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DIE ASSASSINE

DIE ASSASSINE

Titel: DIE ASSASSINE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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auf das Feuer, Panik in den Augen. »Wir sind gefangen! Der einzige Weg nach draußen ist da hinten durchs Feuer.«
    Ich runzelte die Stirn und trat vor. Er hatte gerade nochZeit, sich zu versteifen und scharf die Luft einzusaugen, ehe ich zustieß.
    Ich machte es so schmerzlos und so schnell wie möglich. Er war ein Opfer, nicht mehr.
    Als sein Körper zu Boden fiel, stand ich einen Augenblick über ihm. Doch ich empfand nichts. Keine Genugtuung. Keine Wut. Keine Reue.
    Dann drehte ich mich um und schaute zum Feuer. Ich konnte das Licht der Flammen am Ende des Ganges sehen, die bis zur Decke züngelten. Ich spürte, wie das Feuer auf mich zubrandete – eine Welle aus Hitze, Rauch und Licht.
    Ich spähte zur Oberkante der Mauer aus Kisten hinauf. Sie stapelten sich nicht ganz bis zur Decke.
    Ich war klein und zierlich und konnte mich durch schmale Öffnungen zwängen.
    Ich stieg über Criss’ Leichnam hinweg und begann, hinaufzuklettern.

    Durch einen Hintereingang, wo Waren verladen und abgeladen wurden, stolperte ich aus dem Lagerhaus. Der Rauch hing schwer und dicht in der Luft, erstickend unter dem Fluss, dennoch wagte ich es nicht, daraus aufzutauchen. Ich musste immer noch zu Erick, und im Innern tobte das Feuer, das bereits ein Ende des Lagerhauses erreicht hatte.
    Das gesamte Lagerhausviertel würde vielleicht in Flammen aufgehen.
    Ich verdrängte den Gedanken, scharte das Feuer in meiner Brust und den Fluss so eng wie möglich um mich und rannte dorthin, wo ich Erick wusste. Auf halbem Weg zu ihm erhob sich warnendes Geschrei. Jemand lief mit einem Eimer vorbei, und ich verspürte einen Anflug von Schuld. Doch ich konnte nichts tun. Der Eimer würde nichts nützen.
    Ich stolperte in die Gasse, in der ich Erick zurückgelassen hatte. Halb erwartete ich, ihn dort nicht mehr vorzufinden, doch ich sah ihn sofort. Er saß, mit dem Rücken gegen die Gassenmauer gelehnt, auf dem Pflaster. Ich kniete mich neben ihn, und er kicherte, als er mich sah.
    »Du siehst fürchterlich aus«, sagte er, und ich grinste. Aber es war ein mattes Grinsen. Ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten; die Übelkeit und die Schmerzen drohten das Feuer in mir zu überwältigen.
    »Komm«, forderte ich ihn auf und zog ihn hoch. Er stöhnte, rollte sich auf die Knie und rappelte sich mit meiner Hilfe auf.
    »Was, im Namen der Regentin, hast du gemacht?«, keuchte er, als wir auf die Straße wankten. Der Brand zeichnete sich deutlich unter den sinkenden Wolken ab.
    »Criss hat ein kleines Feuer angezündet.«
    Er lachte, zuckte zusammen und schüttelte den Kopf.
    Wir schafften es bis zum Rand des Lagerhausviertels, bevor ich den Fluss vollends verlor. Er entglitt mir geräuschlos, obwohl ich mich danach streckte, und schlagartig setzten die Schmerzen und die Übelkeit richtig ein. Ich musste micht übergeben. Erick stand über mich gebeugt, während auf der Straße die Menschen in Panik ausbrachen. Das Feuer erhellte die Wolken hinter uns, und dichter Rauch kräuselte sich himmelwärts, warf den Schein der Flammen zurück.
    »Was hast du bloß gemacht?«, wiederholte Erick, während er hinsah.
    Ich kniete vornüber gekrümmt über meinem Erbrochenen und schaute zu ihm auf. Viel länger würde ich nicht durchhalten. »Bring mich zu Händler Borunds Haus«, krächzte ich.
    Er nickte.
    Dann fühlte ich, wie mir erste dicke Regentropfen ins Gesicht prasselten und ließ mich von der Übelkeit und den Schmerzen überwältigen.
    Ich spürte nicht, wie ich auf dem Boden aufschlug.

    Ich erwachte, als die ersten Krämpfe einsetzten.
    Erick trug mich. Anfangs umklammerte er mich fest, doch dann wurden die Krämpfe zu heftig. Meine Arme zuckten, mein Rücken wölbte sich, und er war gezwungen, mich zu Boden zu lassen.
    »Bei den Göttern«, murmelte er. Seine Stimme klang gedämpft, als käme sie aus weiter Ferne. Im Hintergrund hörte ich verschwommen Schreie, rennende Füße, das brüllende Knistern von Feuer. Regen prasselte herab, spritzte mir ins Gesicht, troff von Ericks Haar, als er über mir kniete, während seine Hände mich niederdrückten und versuchten, mich stillzuhalten. Angst stand ihm ins zerschlagene Gesicht geschrieben.
    Schließlich ließen die Krämpfe nach. Das Letzte, was ich sah, ehe die Erschöpfung mich abermals übermannte, war Erick, der mit verkniffener Miene auf meine halb geschlossenen Lider herabstarrte.
    Beim zweiten Mal waren die Krämpfe noch schlimmer. Ich schlug die Augen nicht auf, konnte es nicht. Mein

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