zum gesamten Steueraufkommen ist abgesunken in den Promillebereich. Alle vermögensbezogenen Steuern zusammengerechnet machen nur einen Anteil von 2,3 Prozent des gesamten Steueraufkommens aus. Das ist der niedrigste Wert aller großen Industriestaaten. In den USA und in Großbritannien, den Mutterländern des Kapitalismus, tragen Steuern auf Vermögen nicht lediglich mehr, sondern ganze fünf Mal mehr zur Staatsfinanzierung bei. Von einer Vermögensverschonung wie in Deutschland kann selbst die Tea Party nicht einmal träumen. »Dass die Vermögenskonzentration in den letzten Jahren so zugenommen hat, hängt auch mit der Steuerpolitik zusammen«, sagt Markus Grabka vom SOEP . Die Vermögensumverteilung von Billionen Euro ist also ein Werk der deutschen Finanzpolitik. Deutschland ist eine Steueroase für

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