DIE ASSASSINE
Mann war noch bei ihm; sein Geruch war warm, erinnerte an abgestandenes Wasser und war weniger ausgeprägt. Criss’ Geruch hingegen wurde stärker, während ich lief, und schien sich nicht weit entfernt wie eine Pfütze zu sammeln.
Eine weitere Straße, den Rand eines langen Lagerhauses entlang, durch eine weitere Gasse …
Ein warnender Impuls ließ mich die Schritte verlangsamen. Ich verspürte einen Schauder, als der Geruch von abgestandenem Wasser sich plötzlich verstärkte, und ich schmeckte Metall.
Der Mann, der mit Criss geflüchtet war, erwies sich als flink. Seine Klinge zischte hinter einem Stapel leerer Kisten hervor und erwischte mich am Arm, ehe ich zurückzucken konnte. Ich spürte ein Ziehen, als der Dolch durch Stoff und Haut schnitt, und schmeckte mein eigenes Blut, doch der silbrige Blitz der Schmerzen wurde fast augenblicklich vom Feuer erstickt.
Ich trat von den Kisten zurück, als der Mann aus seinem Versteck hervorkam. Er knurrte tief und dunkel, und in seinen Augen loderte Hass. Aber ich roch auch Angst in seinem Schweiß, durchdringend und faulig. Es war der Bärtige, der sich in der Gasse, in der ich erwischt worden war, als Erster aus seinem Versteck gelöst hatte.
Er umkreiste mich, und ich drehte mich langsam, folgte ihm. In der Dunkelheit konnte er mich kaum erkennen, lauschte mehr, als dass er sah. Ich bemerkte es daran, wie er den Kopf drehte. Sein Atem ging rau und übertönte die meisten anderen Geräusche.
»Wo bist du, kleines Miststück?«, zischte er so leise, dass ich ihn kaum hören konnte.
Ich grinste.
Er machte einen Ausfallschritt und stach mit dem Dolch zu. Ich wehrte ihn ab, duckte mich zur Seite und stieß die Klingeaufwärts in Richtung seiner Brust, doch er hatte sich bereits fortbewegt, und meine Klinge erwischte nur sein Hemd. Wir drehten uns einander wieder zu. Mein Grinsen war verschwunden. Er atmete heftiger, aber seine Haltung hatte sich verändert. Der Bärtige versuchte nicht mehr, mich zu sehen. Er hatte es aufgegeben und verließ sich stattdessen auf seine anderen Sinne.
Seine Nasenflügel blähten sich, und ich fragte mich, wie ich roch, doch dann stürzte er auch schon heran.
Meine Klinge schabte über die seine, und ich spürte seinen Atem im Gesicht. Der Gestank von abgestandenem Wasser war überwältigend. Sein freier Arm schlang sich um meinen Rücken, und er zog mich ruckartig an sich. Unsere Arme mit den Dolchen waren zwischen uns gefangen. Als ich ansetzte, mich seinem Griff zu entwinden, erfasste sein Fuß den Absatz des meinen. Er drehte sich und wirbelte mich in die Richtung, in die ich mich winden wollte.
Ich stolperte über seinen Fuß, landete hart auf der Schulter und schnappte nach Luft, während sich Taubheit in mir ausbreitete. Einen Lidschlag lang fühlte sich mein Arm wie tot an, dann kroch ein Kribbeln ihn entlang. Ich spürte, wie mir der Dolch aus den betäubten Fingern glitt, hörte, wie er klirrend auf dem Kopfsteinpflaster der Straße landete, aber ich zögerte nicht. Ich rollte mich auf den Rücken, streckte den anderen Arm empor und fing sein Handgelenk ab, als er auf mich herabstieß, grub die Finger in Sehnen und Muskeln. Er zischte und ließ sich auf meine Brust fallen, die Knie zu beiden Seiten, doch der Druck des Dolchs ließ nicht nach. Mein Griff war zu schwach, meine Finger ruhten an den falschen Stellen.
Mit zitterndem Arm beugte er sich vor und presste den Dolch näher. Seine andere Hand umklammerte meinen Arm, versuchte, meine Finger zu lösen, aber ich hielt ihn weiter beharrlich fest. Er knurrte zornig und drückte die Knie an meine Seiten. Allmählich kehrte Gefühl in meinen tauben Arm zurück, ein grässlich brennendes Feuer, doch ich drängte es zurück undtastete nach meinem fallen gelassenen Dolch. Der Bärtige gab es auf, meine Hand von der seinen lösen zu wollen, wich zurück und schlug mich.
Der sengende, weiße Schmerz aus meiner bereits aufgeplatzten Lippe riss mich beinah aus dem Fluss. Das Feuer flackerte, und mich durchliefen Krämpfe. Galle stieg mir in die Kehle. Ich würgte sie zurück und packte den Fluss wieder. Das schützende Feuer kehrte gerade rechtzeitig zurück, dass es mir gelang, seinen Dolch ein paar Zoll vor meiner Brust aufzuhalten.
Er drückte mir die Hand auf die Brust und stemmte sein ganzes Gewicht hinter den Dolch.
Es war zu viel. Ich konnte ihm nicht standhalten. Mein Arm zitterte bereits und wurde schwächer. Ich konnte beobachten, wie die Kraft aus den Sehnen
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